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Seitenstarke Epen, in denen sich hunderte von Personen tummeln, können nichtssagender sein als ein Roman, in dem es um das wirkliche und wahre Leben geht. So ein lebendiges Stück zeitgenössischer Frauenliteratur durften wir mit "Sommerfest mit Fisch" lesen.
Die Autorin Sabine Bartsch erzählt in ihrem Roman tiefgründig und mit Humor die Geschichte von fünf Frauen, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Fünf Frauen, die neue Wege gehen und sich auch auf Wagnisse einlassen müssen. Dass sie das letztendlich gemeinsam tun, wird das Lernziel dieser zusammengewürfelten und absolut liebenswerten Truppe sein.
...dann hat sich einiges eingeschliffen: Der erste Lack ist ab, man ist den Fünfzig näher als den Vierzig. Und vielleicht dachte man, dass das Leben wie gewohnt dahinplätschert, bis man näher an den Siebzig als an den Sechzig ist. Doch das klappt nicht immer, denn so etwa in der Mitte des Lebens kann schlagartig alles anders sein. Animositäten sind fest installiert, ebenso die Vorlieben und leider auch manche Ansichten. Da ist es nicht unbedingt einfach, sich plötzlich auf andere Menschen einzulassen und, o weh: sich mit ihnen zusammenzutun.
Am allerleichtesten fällt das Greta von Kronbach, der Wechselfälle im Leben nicht fremd sind. Als Schauspielerin im mittleren Alter, ohne Engagement, und als letzter Mieter in einem Abbruchhaus wohnhaft, sieht sie ihrer eher wenig vorhandenen Karriere und der drohenden Obdachlosigkeit tapfer entgegen. Greta ist Optimistin, und zwar dermaßen, dass es manchmal nervig wirken kann. Ihr lila farbenes Fahrrad und unmöglich malerische Klamotten machen sie zu einem Paradiesvogel, der allerdings etwas gewöhnungsbedürftig ist.
Das krasse Gegenteil wäre die joblose Susan Feuerbach, deren Perspektive irgendwie abhanden gekommen ist und die trotzdem getreu der Devise "mehr scheinen als sein" ihren Freundinnen teure Delikatessen auftischt und so ein klein wenig empfindlich auf alles reagiert, das den etwas billigeren Zwirn trägt. Wenn sie nur endlich wieder einmal hinter die hohe und polierte Fassade schauen würde, die sie in vielen Jahren aufgebaut hat. Die hindert sie nämlich daran, ihr Leben wieder in den Griff zu bekommen, und irgendwie weiß sie das sogar. Alles ändert sich, als sie wieder Boden unter die nackten Füße bekommt, im wörtlichen Sinn. Und dann kommen ihr die tollsten Ideen.
Ganz andere Probleme hat Julie Morgenstern, die immer auf der Jagd nach der perfekten Story ist und mit ihrem Sohn alleine lebt. Der wandelt sich von jetzt auf plötzlich von einem verschmusten, lieben Kind in eine Art abweisendes Alien, das der menschlichen Sprache nicht mächtig ist. Julie hat ihr Kind alleine großgezogen, mit der seltenen und rein materiellen Unterstützung des Kindesvaters, worauf sie stolz sein kann und es durchaus auch ist. Aber völlig überfordert und in zunehmender Verzweiflung begriffen sieht sie ihr Leben langsam vor ihren Augen zusammenstürzen. Und so sucht sie, durchaus etwas beschämt darüber, ihr Heil bei Leuten, denen sie eine gewisse Erleuchtung und Weisheit zutraut, weil sie sich einfach keinen Rat mehr weiß.
