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Flucht war nicht der letzte Ausweg. Es war der einzige. – Um der arrangierten Hochzeit zu entgehen, verkleiden sich die beiden höheren Töchter Riki und Myra als Knaben und schließen sich einem Wanderzirkus an. Dank ihrer neuen Identität entkommen sie zwar den Fesseln der viktorianischen Gesellschaft, doch die Welt der Gaukler ist nicht nur bunter, sondern auch gefährlicher als erwartet.
Der Karneolvogel, ein mächtiges Artefakt der Gaukler, ist verschwunden und sein Hüter Ramiro schwebt in Lebensgefahr, wenn es nicht bis zur großen Versammlung wieder auftaucht. Dass nun auch noch die Liebe ihre kapriziösen Finger ins Spiel bringt, verschärft die Situation zusätzlich – denn was würden die Zirkusleute tun, wenn die Lüge der beiden Knaben ans Licht kommt? Das Geheimnis muss also um jeden Preis gewahrt bleiben. Aber wie, wenn ausgerechnet derjenige Gefühle für Riki entwickelt, der sich selbst niemals eingestehen könnte, einen Jüngling zu lieben – und für den Liebe und Verrat ohnehin Hand in Hand gehen.
Während die Gaukler den Spuren des Artefaktes folgen und sich herauskristallisiert, dass womöglich ein Verräter unter ihnen ist, setzen die Familien der Mädchen alles daran, die Ausreißerinnen zu finden, und bringen damit den ganzen Wanderzirkus in Gefahr.
Der besondere Buchtipp: "Der Wanderzirkus" ist der erste Band der dreiteiligen Abenteuer-Reihe "Die Reise des Karneolvogels". Das Taschenbuch dieses absolut lesenswerten Abenteuer-Romans umfasst 448 Seiten (ISBN 978-3964438393). Zudem gibt es das Buch der Autorin Jeanette Lagall als E-Book im Handel. Mehr zu dieser spannenden Trilogie erfahrt ihr weiter unten.
Felicitas saß in der Falle. Jetzt kam es darauf an, ob die gestiefelten Wächter ein knapp vierzehnjähriges Mädchen mit einer Tasche voller Brot in einem Kasten von etwa zwei Fuß Kantenlänge vermuten würden.
Höchstwahrscheinlich nicht, da ein normales Mädchen in einen solchen Kasten nicht hineinpassen würde. Das war aber auch ihre einzige Hoffnung, denn ansonsten taugte ihr Versteck nicht viel.
Normalerweise war sie geschickt genug, sich gar nicht erst erwischen zu lassen. Aber da war dieser wunderschöne Schal, in den sie sich auf den ersten Blick verliebt hatte. Das geheimnisvoll changierende Türkis der glänzenden Seide hatte es ihr sofort angetan. Vielleicht, weil es sie an das ferne Meer ihrer Heimat erinnerte. Warum mussten sie mit dem Zirkus bloß durch dieses kalte England ziehen! Hätte Ramiro sich nicht ein gemütlicheres Land für die große Versammlung der Gaukler aussuchen können?
Felicitas hatte den Schal wohl zu lange begehrlich angeschaut und war dann zu unkonzentriert beim Brotstehlen gewesen. Prompt wurde sie erwischt. Der zeternden Marktfrau hatte sie zwar durch einen gezielten Tritt gegen das feiste Schienbein entkommen können, aber dafür waren ihr jetzt die Stadtwächter auf den Fersen. Dank ihrer zierlichen Statur und ihrer Flinkheit hatte sie immerhin etwas Vorsprung, doch der reichte gerade so aus, um sich in diesen Kasten zu falten. Einen nennenswerten Abstand zwischen sich und die drohende Gefahr brachte es nicht. Jetzt hieß es beten.
Sie verfluchte sich, den türkisfarbenen Schal und besonders das Brot, das sich immer unerbittlicher in ihre Seite bohrte. Wenn es wirklich so hart war, wie es sich anfühlte, dann würde man einige Zähne opfern müssen, um es zu verspeisen! Von wegen frische Ware.
Felicitas hörte, wie sich die Wachen ihrem Versteck näherten. Sie wünschte, wenigstens etwas sehen zu können, aber das war bei ihrer momentanen Kopfhaltung unmöglich.
"Wo 'sn die verdammte Göre hin?", fluchte einer der Wächter. "Hab 'se doch um genau dies' verdammte Eck' rennen sehn!"
