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"Schmunzelmord" ist eine Sammlung von 23 selbst verfassten fiktiven Kriminalgeschichten von Michael Kothe, ergänzt um zwei weitere Kurzkrimis der Autoren Sabine Reifenstahl und Rudolf Georg. Alle Geschichten enthalten reichlich Lokalkolorit der nördlichen Peripherie um München.
Kriminell. Kurzweilig. Sympathisch. Die Verbrechen in "Schmunzelmord" wollen unterhalten. Dafür wird schon einmal ein Mord am malerischen Schleißheimer Schloss begangen, und der Koffer-Klau am Franz-Josef-Strauß-Flughafen erfährt eine unerwartete Wendung. Vor allem im Münchner Norden tobt das Verbrechen. Vom Handtaschenraub über Versicherungsbetrug reicht die Palette bis zum Totschlag.
In insgesamt 25 Kurzkrimis verüben liebenswerte Figuren Straftaten, werden Opfer oder klären auf. Jeder Fall ist anders, er lässt den Leser schmunzeln oder treibt ihm die Tränen des Mitgefühls in die Augen. Die Kürze bietet Lesevergnügen auch für zwischendurch.
Die Taschenbuch-Ausgabe von "Schmunzelmord: 25 kriminelle Kurzgeschichten aus dem Münchner Norden" umfasst 272 Seiten und wurde im März 2020 veröffentlicht. Den Krimiband erhalten Sie auch als E-Book im Internet-Buchhandel.
"So nicht! So springen die mit mir nicht um!" Seine Reaktion war spontan gewesen. Er hatte zum Telefon gegriffen und sich erst zufrieden gegeben, als ihm versichert worden war, man werde den Fall noch einmal prüfen. Er hatte einmal einen Sieg errungen, warum sollte er jetzt klein beigeben?
Sehr geehrte Damen und Herren,
am Montag vergangener Woche, am 25. des laufenden Monats, habe ich meine Münzsammlung bei einem Experten in der Münchner Innenstadt schätzen lassen. Auf dem Heimweg konnte ich mich des ständigen Eindrucks nicht erwehren, verfolgt zu werden. Zwei Tage darauf wurde in meine Wohnung eingebrochen, die Münzsammlung wurde geraubt.
Ich bitte um Begleichung des Schadens auf mein Ihnen bekanntes Konto. Das Wertgutachten und den Bericht der Polizei füge ich dieser Schadensanzeige als Anlagen bei.
Mit vorzüglicher Hochachtung
Michael Pfister
Michael Pfister, kürzlich aus dem Arbeitsleben ausgeschieden und seitdem zufrieden scheinender Rentner, saß auf dem gepolsterten Stuhl in der Essecke, für die er ein Stück seines Wohnzimmers geopfert hatte. Die Entscheidung war ihm leicht gefallen. Nach dem Tod seiner Frau vor ein paar Jahren hatte er nach und nach die Wohnung neu und vor allem anders eingerichtet. Die wuchtigen Möbel mit dem Charme der 70er Jahre waren einer hellen, freundlichen Einrichtung gewichen. Zwar hatten sie vor ihrer Hochzeit beide die Ersteinrichtung zusammen gekauft, aber seine Frau hatte sie ausgesucht. "Fürs ganze Leben", wie sie damals betonte.
Dieses ganze Leben war vorbei, darüber war er gar nicht böse. Er lebte lockerer, schaffte es, sich den Rentnerstress, über den sich so gut wie alle seine Ruhestandskollegen beklagten, vom Hals zu halten. Nur ein einziges Problem nagte an seiner Zufriedenheit. Für seinen Geschmack gab die Regierung zu viele Steuergelder für andere Zwecke aus, anstatt ihren Rentnern, die dieses Land aufgebaut hatten, einen sorgenfreien Lebensabend zu ermöglichen. So versuchte er, seine wirtschaftliche Not durch findige Aktionen zu mindern.
Diese Gedanken wälzte er wieder einmal, als er die Kopie seines Briefs las, den er vorletzte Woche geschrieben und abgeschickt hatte. Sein Blick wanderte auf das Antwortschreiben der Versicherung, das er daneben auf der Tischplatte ausgebreitet hatte. Er buchte es als seinen ganz persönlichen Erfolg über eine der übermächtigen Institutionen, die sich im Regelfalle zumindest anfangs zierten, einem Geschädigten den ihm vertraglich zugesicherten Ersatz zukommen zu lassen. In seinem Fall war das anders.
Zuerst hatte er sich über den Scheck gefreut, der nun auf dem Umschlag mit dem Logo seiner Versicherung lag. 45.000 Euro. Dennoch war er verärgert, weil diese Versicherungsfritzen, wie er die Mitarbeiter der Gesellschaft abschätzig betitelte, seine Forderung einfach um 10% gekürzt hatten. Sie hätten andere Quellen für ihre Schätzung zugrundegelegt und so einen geringeren Schadenswert ermittelt. Als ob das von ihm beauftragte und mitgegebene Wertgutachten ein Gefälligkeitsgutachten gewesen wäre!
