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Das Wochenende, welches eigentlich ein immer wiederkehrender Höhepunkt im Leben eines Menschen sein sollte, bedarf dringend der Überarbeitung. Schauen wir uns doch einmal die Nutzung dieser beiden Tage im Detail an.
Der Samstag: in vielen Fällen zwar ein arbeitsfreier Tag, aber dennoch keineswegs zum Erholen geeignet. Wer die ganze Woche arbeitet, muss da nämlich das tun, wozu er sonst nicht kommt. Da wäre zum Beispiel das Einkaufen. Samstags kann man sich dafür mehr Zeit nehmen, man ist nicht so gestresst nach der Arbeit und kann das besorgen, was man braucht, ohne Zeitdruck. Diese Idee haben allerdings alle anderen auch, weshalb man zwar alles bekommt, was man braucht, aber stressfrei geht das nicht ab. Natürlich ist der Samstag der traditionelle Tag des Reinemachens – ebenfalls, weil das der einzige Tag ist, der dafür infrage kommt.
Wer arbeitet, hat sowieso keinen anderen Tag frei dafür – wer sich um Haushalt und Kinder kümmert oder auf Arbeitssuche ist, kommt auch nicht dazu. Unter der Woche sind andere Dinge wichtig – zum detailfreundlichen Putzen mit Extras (Teppich reinigen, Treppe putzen, Fenster durchsichtig machen usw.) kommt man die Woche über nicht wirklich. Also rechnen wir zusammen: einkaufen, putzen, Auto waschen, bügeln und überhaupt alles, was die Woche über liegen bleiben musste – bringt zusammen einen ganzen Arbeitstag. Frei hat man dann gegen Abend, wenn man müde auf die Couch sinkt und den Fernseher einschaltet. Meist ist man dann so müde von der Woche, dass man vom Abend nichts mehr hat.
Grill-, Geburtstags- und andere Partys finden meist am Sonnabend statt, weil der darauf folgende Tag sich zum Ausschlafen eher eignet als ein anderer. Wer also das schöne Wetter draußen feiern will, muss mehr einkaufen und natürlich mehr vorbereiten, was eine zusätzliche Küchenschicht nötig macht. Das artet öfter tatsächlich in richtige Arbeit aus und gehört also nicht wirklich zu einem erholsamen Wochenende.
Aber kommen wir zum Sonntag. Der sollte unbedingt dem gehören, was dem Gemüt am zuträglichsten ist. Für den einen ist das eine Mountainbiketour, für den anderen ein TV-Marathon in Puschen. Aber wie auch immer: Man könnte sich erholen, wenn nicht ohne Voranmeldung Verwandte oder Freunde hereinschneien würden, das Wetter nicht so trübe draußen wäre, oder man mehr Elan für irgendetwas hätte. Aber dummerweise steht der schöne Sonntag (so ein Morgen ist ganz fürchterlich kurz, ob man ihn nun verschläft oder nicht) schon ganz im Zeichen des kommenden Arbeitstages.
Erstens einmal legt man sich für gewöhnlich früher ins Bett, weil man ja zeitiger aufstehen muss am nächsten Tag. Jedenfalls stellt man sich das so vor – nicht immer gelingt das, weil man ja nicht so müde ist wie sonst um die Schlafenszeit.
Dann muss man an die Vorbereitungen für den Montag denken. Umsichtige Leute legen schon mal die Klamotten bereit, suchen die Siebensachen zusammen, die sie für den Wochenanfang brauchen. Thermoskannen, Formulare für Behörden, Anziehsachen für die Kinder und was sonst alles angesagt ist. Die Kontrolle der Schulsachen kommt je nach Familienstand dazu. Ab dem späten Nachmittag nimmt der Montag also Gestalt an und vermiest das letzte bisschen Sonntag, das übrig geblieben ist. So gesehen ist das Wochenende auch schon vorbei – vollgestopft mit Arbeit, Stress und gegebenermaßen auch Frustrationen.
Wir brauchen einen Inseltag zwischen Sonnabend und Sonntag. Da der eine Tag sehr arbeitsintensiv ist, der andere viel kürzer – weil schon vom Montag überschattet – brauchen wir einen Tag, der dem völligen Nichtstun gewidmet ist. Nichtstun wird hier als "nur das tun, was man wirklich will" gesehen – das kann also auch eine Klettertour sein. Hauptsache, man will jetzt genau das machen, ohne irgendwie an Einkaufslisten oder frühes Zubettgehen denken zu müssen. Eine Insel also, auf der man absoluter Herrscher ist.
Dieser Tag zwischen Samstag und Sonntag wäre erst die richtige Erholung – zwischen dem Resteaufarbeiten und dem Vorbereiten auf Montag sollten wir so etwas haben. Ganz unbedingt. Wen interessiert der Kalender – der wurde ja nun schon öfter umgeschrieben.
© "Wir brauchen einen Inseltag": Textbeitrag von Winfried Brumma (Pressenet), 2013. Cartoon: Thomas Alwin Müller, littleART.
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