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Ich werde mit Ihnen meine Geschichte und Erfahrungen von dem Land Bulgarien und den Tierschützern, die dort viel leisten, teilen.
Viele Leute würden sagen, dass Bulgarien auch ein Urlaubsland ist – ich könnte das nicht ertragen, einfach an den Strand zu gehen und keinem Tier zu helfen, während jede Menge von Tieren an dir vorbeigehen und unter erbärmlichen Umständen leiden.
Meine Geschichte fängt vor mehr als drei Jahren an, wo ich die Tierschützerin Vera M. aus Bulgarien kennengelernt habe. Ich habe sofort bemerkt, dass diese Frau ein Engel ist: sie rettet Tiere vor dem Sterben. Vier Welpen haben wir von der Straße sofort wegholen lassen, die dann mit dem Transporter zu uns kamen, wo sie Liebe erfahren und ihre Angst vor Menschen vergessen durften. Und so baute ich weitere Beziehungen auf und lernte noch viele großartige Tierschützer aus Bulgarien kennen, so auch die Tierschützerin Adelina A., die mit Vera zusammenarbeitet. Eines Tages kam mir die Idee, selbst nach Bulgarien zu fahren, sie persönlich kennenzulernen und zu unterstützen. Und ich begann, ihr und ihren Hunden zu helfen, da sie fast einhundert bei sich aufgenommen hat.
Am 25. Juli 2012 war es also soweit, ich machte mich auf den Weg zum Flughafen in Frankfurt, um ca. 12 Uhr ging mein Flug nach Österreich und dann weiter nach Sofia, wo mich Vera und zwei ihrer Freunde abholten. Wir fuhren vom Flughafen in Sofia über ein paar Dörfer, in denen arme Menschen lebten, wo die Hunde den Müll durchsuchten und manche auch tot am Straßenrand lagen.
Im armen Teil von Sofia zeigte mir Vera, wo sie lebte. Ich war völlig sprachlos, als ich sah, dass die Gebäude kurz vor dem Zusammenfallen waren, aber in den Augen von ihr sah ich, dass sie froh war, wenigstens ein Dach über dem Kopf zu haben. Überall auf den Straßen lagen Müll, Dreck oder tote Tiere. Auf den Straßen waren unzählige arme Menschen oder auch Tiere, die ums Überleben kämpften. Leider gibt es dort auch viele Menschen, die Tiere quälen und töten, was die Tierschützer verhindern wollen. Wir alle wissen, dass wir nicht jedem helfen können, doch die Welt eines Tieres können wir retten. In Bulgarien wird sich nie etwas verändern mit den Tierschutzgesetzen, sie werden dort nicht beachtet und erfüllt. Tierschützer werden wie Dreck behandelt, wie ich auch persönlich erfahren musste, doch das wird mich nicht daran hindern, weiterhin zu helfen.
Nach einer Weile wurde ich an einem Hotel abgesetzt, in dem ich übernachten sollte, doch ich beschloss, dass ich lieber bei Adelina und ihren Hunden übernachten werde – deshalb hatte ich mich ja auf den Weg gemacht: für sie und ihre Hunde. Endlich war ich bei ihr, bei der tollsten Tierschützerin, die es je gab und geben wird. Adelina nahm mich mit Tränen in den Augen in Empfang. Ich wusste sofort, dass ich hier willkommen bin, und ich musste aufpassen, dass ich selber nicht anfing, zu weinen. Ihre Tochter war ebenfalls da, die beim Übersetzen half.
Die Angst, die mich vorher auf dem Flughafen überrannte, hat sich in Luft aufgelöst. Die Zeit wurde völlig vergessen, wir unterhielten uns bis in die Nacht hinein und lauschten aufmerksam den Stimmen der Tiere zu. Die Familie fragte mich, warum es so einen Unterschied gibt zwischen Bulgarien und Deutschland. Ich wollte nicht lügen. Ich sagte ihnen, dass Deutschland auch nicht immer das tollste Land auf Erden ist, wenn ich mir überlege, wie viele Tiermessies, Tierversuchslabore, Massenzüchter und Schlachtanlagen es gibt, wo Tiere schlimm misshandelt werden. Gabi, Vera, Simona, Adelina, ihrer Tochter sowie ihrer Mutter fehlten die Worte. Sie sagten, dass sie das nicht wussten.
Wir sprachen über die Hunde, die wir retten konnten und die nun glücklich in der Schweiz, in Österreich und in Deutschland leben und wie es ihnen heute ging. Wir sprachen über Hunde, die früher voller Panik waren. Hunde, die nur noch Haut und Knochen waren. Hunde, die mehr tot als lebendig waren und nun wieder voller Lebensfreude sind und Spaß am Leben haben. Man konnte es ihnen ansehen, dass sie über das ganze Gesicht strahlten und lachten. Vor allem aus Adelinas, Simonas und Veras Augen, die diese Hunde früher mit aller Kraft und Liebe versorgt hatten und immer an sie dachten, liefen die Tränen über das Gesicht.
Am nächsten Morgen gegen neun Uhr rief mich meine Mutter aus Deutschland an, die mir die freudige Nachricht mitteilte, dass die Rottweiler-Bracken-Mixhündin Semana, die schon oft Welpen hatte und die schon etliche Jahre bei Adelina auf ihre neue Familie wartete, endlich nach Deutschland durfte. Ich musste das Adelina sofort erzählen, denn Semana lag ihr sehr am Herzen. Adelina strahlte, als sie hörte, dass Semana zu uns durfte, nachdem sie von verschiedenen Leuten mehrmals Reservierungen und Absagen erhalten hatte. Wir bereuten es keinen Tag, diese kleine moppelige Hündin zu uns zu holen. Semana ist ein Hund unter vielen, die auf den Straßen geboren wurden und große Panik vor Menschen haben. Diese Hunde müssen sich lebenslang auf den Straßen misshandeln lassen, ohne dass sie sich wehren dürfen. Andere Hunde landen in Tötungsstationen, wo sie nach einer bestimmten Frist getötet werden.
