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Der Autor Herbert H. T. Osenger ist ein ganz besonderer Geschichtenerzähler, was er zuletzt mit seinem packenden Fantasy-Thriller "Der fünfte Turm" bewiesen hat (siehe dazu unsere Buchvorstellung hier auf unserem Portal).
Mit "Herr der Gestrandeten" legt Osenger Mitte Februar 2024 seinen neuesten Roman vor, einen mitreißenden Mysterythriller, in dem es um eine clever eingefädelte Entführung geht.
Berthold Berndorfer, ein junger Lebemann, nimmt an einer Autobahnraststätte eine attraktive Anhalterin mit und wird prompt das Opfer einer gut geplanten Entführung. Er findet sich in einer Gruppe von sozialen Außenseitern wieder, die von einem charismatischen Mann namens Simon angeführt wird.
Berndorfer findet schnell heraus, dass nicht alles an diesem Ort mit rechten Dingen zugeht, insbesondere geht von einer Kapelle große Gefahr aus. Berndorfer muss mehr herausfinden, denn sein Leben hängt an einem seidenen Faden.
Unser Lesetipp: (Werbung) Die Taschenbuch-Ausgabe von "Herr der Gestrandeten" umfasst 294 Seiten und wurde via telegonos-publishing herausgegeben. Herbert H. T. Osenger hat seinen Mysterythriller auch als E-Book veröffentlicht.
Berndorfer fand den Weg, trat hinaus und spürte ein Ziehen in seiner Brust, als er hier seinen BMW geparkt sah. Daneben standen der alte VW-Bus und der Wohnwagen, der ihm den Weg versperrt hatte. Hätte er doch jetzt nur den Autoschlüssel! Oder wenn er sich darauf verstünde, die Zündung kurzzuschließen! Er könnte mit seinem Wagen davonbrausen und wäre wieder frei. Gaspedal durchtreten und ab durch die Mitte! Es wäre ihm auch scheißegal, wenn er jemanden von der Bande über den Haufen führe.
Kollateralschäden! Bei dem verdammten Grafen oder Simon würde es ihm sogar Spaß machen. O ja, und auch bei der Frau namens Bella! So wie die Dinge im Augenblick lagen, war es nun mal aussichtslos. Ob er wenigstens in seinem Wagen würde schlafen können? Er ging die wenigen Schritte zu dem Fahrzeug und zog am Türgriff. Verschlossen! War ja auch klar gewesen. Im gleichen Augenblick hörte er ein tadelndes "Nana!". Er sah sich um. Smiley sah aus einer der fensterlosen Öffnungen, drohte ihm mit dem Zeigefinger und grinste hämisch. Berndorfer ging weiter zu einem der Holzhäuschen, die er bereits erspäht hatte.
Verdrossen bemerkte er, dass sogar das obligatorische Herzchen in das Türblatt gesägt worden war. Er zog am Türgriff. Er sah gerade noch, dass ein Mann mit heruntergelassenen Hosen in dem Häuschen saß, der nun seinerseits die Hand ausstreckte und die Tür wieder zuzog. "Hier is' besetzt!", hörte er von drinnen eine Stimme. Nun, dieser Bemerkung hätte es nicht mehr bedurft, schließlich war er weder blind noch begriffsstutzig. Das nächste Häuschen war frei. Drinnen war ein Sitzbrett, in das ein rundes Loch gesägt worden war. Darunter befand sich vermutlich eine Grube. Es stank. Eine Fliege summte und flog ihren zackigen Kurs.
Berndorfer öffnete nochmals die Tür und wedelte sie hinaus. Dann versuchte er, sich zu erleichterten, musste aber feststellen, dass zunächst nichts lief, obwohl er spürte, dass seine Blase ziemlich prall gefüllt war. Seit wann hatte er Probleme mit der Prostata? Oder was war die Ursache dieses Staus? Durch die Ritzen zwischen den Holzlatten konnte er seinen Wagen sehen. Vielleicht ergab sich Morgen die Gelegenheit zur Flucht. Er schloss einen Augenblick die Augen und stellte sich vor, wie er dieser Gefangenschaft entkommen würde ... Prompt stellte sich ein heftiger Strahl ein, den er schleunigst dahin lenkte, wo er hingehörte, bevor er das gesamte Innere des kleinen Häuschens bestrich.
Beim Verlassen der Latrine sah er sich um. Hinter der stillgelegten Raststätte folgte der Gemüsegarten, den der Koch erwähnt hatte. Er sah ein kleines Bauwerk, ein winziges Kirchenschiff mit einer Andeutung von Glockenturm, das die Kapelle sein musste, daran grenzte ein Waldstück. Merkwürdig, dass Cooky hiervon nichts gesagt hatte. Wie groß mochte der Wald sein? Und was kam dahinter? Hier müsste er doch notfalls zu Fuß verschwinden können! Berndorfer war ziemlich gut in Form und joggte drei bis vier Mal pro Woche. Die Elendsgestalten, die sich von Simon herumkommandieren ließen, würde er in kürzester Zeit weit hinter sich lassen! Na, mal sehen! Er fand einen Hocker, auf dem Seife lag, daneben stand ein Eimer mit Wasser. Nicht gerade ideal; es genügte, um sich die Hände zu reinigen.
