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Jessie hatte es nicht gerade leicht. Ihre liebevollen Eltern starben mitsamt dem ungeborenen Geschwisterchen bei einem Autounfall. Dann kam das Heim und mit ihm ein nicht enden wollender Kampf. Menschen können so gemein sein. Schon Kinder können das, wie Jessie lernt, weil sie oft die Zielscheibe aller möglichen Bösartigkeiten ist.
Um sich zu schützen und ihre Seele irgendwie überleben zu lassen, erschafft das Mädchen zwei Begleiter: Freddie und Sam. Freddie ist eine Art innere Stimme, die den Posten des vernünftigen Beraters innehat, und Sam – ja Sam ist eine spitzohrige Märchenfigur aus einem Wunderland. Seine lila Augen und sein durchdringender Blick sind für Jessie eins der wenigen guten Dinge in ihrem Leben.
Aber alles hat einmal ein Ende, auch die schlimmste Kindheit im Heim. Und Jessie lebt jetzt selbstständig in Grubingen, diesem langweiligen Städtchen, in dem nie etwas passiert. Außer der Tatsache, dass es hier sehr viel mehr Vermisstenanzeigen gibt als anderswo, ist es ein Ort wie jeder andere.
Jessie hat es noch immer schwer mit den Kontakten zu anderen Menschen. Freddie ist immer noch ihr bester Berater und drängt sie dazu, sich mit Menschen abzugeben. Guten Willens ist die junge Frau ja, aber dann passiert etwas sehr Sonderbares und Dramatisches: Sam ist zurückgekommen. Und er ist sehr real – mitsamt spitzen Ohren und lila Augen.
Real ist auch die Bedrohung durch einen bösartigen Zauberer oder Magier, der aus Forschungsinteresse am liebsten lebende Objekte ausweidet. Das sagt jedenfalls Sam, dessen wirklicher Name für Menschen nicht aussprechbar ist. Aber nichts ist wie es aussieht, was Jessie sehr eindringlich vor Augen geführt wird, als sie den Zauberer sieht.
Alles scheint anders, als es vorher ausgesehen hat. Ist die junge Frau nur eine Figur in einem perfiden Spiel oder liegt die Rettung der Welt an ihr?
"Todessamen", das Erstlingswerk der Autorin Nicole Siemer im Genre Fantasy, ist mehr als eine Fantasy-Geschichte. Psychologisch sehr dicht und sehr in die Tiefe gehend beschreibt sie genau, was passiert, wenn die Seele verletzt wird und wieso Opfer zu Tätern werden. Und wie schmal die Grenze zwischen Gut und Böse ist. So mancher hat sie überschritten, ohne es zu merken. Wie vielleicht auch dieser mittelalterliche Mönch, der nicht verstehen kann, wieso seine Ordensbrüder entsetzt sind, als sie ihn bei einer Vivisektion erwischen.
Das Taschenbuch von "Todessamen" umfasst genau 300 Seiten und wurde auch als E-Book veröffentlicht. Nicole Siemer schreibt auch Kurzgeschichten, die sie auf ihrem Blog dreiwoerter.de kostenlos zur Verfügung stellt.
© "Wie schmal ist die Grenze zwischen Gut und Böse?": Eine Rezension von Winfried Brumma (Pressenet), 07/2019. Der Autorin Nicole Siemer und dem Empire-Verlag danken wir für die Abbildung des Buchcovers.
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