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Distriktkommissar Adam Canetti ist gerade außerhalb, als ihn die Nachricht ereilt, dass in Balmsund die Leiche eines jungen Mädchens in einem stillgelegten Kanalschacht entdeckt wurde. Genau wie Lisbeth Wolf, die Polizistin von Balmsund, steht er vor einem Rätsel. Wer ist das Mädchen? Und wer hat es in diesen Küstenort gebracht?
Im Fischerdorf Balmsund, fest im Griff von Schnee, Eis und Kälte, einem Schneesturm und durch die Sperrung der Küstenstraße nur noch per Schiff und Hubschrauber zu erreichen, droht Panik auszubrechen. Und als sich herausstellt, wer das Mädchen ist und eine Verhaftung vorgenommen wird, steht der Ort vollends Kopf. Ein Abgrund tut sich auf, in den sich Lisbeth Wolf persönlich verstrickt, Adam Canetti mit jemanden aus seiner Vergangenheit konfrontiert wird, den er lieber vergessen hätte, und ein junger Mann fast an den Rand des Wahnsinns gerät.
Ein grandioser, äußerst spannender Kriminalroman vor einer atemberaubenden Kulisse, in dem Meer, Landschaft und Naturgewalten das Leben der Menschen bestimmen.
Unser Buchtipp für "Balmsund: Fegefeuer": Der außerordentlich mitreißende Kriminalroman von Christian Wagnon wurde im September 2021 veröffentlicht und ist als E-Book (etwa 450 Leseseiten) im Online-Buchhandel erhältlich.
"Jetzt sind Sie schon vier Jahre hier", sagte sie zu Adam, als sie wenig später im gelben Licht der wenigen Laternen, welche die Straßen eher fahl und milchig erleuchteten, durch die Nacht stapften. Ihre Schneestöcke, die aussahen wie spitze Verlängerungen ihrer Arme, bohrten sich wie im Takt in den Schnee, als seien sie eine Art Cyborgs, die je nach Bedarf dieses oder jenes ausfahren konnten, um sich auf dem tückischen Untergrund sicher zu bewegen.
"Das haben Sie behalten?"
"Nun ja", sagte sie, "viele haben sich gefragt, warum Sie aus der Stadt weg sind, damals. Sie hätten – was? Leiter des Morddezernats? – werden können. Hat man jedenfalls erzählt. Und einige fragen sich das manchmal jetzt noch."
Er lachte. "Vielleicht wollte ich nicht Leiter des Morddezernats werden."
Er überlegte, worauf genau sie hinauswollte. Ihr Verhältnis war nicht so, dass es je über ein loses Geplauder wie das jetzt hinausgegangen war. Er kannte sie, weil er Henning kannte, aber auch mit ihm hatte er eine nur lose, vor allem beruflich bedingte Bekanntschaft. Was also wollte sie?
Er hatte keine Lust, weiter herumzurätseln und sagte: "Was ist los? Wollen Sie mir was sagen? Hat es mit dem Mädchen zu tun?"
"Warum haben Sie nach Jeremias gefragt?"
"Weil ich mit ihm reden will. Und auch mit Henning."
"Haben die beiden irgendwas mit der Sache zu tun? Sind sie verdächtig?"
"Es sind nicht die Einzigen, mit denen ich reden will."
"Sie hat es Ihnen gesagt, oder? Und darum wollen Sie Jeremias sprechen."
"Wer hat mir was gesagt?"
"Lisbeth. Das mit den Mädchen."
Er hatte keine Ahnung, von was sie sprach. "Von was reden Sie?"
Sie schwieg einen Augenblick. "Das ist doch sicher das Erste, was ihr eingefallen ist. Ihnen davon zu erzählen. Ich kenne doch Lisbeth."
"Ich habe keine Ahnung, was Sie meinen."
Sie stieß den Schneestock so rabiat in den Schnee, dass er vibrierte.