Smiley war immer noch in der Fensteröffnung zu sehen. Sein dreckiges Grinsen war auch immer noch präsent, als wüsste er genau, was Berndorfer gerade gedacht hatte. "Cooky wartet auf dich. Du sollst spülen helfen. Also setz deinen faulen Arsch in Bewegung!"
Zauberhafter Bursche! Berndorfer wünschte sich eine Gelegenheit, dieses widerliche Grinsen mit einem Faustschlag zerstören zu können. Oder besser noch mit einem Holzhammer! Er ging zum Gebäude zurück. Kaum hatte er es betreten, wunderte er sich über die Klänge, die an sein Ohr drangen. Hatte jemand Cookys Radio voll aufgedreht und den Sender gewechselt? Von wegen! Auf den Tisch, an dem die Offiziere gesessen hatten, war ein Stuhl gestellt worden. Hier saß Robin, hielt eine Gitarre in den Händen und spielte eine Melodie. Sie war Berndorfer bekannt. Ihren Titel wusste er allerdings nicht. Sie wirkte altertümlich und war wunderschön. Gleichzeitig mutete sie auch ein wenig melancholisch an. Bella stand auf, stellte sich neben Robin und begann zu seinem Gitarrenspiel zu singen. Der Text war englisch und hörte sich ein wenig altmodisch an. Ihre Stimme war so schön wie ihr Äußeres. Und das Zusammenspiel von ihrer Stimme und der Gitarre war perfekt und harmonisch. Berndorfer spürte einen Stich der Eifersucht.
Die Melodie endete. Robin und Bella warfen sich einen freundlichen und warmherzigen Blick zu, während das Publikum applaudierte. Berndorfers Eifersucht kehrte zurück. Gleichzeitig überkam ihn ein Gefühl tiefer Traurigkeit und Verlassenheit. Er ging in die Küche zurück. Cooky hatte sein kleines Radio abgeschaltet. Die Gitarrenmusik klang so laut herüber, dass sie mit jeder anderen Quelle von Musik kollidiert wäre.
Zu Berndorfers Überraschung saß der Koch im Augenblick müßig am Tisch. Er hatte wohl der Melodie gelauscht. Nun erhob er sich und setzte sein Werk fort.
"Schöne Melodie, nicht wahr?", sagte Berndorfer.
Cooky nickte nur. Also fragte Berndorfer weiter: "Spielt er jeden Abend Gitarre?"
"Nicht jeden Abend, aber häufig", antwortete Cooky nach einer Weile.
Pause, dann: "Das Lied spielt er oft. Und beinahe genauso häufig singt Bella dazu."
"Wie heißt das Lied?", wollte Berndorfer wissen.
"Es heißt Greensleeves und ist ein trauriges, Jahrhunderte altes Liebeslied aus England, so glaube ich jedenfalls." Cooky klapperte mit seinem Geschirr. Offensichtlich hatte er seine Arbeit unterbrochen, um dieses Lied ungestört hören zu können.
"Woher kennen sie solch altertümliche Musik?"
Cooky entgegnete: "Simon hat es ihnen beigebracht."
Berndorfer nahm wieder am Tisch Platz. Das Gitarrenspiel klang nun ohne Gesang herüber. Cooky wollte sich wohl keine Emotion anmerken lassen, aber er machte auf Berndorfer den Eindruck, als wenn das Lied von vorhin eine Gemütsregung bei ihm hervorgerufen hätte. Ob der Koch wohl über eine verlorene Liebe trauerte? Hatten ihn seine Entführer, als sie ihn vor vier Jahren verschleppten, von seiner Frau oder Geliebten getrennt?
"Das Lied hat dich traurig gemacht, stimmt's?"
"Du stellst zu viele Fragen", beschied ihn der Koch. "Insbesondere sind es die falschen. Nimm ein Tuch und trockne die Teller ab. Wenigstens diese Arbeit könntest du mir abnehmen. Und ab Morgen solltest du mehr Fleiß zeigen, denke ich."
Die abweisende Antwort verletzte Berndorfer. Gleichzeitig fragte er sich, wieso er sich für das Schicksal des Kochs interessierte. Was scherten ihn andere Leute? ...
© "Eine clever eingefädelte Entführung": Für den Textauszug aus "Herr der Gestrandeten" danken wir dem Autor Herbert H. T. Osenger sehr herzlich, 03/2024.
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