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Eva Wahrburgs erster Roman "Der Dornengarten", über den wir an anderer Stelle im Herbst 2016 berichteten, hatte aufgezeigt, wie tiefgründig eine Geschichte nur sein kann. Wir wollten nun wissen, ob das zweite Buch der Autorin, das unter den Genres "Liebesroman" oder auch "Dramatik" zu finden ist, qualitativ an ihren Debütroman anknüpfen kann.
Eigentlich ist Elise schön, und manchmal weiß sie das auch. Lebendige Locken, ein aufgeworfen schöner Mund, der möglicherweise sinnlich wirken könnte, aber vor allem trotzig ist. Sie fällt auf, verweigert sich Konventionen, was ihre Kleidung betrifft.
Elise ist zornig. Ihr Zorn, der tief drinnen mit ihrem ureigenen Wesen eins geworden ist, bestimmt ihr gesamtes Leben. Ein von der Mutter weniger abgelehntes als vergessenes Kind, das sich des Fehlens dieser ersten Liebe im Menschenleben erst schmerzlich, dann zornig bewusst wurde, ist sie. Ihre Großmutter, deren Welt strukturiert und eher wie ein Regelwerk als ein Leben anmutet, kann keine Lücken füllen.
Freunde hat Elise nicht viele. Da ist Kasia, die polnische Künstlerin, die auf den ersten Blick hausbacken wirkt, aber unglaublich großherzig ist. Ihre Weisheit ist der gute Genius des Dreiergespanns, das aus ihr, Elise und Gwen besteht. Gwen ist der Gegenpol, denn sie hat sich zu einer durchgestylten Ikone verformt. Sie ist begütert, diese Gwen, und sie bringt die Oberflächlichkeit mit, die ein egozentrischer Mensch zuweilen hat.
Elise wird von ihrem Zorn hin- und hergeworfen, an Barrieren gestoßen und wieder zurückgeprellt. Wie eine Flipperkugel, die den physikalischen Gesetzen gehorchen will, aber von den Banden im Flipperkasten immer wieder gejagt und herumgeworfen wird. – Und dann trifft sie Wieland. Schön, klug, vielleicht kühl auf den ersten Blick und augenscheinlich völlig verschieden von ihr. Sie werden ein Paar, die zornige junge Frau und der Sohn eines reichen Elternhauses.
Doch die Verbindung tut Elise nicht wirklich gut. Es liegt nicht am Mann, der seine eigenen Dämonen hat – es kommt aus Elises Zorn. Denn dieser Zorn ist nicht ihre Stärke, er ist ihre Schwäche. Sie nimmt als gegeben an, dass sie sich für einen Mann verändern muss. Ändert ihre Kleidung, gibt ihr Studium auf. Nirgendwo gibt es einen Hinweis darauf, dass Wieland das möchte. Und das tut er auch nicht.
Sie beginnt, vor sich hinzuleben an der Seite dieser Liebe, grübelt zwanghaft über alles nach, was ihre Beziehung ausmacht. Und sie sucht nach Signalen, will Bestätigung für ihr Liebesmodell. Elise fordert, aber es sind die falschen Dinge, die sie fordert. Sobald sie hat, was sie zu haben glaubt, erkennt sie es nicht mehr als das, was sie wollte. Wie alle von einem Menschen besessenen, nimmt sie den anderen nur noch verzerrt wahr, bezieht sich nur auf ihre eigene Liebe. Ihr zwanghaftes Putzen und Scheuern ist ein Signal, das sie nicht wahrnimmt. Ordnung will sie in ihre Welt bringen, in ihr Innerstes.
Wieland verbringt viel Zeit mit den Kindern seiner Schwester, die sehr früh schwanger wurde und ihre Kinder abschiebt, wo immer sie kann. Elise grollt der Schwester, ohne zu wissen, dass es wiederum ihre Mutter ist, der sie grollt. Es ist ein ständiger Streitpunkt.
Elise ist fordernd, obwohl ihr das kaum bewusst ist. Sie fordert ständig von ihm, von sich selbst, als wäre ihre Liebe eine Währung, die das ausgleichen könnte.
Als dann plötzlich die Großmutter stirbt und Elise aus der gemeinsamen Wohnung, die sie mit Wieland bewohnte und die sie mittlerweile hasst, auszieht, ändert sich ihr Leben. Sie verdient Geld mit Putzen – das ihre Leidenschaft ist, ihre Therapie und ihr eigener Sisyphos-Hügel. Sie lebt, aber sie erlebt nicht. Die Beziehung konnte nicht gutgehen, aber die Trennung tut es auch nicht. Und so steht sie plötzlich wieder vor seiner Tür.
Die Autorin Eva Wahrburg hat in ihrem zweiten Werk ein Beziehungsbild geschaffen, wie es eindringlicher nicht sein kann. Es geht nicht nur um die Liebe, denn die hat viele Gesichter. Es geht um das Annehmen des Selbst und das Annehmen des Anderen. Das ist bedingungslose Voraussetzung für die Liebe, die Elise sucht. Die sich nie angenommen fühlte, weder von Mutter noch von Großmutter und sich deshalb selber nie annehmen konnte. Die ihren Zorn nicht als Stärke nutzen konnte, sondern nur als nicht beherrschbare Kraft, die ihre Schwäche nicht ausglich.
"Rabenschwarze Liebe" ist ein beeindruckendes Buch, das man immer wieder gerne liest, schon allein deshalb, um nichts zu verpassen von dem wahren Leben, aus dem man viel über die Liebe und über Freundschaft lernen kann. Und es ist, obwohl es um die Liebe geht, kein Liebesroman, sondern ein Menschenroman. – Was eigentlich das Gleiche wäre, wenn wir es nur zulassen.
Der rund 450 Seiten starke Roman von Eva Wahrburg ist im August 2018 als Taschenbuch erschienen (ISBN 978-1717984524). "Rabenschwarze Liebe" ist auch als E-Book im Online-Buchhandel erhältlich.
© "Was ist die bedingungslose Voraussetzung für die Liebe?": Rezension von Winfried Brumma (Pressenet), 2018. Der Autorin Eva Wahrburg danken wir herzlich für das Coverbild und das Rezensionsexemplar.
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