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Omas Wäscheschrank kam nicht aus ohne einige Lavendelsäckchen – getrocknete Blüten, die in Leinenbeutelchen gefüllt waren und zwischen der Weißwäsche hingen oder lagen. Zum einen duftet dieses Kraut sehr intensiv, zum anderen mögen es gewisse unangenehme kleine Insekten gar nicht.
Diese sehr schöne Pflanze, die einem bestimmten Farbton den Namen gab, kam ursprünglich aus dem Mittelmeerraum, wo es vor allem in Küstennähe wuchs und auch kultiviert wurde. Heute hat sich der Lavendel überall ausgebreitet und wird, wo immer es möglich ist, angebaut.
Der Echte Lavendel ist ein sehr schöner Zierstrauch, aber das attraktive Äußere ist eine Dreingabe der Natur, denn diese Pflanze kann weit mehr als schön aussehen. Wo Lavendel angebaut wird, steht vor allem die Gewinnung von Ölen im Vordergrund, denen schon Hildegard von Bingen große Heilkräfte zuschrieb und diese bei Erkrankungen der Atemwege sowie Lungenschwäche empfahl. Lavendel hat eine sehr günstige Wirkung auf die Haut und kann zusammen mit anderen Ölen gegen Schuppenflechte eingesetzt werden. Dazu kommt eine stimulierende und durchblutungsfördernde Wirkung.
Das lateinische Wort für "waschen", nämlich "lavare", ist der Stamm des Wortes, denn schon zu Zeiten der Römer diente es als Wasserbeigabe und zur Hautpflege. Das belebende Aroma macht sich sehr gut in der Duftlampe, außerdem kann man mit Lavendel auch würzen. Es lohnt sich hier durchaus, die Scheu vor Ungewohntem abzulegen, denn ebenso Fischgerichte wie auch manche Süßspeisen vertragen einen Hauch davon sehr gut. Auch im Tee wirkt sich die Pflanze günstig auf die Nerven aus und entfaltet eine beruhigende Wirkung, ohne dass man ermüdet.
Die Anwendungsmöglichkeiten für den mediterranen Allrounder sind weitaus größer: je nach Rezeptur als Tee oder Öl wird Lavendel zum Beispiel auch bei Darm- und Magenbeschwerden eingesetzt. Erschöpfung, Kreislaufschwäche oder Nervosität können günstig beeinflusst werden, da Lavendel eine sehr gute Wirkung auf die Psyche hat. Lavendelduft belebt und beruhigt gleichermaßen, ist also der inneren Stärke sehr förderlich. Man sagt ihm auch eine Reinigung des Geistes nach – ebenso wie die Minze soll das Aroma die Gedanken klären.
Die leicht antiseptische Wirkung ist hervorragend für die Behandlung kleinerer Wunden oder Abschürfungen, besonders als Öl oder Sud. Bäder werden bei Rheuma, Gicht oder allgemeinen Gliederschmerzen angeraten, wobei das Aroma im heißen Wasser zusätzlich anregt oder beruhigt – die Einsatzmöglichkeiten sind äußerst vielfältig. Es ist durchaus der Mühe wert, den Namensgeber des hübschen violett-lila Farbtones näher kennenzulernen. Beim nächsten Marktbesuch könnte man ein Beutelchen davon mitnehmen, um für sich die wohlige Wirkung des lässigen Mittelmeerbewohners zu entdecken.
© "Lavendel – der mediterrane Allrounder": Textbeitrag von Winfried Brumma (Pressenet), 2012. Bildnachweis: Lavendel mit Biene, CC0 (Public Domain Lizenz).
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"Ja", sagte die Alte, "bei uns war das eben noch so. Gedeckte Muster und gute Qualität. Und natürlich waren wir meist auch nicht gerade als Putze auf die Welt gekommen. Ich hatte eine andere Bestimmung gehabt, das war wohl so. Ich gehörte zur besseren Gesellschaft, weißt du. Lange Jahre war ich ganz nah an der Herrschaft, lag ihr richtig am Herzen. Und dann, ja dann geschah eben das, was uns allen blühte, wenn die Zeit dafür gekommen war. Ich wurde degradiert – aber auch das ist schon lange her und ich spüre so richtig, wie meine Nähte krachen. Bald werde ich nicht mehr sein."
Ein Kichern antwortete ihr. "Ach was, ich kann die Geschichten über die alten Zeiten nicht mehr hören. Wo ich hinkomme, hängen Leute wie du herum und wundern sich, dass sie Drecksarbeit machen müssen. Das kommt davon, wenn man Rosinen im Kopf hat, weil man sich einbildet, etwas 'Besseres' zu sein. Ich weiß, was meine Bestimmung ist. War schon immer so. Und deswegen heule ich bestimmt nicht – Putzen ist meine Leidenschaft."
Die Alte schaute trübsinnig zu dem jungen Ding hinüber, das eben erst angekommen war. Es sah fesch aus, das musste man zugeben. Bunte Farben, kräftiges Gelb und Signalrot – das passte nicht schlecht. Aber diese Spezialisten hatten ja keine Ahnung, das war alles so schnelllebig heute. Sie selber war schon Jahre hier in diesem Haus. Erst oben in gehobener Stellung, dann eben unten in der Scheuerabteilung. Und sie vermisste den Lavendelduft, den Geruch nach feiner Seife und die gepflegte Umgebung von früher doch sehr.
Natürlich hatte sie sich in ihr Schicksal gefügt – was wäre ihr auch anderes übrig geblieben. Doch die Trauer darüber ließ nicht nach. Und jetzt, wo sie das Ende ihrer Tage kommen sah, dachte sie mit Wehmut an ihre Anfänge zurück. Spitzen und Paspeln, jaja – aber das war ihr alles genommen worden. Mittlerweile war sie doch sehr reduziert.
Die Jungen, die nachkamen, hatten nur den einen Beruf. Sie wussten nicht, was es heißt, herabgestuft zu werden. Sie kamen, machten ihre Arbeit und verschwanden wieder – sie wurden schnell alt und unansehnlich. Zu ihrer Zeit war das noch anders gewesen. Obwohl man ihr heute das nicht mehr ansah, war sie sehr, sehr hübsch gewesen damals, als sie in dieses Haus gekommen war. Das junge Ding hatte keine Lust mehr auf ein Gespräch, es ging ganz im Bewusstsein seiner Kraft und seiner Unverbrauchtheit auf. Ach ja – gelb und signalrot ... das hatte es nicht gegeben damals.
Und während die Alte in ihren Träumereien versank, nahm eine Hand sie hoch. "Ach Mutti, nimmst du immer noch diese alten Fetzen als Staubtücher und Putzlappen? Was ist das denn mal gewesen? Sieht ja aus wie ein Stück von einem geblümten Nachthemd. Das fällt ja schon auseinander. Du musst doch nicht so sparen. Sieh mal – ich hab dir einen Reinigungsschwamm mitgebracht. Die gelbe Seite ist für feines, die rote zum Scheuern. Wenn es nicht mehr richtig tut, entsorgst du es einfach."
Die Mutter nahm prüfend den neuen Scheuerschwamm in die Hand, drückte ein wenig darauf und dachte an den Geruch von Seife und Lavendel. So wie früher.
© "Lavendel – Der Duft der alten Zeit": Kurzgeschichte von Winfried Brumma (Pressenet), 2013.
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