Und so trifft Julie auf die Meditationslehrerin Indrani. Diese war in Indien, trägt Gewänder im Batikstil und lässt ihren Formen jede Freiheit unter Pumphosen und weiten Oberteilen. Und Rundungen hat sie viele, wie sie in einem Moment der klaren Spiegelsicht erkennen muss. Und das ganz materielle, greifbare, üppige Leben greift auf einmal nach ihr. Momente der Erleuchtung und der tiefen Meditation, des Eins-Seins mit dem Kosmos sind irgendwie mühsamer geworden – etwas hat sich verändert. Doch sie bleibt die, die sie ist: erdhaft und von großer Stärke, die tiefe Wurzeln hat. Trotz ihrer zeitweiligen Übellaunigkeit und ihrem tapfer bekämpften und wohl auch verleugnetem leichten Überdruss ist sie die tragende Figur in der ganzen Geschichte. Und für mehr als eine Überraschung gut.
Während die Frauen alle ihre Probleme bekämpfen und aussitzen, erlebt Mareike Rose einen Crash. Sie ist Anwältin, seit jeher in der Kanzlei ihres Vaters, die sie übernommen hat und die gut läuft. Sie wohnt auch im großen Haus ihrer Eltern und eigentlich sollte alles in Ordnung sein. Bis ihr Mann sie wegen einer jüngeren Frau verlässt. Das ist schon tausenden von Frauen passiert und wird auch noch tausenden passieren – aber Mareike ist stolz. Zu stolz, um zur Drama Queen zu mutieren und sie will das Ganze "fair" über die Bühne bringen. Ohne Wutausbrüche, Tränen, Rachepläne und was sonst noch guttut in so einer Situation. Dabei wäre es wohl gerade das, was sie bräuchte, um das Korsett abzustreifen, in das ihre Eltern sie von klein auf gezwungen haben und das sie nicht mehr wahrnimmt. Und das ihr über lange Zeit den Atem abgeschnürt hat. Etwas muss geschehen und es geschieht tatsächlich so manches. Mareike erkennt, dass sie genau das Leben führt, das von anderen für sie vorgesehen war. Und auch ihr Leben wird auf einmal angenehm chaotisch.
Und plötzlich kommt ein Gedanke auf, der eigentlich unmöglich scheint und sich aber trotzdem festsetzt – so wie Blütenstaub auf Stoff: wie wäre es mit einer Frauen-WG?
Diese Geschichte um fünf Frauen, die sich zum Teil lange kennen und zum Teil neu aufeinandertreffen, hat trotz der ganz realen Situationen und Probleme etwas Märchenhaftes. Unterschiede halten das Leben nicht auf, bremsen es möglicherweise ein klein wenig, damit man die Dinge aus einer anderen Sicht betrachten kann.
"Sommerfest mit Fisch" ist eine liebenswerte, zum Teil traurige, aber meist lustige Geschichte um Frauen und ihre Macken, ihre Probleme und das ganze Leben überhaupt. Das Buch der erfahrenen Autorin Sabine Bartsch sollte jede Frau im Bücherregal haben. Was Männer nicht hindern sollte, das Buch ebenfalls zu lesen und sich intensiv damit zu befassen.
Die Taschenbuch-Ausgabe "Sommerfest mit Fisch" umfasst 296 Seiten und wurde via Books on Demand im März 2020 veröffentlicht (ISBN 978-3750494978). Die E-Book-Ausgabe erschien im Mai 2020: Der Frauenroman von Sabine Bartsch ist in den üblichen Online-Bookstores erhältlich.
Weiterhin sind von Sabine Bartsch erschienen: "Das mit dir und mir" (dtv 2014), "A Song about Love" (BoD 2016), "Verlieb! Dich! Nicht!" (BoD 2017), "Diese ganze Herzscheiße" (E-Book 2018), sowie "Zwischen Jetzt und Morgen" (BoD 2019).
Vergessen Sie nicht, einen Blick auf die Webseite der Autorin (und ihrer Muse) zu werfen!
© "Unterschiede halten das Leben nicht auf": Eine Rezension von Izabel Comati und Winfried Brumma (Pressenet), 05/2020. Herzlichen Dank an die Autorin Sabine Bartsch für das Rezensionsexemplar!
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