"So nicht! So springen die mit mir nicht um!"
Die Versicherung hatte eine Überprüfung versprochen. Dazu gehörte ein persönliches Gespräch, das in seiner Wohnung geführt werden sollte. Er war bestens darauf vorbereitet. Ordentlich ausgerichtet lagen mehrere Münzkataloge auf dem Esszimmertisch, sie konnten lückenlos über Jahre, beinahe über Jahrzehnte hinweg die Wertentwicklung seiner Sammlung aufzeigen. Seine persönliche Vorbereitung hatte, natürlich neben dem wiederholten Studium der Beschreibung und der Historie seiner Münzen, in der sorgfältigen Wahl seiner Kleidung bestanden. Dazu kamen die Auswahl eines ausgefallenen Chronografen einer Schweizer Marke – obwohl nur eine Replika, die er günstig erworben hatte – und die Anwendung eines exklusiven Herrenparfüms aus einem Probefläschchen.
Er war mit sich zufrieden, war überzeugt, mit diesem Auftreten und mit seinem Selbstbewusstsein jeden Fachmann an die Wand zu reden. Einzig mit seiner fettig glänzenden Kopfhaut war er nicht fertig geworden, sein Toupet wollte absolut nicht halten. Gefühlte hundert Mittel und Mittelchen hatte er erfolglos eingesetzt, auch jetzt halfen Seife und der feuchte Waschlappen nicht. Gerade hielt er die Hand ausgestreckt und wollte zu stärkerer Chemie greifen, als es klingelte. Mit einem Seufzer stopfte er die Perücke in ihr Kunststofffutteral und steckte dieses in das Spiegelschränkchen zurück, auf dem er mit einem letzten Blick seine Erscheinung prüfte. Schnell wusch er noch seine Hände im Waschbecken darunter. Er nutzte warmes Wasser, da er von dem psychologischen Trick gelesen hatte, ein warmer Händedruck erwecke Sympathie.
"Guten Tag, Herr Pfister. Beatrice Tausendschön ist mein Name, ich komme von der H&V-Versicherung. Darf ich reinkommen?"
Pfister ergriff ihre zum Gruß hingehaltene Hand und machte einen Diener. Er wollte als Kavalier der alten Schule auftreten.
Er trat zur Seite. Die attraktive Brünette überragte ihn um Haupteslänge. Das war ihm peinlich, bot er ihrem Blick doch unvermeidlich das kahle Rund auf seinem Haupt, umfasst von einem schütteren Haarkranz. Seine Tonsur, wie seine Frau ihn immer im Scherz an seinen Haarausfall erinnert hatte, glänzte im Licht der Halogenstrahler, die er in die abgehängte Dielendecke hatte einbauen lassen. Die Mittvierzigerin, als die er sie einschätzte, schritt an ihm vorüber, durchquerte mit ein paar Schritten die Diele und stellte am Esszimmertisch ihre schlanke Aktentasche auf einen Stuhl.
Wenigstens ein Lichtblick! Der Senior hatte mit einem verknöcherten Schreibstubenhengst gerechnet, mit einem gewieften Versicherungsvertreter, der dem Teufel seine Großmutter verkauft hätte. Er war positiv überrascht.
"Möchten Sie ablegen?"
"Ich habe nichts zum Ablegen, danke", lächelte sie zurück.
Er fasste sich an die Stirn, natürlich, das hätte er bemerken müssen.
Frau Tausendschön trug einen grauen Hosenanzug, eine weiße Bluse und modische schwarze Schuhe mit mittelhohen Absätzen. Der farbliche Akzent ihres professionellen Auftritts war die rote Ledermappe gewesen, die nun auf dem Stuhl lehnte. Sie harmonierte vorzüglich mit ihrem Lippenstift. Ganz Dame, strahlte sie Selbstsicherheit aus, beruflichen Erfolg.
Als er zu diesem Schluss gekommen war, schrumpfte Michael Pfister ein paar Zentimeter. Er würde es schwer haben, seine Forderung durchzusetzen. Hilfreich waren wohl die üblichen Begrüßungsfloskeln. "Haben Sie gut hergefunden?"
"Danke, im Prinzip ja. Ich hatte die falsche Autobahnabfahrt genommen und musste mich auf der B471 nach Oberschleißheim quälen, und hier im Fohlengarten sind die Parkplätze auch nicht zu reichlich. Außerdem sehen die Wohnblocks alle gleich aus."
Was war dann beim Herfinden eigentlich gut gewesen? fragte er sich. Sein Selbstbewusstsein stieg wieder an. Sie war unlogisch, verwundbar!
"Kaffee?"
"Gern. Schwarz, mit Süßstoff, wenn Sie haben." ...
© Lesetipp "Polierte Platte": Dem Autor Michael Kothe danken wir herzlich für die Textauswahl aus "Schmunzelmord: 25 kriminelle Kurzgeschichten aus dem Münchner Norden" und die Abbildung des Buchcovers, 09/2020.
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