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Was meinen wir eigentlich, wenn wir sagen: "Ich schäme mich"?
In seinem Fachbuch beschreibt der erfahrene Autor, Arzt und Berater Johann Schneider (*1951) die Unterscheidung natürlicher Scham von angelerntem Beschämtsein und Beschämen. Er nimmt uns Leser mit spürbarer Liebe für den Menschen und seine Umwelt mit auf den Weg, zu erkunden, wie wir Beschämungen wirksam begegnen, die natürliche Scham entfalten und mit ihr eine Kultur der Achtung und Würde schaffen können.
Schneiders Sachbuch ist nicht nur für professionelle Begleiter sehr aufschlussreich. Es bietet auch interessierten Laien einen willkommenen Anlass, sich auf das Phänomen Scham einzulassen. Der Autor nimmt uns mit auf die Reise, zu fühlen, zu hören, zu sehen und darüber nachzudenken, was Scham ausmacht. Ihm ist es ein Anliegen, Scham als ein ursprüngliches, natürliches Wesensmerkmal des Menschen darzustellen und aufzuzeigen, wie wir dieses im Laufe unserer Sozialisation entwickeln und leben. Am Ende angekommen, werden wir viele Einsichten gewonnen und von der Lektüre persönlich profitiert haben. Und wir werden Scham als Kon-Takt-Gefühl zu wertschätzen wissen.
Der Psychologie-Ratgeber "Natürliche Scham: Der Weg zu Achtung, Würde, Werten und Integrität" wurde als Taschenbuch im Mai 2022 veröffentlicht und enthält 288 Seiten. Das Sachbuch von Johann Schneider enthält zahlreiche Illustrationen von Diana Menzel und ist im Westarp Science Fachverlag unter der ISBN 978-3866171923 erschienen.
Ursprüngliche, natürliche Scham ermöglicht es uns Menschen, Kontakt, Begegnungen und Beziehungen mit Achtung zu gestalten. Sie versetzt uns in die Lage, die dem Menschen innewohnende Würde und auch die Würde der Umwelt anzuerkennen und zu leben.
Leider wird Scham meistens – auch in Fachkreisen – nur als "negatives Gefühl" oder als "pathologisch" behandelt und in der Öffentlichkeit tabuisiert. Dahinter steht, dass nicht zwischen ursprünglichem Empfinden, Fühlen, Denken, Verhalten und angelernten Ersatzverhaltensweisen unterschieden wird. Sich schämen wird meist mit sich beschämt fühlen und beschämt werden verbunden. Das natürliche Phänomen Scham zu empfinden wird missachtet und tabuisiert, während die angelernten und krankhaften Verhaltensweisen auf zwiespältige Weise gleichzeitig als nicht erwünscht und doch als wichtig dargestellt werden.
Solange man das natürliche Phänomen Scham und seine Funktionen auf diese Weise tabuisiert, erscheint es alltäglich und normal, andere Menschen zu beschämen und dadurch ausbeuterische Machtverhältnisse herzustellen und aufrechtzuerhalten – und zwar in einzelnen Beziehungen, in Gruppen, in Organisationen, in Gesellschaften und im Umgang mit der uns umgebenden gesamten Umwelt und Natur. ...
Scham ist ein universales Phänomen. Sie ist ein Wesensmerkmal des Menschen und kommt in allen Gesellschaften und Kulturen vor.
Scham wird körperlich erlebt, als Gefühl und als Denken erfahren und im körperlichen Ausdruck, im Gefühl, im Denken und im Verhalten in der Begegnung mit sich selbst, mit anderen und der Umwelt umgesetzt.
Scham lässt sich als ein ursprüngliches oder natürliches menschliches Phänomen beschreiben. Dieses unterscheidet sich von Beschämtsein und Beschämen insofern, als dass es sich dabei um angelernte Ersatzverhaltensweisen handelt, die als Ersatz und Kompensation für die ursprüngliche, natürliche Schamverarbeitung entwickelt wurden. Diese Ersatzverhaltensweisen sichern das Überleben, behindern jedoch gleichzeitig die volle Entfaltung der konstruktiven Potenziale eines Menschen in seiner Beziehungsgestaltung.