"Hat sich vermutlich in Luft aufgelöst", knarrte der andere. "Bei dem verfluchten Gauklerpack weiß ma nie, was die für Hexerei'n drauf ham. Geht alles nich mit recht'n Dingen zu bei den. Ging's nach mir, sollt' man se all' ersäuf'n!"
"Hier kann se ja nich sein. Muss wohl da drüb'n lang sein", mutmaßte Nummer eins.
Felicitas atmete in ihrem engen Kasten auf, wenn auch nur im Geiste, denn für mehr war kein Platz.
"Halt, da hinter'm Kast'n!"
Felicitas' Herz setzte aus. Sie hörte Schritte in ihre Richtung kommen und hätte viel darum gegeben, wenigstens etwas sehen zu können. Aber so konnte sie nur blind darauf warten, dass man sie gleich mit einem triumphierenden "HA!" aus dem Kasten zerren würde.
"HA!", brüllte der Wächter. Sie hörte das Poltern einer zur Seite kippenden Kiste, die dem Klang nach deutlich komfortabler, aber offensichtlich auch deutlich untauglicher zum Verstecken gewesen wäre.
"Verdammtes kleines Hexenbiest, die hat sich wirklich in Luft aufgelöst. Ersäuf'n soll man se alle!"
"Hier lang", kommandierte der andere bestimmt und die schweren Schritte entfernten sich.
Felicitas verharrte noch etwas in ihrem Versteck. Aber selbst bei der ungewöhnlichen Beweglichkeit, die Schlangenmenschen wie ihr zu eigen war, wurde die Enge bald so unerträglich, dass sie sich vorsichtig durch die enge Öffnung nach draußen zwängte. Es war niemand mehr zu sehen. Sie streckte sich, dann verschwand sie flink in die entgegengesetzte Richtung, in der die schweren Schritte verschwunden waren.
Hölle mit Grießbrei, das hätt' bös' schief gehen können!, schalt sie sich. Auch wenn Schals und Tücher ihre große Schwäche waren: Das war noch lange kein Grund, sich davon so ablenken zu lassen, dass man sich fast einen Hanfschal um den Hals verdiente! Zumindest wäre das eine der vielen Möglichkeiten, wie man in diesen Zeiten mit dem "Gauklerpack" umging – und zwar für geringere Vergehen als Brotdiebstahl.
Mittlerweile hatte sie das enge Straßengewirr des Städtchens hinter sich gelassen und folgte dem staubigen Weg zu dem außerhalb gelegenen Lagerplatz der Zirkusleute. Das gestohlene Brot versteckte sie unterwegs in einem Baum. Sie musste damit rechnen, dass die beiden Männer sie womöglich doch noch irgendwo abfingen.
Von ferne hörte sie schon aufgeregtes Geschrei aus dem Lager. Sie näherte sich vorsichtig und sah zu ihrem Entsetzen die zwei Wächter, die in eine lautstarke Diskussion mit Dolores verstrickt waren.
Das fehlte gerade noch! Gut, dass sie das Brot versteckt hatte. Aber sie hätte nie damit gerechnet, dass die Stadtwächter auf direktem Wege das Lager ansteuerten. Ihr erster Impuls war, umzudrehen und ganz schnell das Weite zu suchen. Aber sie wusste, würden die Wächter sie nicht beim Zirkus finden, würden sie alle Wohnwagen durchsuchen und dabei mutwillig möglichst viel zerstören. Also näherte sie sich mit klopfendem Herzen und unschuldiger Miene. ...
Die Abenteuer-Reihe "Die Reise des Karneolvogels" besteht aus drei spannenden Bänden. Über das Autorinnenprofil von Jeanette Lagall könnt ihr euch mit ihren Büchern eindecken:
– Der Wanderzirkus (Hier unsere Rezension zu Band 1 lesen)
– Die Stadt der Gaukler (Band 2: Hier geht es zur Leseprobe)
– Die Macht des Kodex (Band 3)
Auf der Webseite von Jeanette Lagall werden weitere Bücher der Autorin vorgestellt, unter anderem der Start zur neuen Reihe "Schloss der Schatten": "Blut ist dicker als Wasser (Band 1)". Dort erfahrt ihr mehr über Jeanette, und gratis Lesestoff gibt es dazu.
© Herzlichen Dank an die Autorin Jeanette Lagall für die Texte zur Abenteuer Buchvorstellung sowie die Abbildung des Buchcovers, 08/2019.
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