Adelina bat mich, an einer Konferenz teilzunehmen, um zu erzählen, wie es in Deutschland ist, wie wir mit den Tieren dort umgehen, wieso wir meistens das Gesetz einhalten, und vieles mehr. Natürlich nahm ich teil, keine Frage. Ich sprach vor vielen Tierschützern, Tierärzten und Vereinen über das Leben in Deutschland, und wie wir die Dinge meistern und verstehen. Alle hörten gespannt zu, was ich – eine deutsche Tierschützerin mit gerade mal 16 Jahren – alles erlebt habe und bereit bin für den Tierschutz und die Tiere, mit allem was sie hat, um zu kämpfen. Die ganze Konferenz wurde im Fernsehen in Pernik ausgestrahlt. Viele waren davon begeistert, was eine junge Tierschützerin aus Deutschland alles erreicht hat, doch ich musste auch widersprechen. Ich habe nicht alles alleine geschafft – der Dank geht an meine Familie, vielen anderen Tierschützern und den tollen Leuten, die unseren Hunden ein besseres Leben ermöglicht haben. Nur so habe ich so viel erreicht, ohne ihre Hilfe wären viele Hunde, die keiner mehr wollte, einfach vergessen worden.
Am Ende besuchten wir die Hunde von Adelinas Freundin Toni. Sie rettet ebenfalls Hunde, aber mehr die älteren und großen. Die meisten davon leben auf einem Feld in einer Zwingeranlage, angebunden an einem Baum oder in einem zusammengefallenen Gebäude, wo sie jeden Tag von ihrer Retterin und Pflegerin Toni besucht werden. Ab und zu ist auch Adelina bei der Fütterung dabei. Die Zwingeranlagen sind kaputt, das Gras ist fast einen Meter hoch, und heruntergefallenes Holz vom Dach liegt bei den Hunden.
Nachdem wir bei Tonis Hunden waren, fuhren wir zu ihr nach Hause, wo sie noch Hunde hatte, die auf ihre neue Familie warteten. Der Tag verflog sehr schnell. Nach einer Weile fing es an zu regnen und zu gewittern. Wir fuhren in das Café, wo Adelina sich ab und zu eine Ruhepause gönnt. Nach einer Stunde gingen wir wieder zu ihr, da wir am nächsten Tag einen langen Tag haben würden.
Am nächsten Tag besuchten wir unsere Hunde, die bald bei uns in Deutschland sein würden. Super schöne Hunde! An einem weiteren Tag durfte ich bei einer anderen Tierschützerin übernachten, da Adelina arbeiten musste. Diese Frau lebte direkt in der Stadt Sofia, und vor dem Gebäude, in dem sie wohnte, war ein schöner Park mit vielen Blumen und zahlreichen Restaurants. Wenn man in dem Park war, sah man fast nur reinrassige Hunde vom Züchter, was sehr traurig war, mich aber nicht wunderte. Es gab in dem Park nur einen Hund, der mir besonders auffiel: ein großer Mischling mit einer Behinderung, er hatte einen Rollstuhl. Die Frau, bei der ich lebte, kannte diese Leute – sie sagte mir, dass diese tollen Menschen den Hund von der Straße gerettet hatten, sie lieben den Hund trotz seiner Behinderung.
Am Tag danach war es soweit, der Besuch in der Tötungsstation Seslavtsi stand bevor. Die Hunde leben dort unter schlimmen Zuständen, und die Tierschützer, die dort öfters sind, werden sich nie daran gewöhnen: alles ist dreckig, heruntergekommen, sehr dunkel und es stinkt. Leider findet man nicht nur Hunde und Katzen in Bulgarien, die in Not sind, sondern auch Pferde, die angebunden in der Sonne stehen und nur noch Haut und Knochen sind, Pferde die auf der Straße leben, aber auch Fohlen und Esel.
An meinem letzten Besuchstag war ich nicht bei den Hunden, mit Vera machte ich einen Stadtbesuch in Sofia, um ihre Kultur kennenzulernen. Es war wunderschön, all die schönen alten Kirchen und edlen Gebäude! Nun, es war klar, dass wir wieder Hunde sehen würden. Hunde, die an einer Bushaltestelle lagen, die auf den Straßen saßen und an Leuten vorbeigingen und nicht beachtet wurden. Alles Hunde, die schon jeder kennt, die schon seit Jahren dort leben und um Beachtung betteln.
Am nächsten Morgen hieß es für mich Abschied nehmen – das, was mir am schwersten fiel, denn ich hatte alle so ins Herz geschlossen. Als ich am Flughafen war, merkte ich, dass es sich falsch anfühlt, zu gehen. In Deutschland angekommen war es ein komisches Gefühl, allein schon zu wissen, dass ich sie alle für eine lange Zeit nicht sehen werde. Der Unterschied zwischen Deutschland und Bulgarien war einfach zu groß. Man kann es mit Bildern kaum beschreiben, man muss es persönlich gesehen haben, alles war so ausdrucksstark. Mein Gefühl und meine Gedanken ziehen mich sofort wieder nach Bulgarien. Im Sommer 2013 werde ich sie erneut besuchen gehen, ich freue mich schon.
© "Hundehilfe: Tiere brauchen einen Schutzengel": Beitrag von Michelle Hörr (Textbeitrag und Fotomaterial), 2013.
Die Geschichte von Michelle Hörr gibt es hier auch als kostenloses E-Book mit weiteren Fotos zum Herunterladen.
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