In der Fachliteratur wird die Scham meist in ihrer Erscheinung als Ersatzverhaltensweisen, als dysfunktionale und pathologische Schamverarbeitung, beschrieben. So kommt es, dass wir – auch viele Fachleute – mit dem Wort Scham hauptsächlich nicht gelungene Schamverarbeitung und Krankheitsdiagnosen verbinden und den Eindruck haben, Scham sei hauptsächlich etwas Erlerntes, Unangenehmes, Negatives, hinzukommt. Vielmehr zeichnet sich der Mensch auch und im Besonderen dadurch aus, dass er sich schämen kann.
Grund und Ursache der natürlich auftretenden Scham ist die Fähigkeit des Menschen, sich selbst betrachten und steuern zu können. Mit seinem Vermögen, die Umwelt sowie sich selbst, Körper, Gefühle, Gedanken und Verhalten mit allen Sinnen wahrzunehmen und zu betrachten, kann der Mensch zu sich selbst und zu seiner Umwelt in Distanz gehen und sich ein Urteil bilden. ...
Scham kann, wie oben dargestellt, körperliche, seelische, soziale und geistige Aspekte unserer Person betreffen. Wir durchdringen diese Sphären allesamt kraft unseres Geistes. In allen vier Sphären begegnen uns Phänomene, die wir nicht steuern oder gar "beherrschen" können. Dies geschieht jedem – einfach dadurch, dass sie oder er ist, wie sie oder er eben ist. Eine Folge ist, dass wir in unserer personalen Einheit gestört, auf unser Sein zurückgeworfen werden, und in einen Zustand der Doppeldeutigkeit, der Zweifel, der Scham geraten.
Wir haben einen Körper, und gleichzeitig sind wir Körper. Wir meinen ihn als Gegenstand zu beherrschen, und gleichzeitig ereignet er sich einfach, drängt sich uns als Zustand auf. Wird etwa ein Körperphänomen, z. B. das erwähnte Zittern, so heftig, dass es nicht mehr zu leugnen ist, gerät die fragliche Person zunächst in Scham. Diese ist erst dann gelöst, wenn das Zittern zugelassen und als zugehörig angenommen wurde; ist die veränderte Lage geistig durchdrungen, wird eine neue Körper-Bewusstheit erlangt.
Der Mensch ist zum einen einfach Bedürfnis, Empfinden, Gefühl, Gedanken und Verhalten, zum anderen durchdringt er diese geistig und kann sie begreifen, erleben, erfahren. Solange ein Ausgleich beider Seiten besteht, fühlt er sich eins mit sich. Taucht jedoch ein Phänomen auf, das er nicht "beherrscht" – etwa das wütende Auf-den-Tisch-Schlagen ... –, gerät er in Widerspruch zu sich selbst, erlebt Doppeldeutigkeit und Scham. Erst, wenn er seinen Zorn begriffen hat und ihn steuern kann, fühlt er sich wieder eins mit sich.
Jeder Mensch repräsentiert ein einzigartiges Ich, und zugleich sind wir soziale Wesen, die nur in Beziehung ganz sie selbst werden, indem wir uns anderen Menschen, Lebewesen und der Natur ähnlich oder gleich fühlen. Wie fest wir sozial eingebunden sind, wird im Erleben von Rollen nachvollziehbar: Im sozialen Miteinander nehmen wir Rollen ein, solche, die wir selbst ausgewählt haben, und solche, die wir durch Geburt und Gesellschaft einfach erhalten, denen wir gar nicht entkommen können. Solange wir mit einer Rolle übereinstimmen und sie spielerisch interpretieren, sind wir mit ihr identisch und fühlen uns wohl. ...
Unser Lesetipp: Erfahren Sie mehr im Psychologie-Ratgeber von Johann Schneider "Natürliche Scham: Der Weg zu Achtung, Würde, Werten und Integrität".
© Für die Textauszüge aus "Natürliche Scham" und Abbildung des Buchcovers danken wir BookOnDemand vabaduse, ein Imprint der Westarp Verlagsservicegesellschaft mbH, 09/2022.
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