"Okay. Ich will's mal so sagen – ich habe Angst, dass dieses ganze Gerede vom letzten Jahr jetzt dazu benutzt wird, Jeremias in Verdacht zu bringen. Und ich bin überzeugt, dass Lisbeth da als Allererste das Ganze aufs Tapet bringt. Oder schon gebracht hat. Jeremias ist auch ganz verstört seit vorgestern. Er weiß genau, dass Lisbeth ihn auf dem Kieker hat. Da liegt es doch nahe, dass – "
"Nun, mal langsam – erstens weiß ich nicht, von was Sie reden. Zweitens – Jeremias ist sicher nicht der Einzige, der geschockt ist. Drittens – er sollte mir, falls er etwas auf dem Herzen hat, das selbst sagen."
"Ich habe Angst, dass Sie voreingenommen sind, bevor Sie überhaupt mit ihm gesprochen haben. Nur weil Lisbeth etwas gegen Jeremias hat und sich da was zusammenreimt."
"Ich würde mir gern selbst ein Bild davon machen", sagte Adam, dem es langsam zu viel wurde. Es ging nicht, dass jemand Lisbeth ihm gegenüber so darstellte, egal nun, welche alten Feindschaften oder was auch immer dahintersteckten. "Und bis jetzt hat mir keiner etwas erzählt, das Jeremias in einem schlechten Licht dastehen lässt. Weder jemand von der Polizei noch sonst jemand."
"Okay", sagte Sonja, "dann will ich das mal glauben." Sie zog den Schneestock heraus und fuchtelte damit vor Adam herum wie mit einem Florett.
"Vorsicht", sagte er.
"Das war schon immer so", sagte sie. "Ich werde nicht zulassen, dass Jeremias als Sündenbock herhalten muss." ...
Es war das erste Mal seit über einer Woche, dass Adam Canetti nicht außer Haus schlief, und als er sich im Flur aus der dicken Winterkleidung gepellt hatte und die Stiefel abgestellt und mit Papier ausgestopft und auf Socken in die Küche ging, um einen Tee zu machen, merkte er, dass er richtig froh darüber war, zu Hause zu sein. Er vermisste Balmsund, wenn er weg war, das war von Anfang an so gewesen, seitdem er sich an die Küste hatte versetzen lassen. Es hatte mehrere Ortschaften im Distrikt zur Auswahl gegeben, wo er hätte wohnen können, und seine Entscheidung war damals gefallen, kaum, dass er seinen Fuß von der Gangway des Postschiffs auf das Hafengelände gesetzt hatte – hier würde er wohnen.
Vom Küchenfenster aus konnte er über die Ortschaft sehen, die in den Hang hineingebaut war. Das Haus, das die Distriktverwaltung ihm zur Verfügung gestellt hatte, stand ganz am Ende der oberen Straße, in der auch Henning wohnte, eine Straße, die von dort einerseits zum Campingplatz hinunter abzweigte, andererseits zu der Umgehungsstraße, die oben an der Ortschaft vorbeiführte.
Es war noch nicht so spät, dass die Ortschaft dunkel lag, in fast jedem Haus brannte Licht und weiter unten, wo das Kirchengelände war, sah er einzelne kleine Lichtpunkte, die nachts die Abbruchkante markierten. Er konnte einen Teil der Hafenbucht mit den Anlegern sehen, auf denen ebenfalls kleine Lichtpunkte tanzten, und weiter draußen am Ende der Landzunge das Licht des Leuchtturmes.
Das Meer lag da wie eine schwere bleigraue Masse, die mit der seltsam fahlen, etwas helleren Masse des Himmels fast verschmolz. Es waren Nächte, in denen auch das Anrollen des Meeres gegen den Strand am Campingplatz etwas Träges, Dumpfes hatte, als seien die Wellen zu schwer geworden und lösten sich nur widerwillig auseinander, Nächte, in denen sogar die Gischt sich zäh und langsam an den Klippen zu brechen schien, als fiele sie nur mühsam wieder zurück zu ihrem Ursprung. ...
Hinweis: Informieren Sie sich gerne auf Christian Wagnons Webseite zu seinen weiteren Romanen oder lesen Sie hier auf unserem Portal die Buchvorstellung zu seinem Kriminalroman "Rendezvous mit einem Phantom".
© "Ein junges Mädchen tot und ein Fischerdorf in Aufruhr": Für die Textauswahlen aus "Balmsund: Fegefeuer" danken wir dem Autor Christian Wagnon sehr herzlich, 10/2021.
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