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Eine Katastrophe, die Menschenleben kostet. Sehr viele Menschenleben. Und es gibt Verletzte, auch davon sehr viele. Eine davon ist Barbara, die im Koma liegt. Sie ist die liegende Frau, mehr als zwanzig Jahre lang.
Barbara ist bewegungsunfähig. Doch noch sind ihre Gedanken da. Zunächst verwirrt und bruchstückhaft dringen sie nach oben, so wie Papierschnitzel im Wasser treiben. Der "Sprache" nur bedingt in ihren Gedanken mächtig, nimmt sie Dinge wahr, die nur die liegende Frau "sieht". Langsam werden die Wörter zu Sätzen, und nur langsam bilden sie etwas, das sie verstehen kann.
Die liegende Frau bekommt einen Faden zu fassen, wickelt ihn langsam zu einem Knäuel auf. Sie zieht sich an diesem Faden durch Erinnerungen, durch ihr Leben. Ihr Mann, ihr Kind, ihre Ehe. Sie betrachtet die Bruchstücke und schiebt Puzzlestückchen hin und her, bis sich Bilder ergeben. Es ist anstrengend, und der Faden in ihren Händen zieht sie immer wieder über die Schwellen von Traum und Wachheit, Wahrheit und Fiktion.
Währenddessen liegt sie regungslos in ihrem Klinikbett, künstlich ernährt, aber atmend. Was in ihrem Umfeld geschieht, dringt zu ihr hinein. Manchmal eine bekannte Stimme, manchmal ein Radiosprecher. Wer aber ist Friedrich und wo ist Raoul, ihr kleiner Sohn?
Nimmt sie wahr, dass Erik sie immer noch besucht, sehr selten noch nach all den Jahren, aber immerhin? Und dann bewegt Barbara einen Finger.
Der Autor Wolfgang Ehemann spielt in seinem bestürzenden Roman meisterhaft mit der Sprache und versetzt uns in die Welt einer Komapatientin. Wir werden in die Welten der Wachen und der Träumenden hineingeführt, zuweilen auch in die Irre. Gibt es Hoffnung für die liegende Frau? Der Leser wird mit Barbara bis zur letzten Seite bangen.
"Die liegende Frau" ist eine unglaublich einfühlsame, aber auch unheimliche Geschichte um Bedauern – vor allem um das Bedauern um gelebtes und nicht gelebtes Leben. Wolfgang Ehemanns Roman gehört ohne Zweifel zu den Geschichten, die man nicht mehr aus dem Kopf bekommt. Wer weiß schon, was ein im Koma liegender Mensch tatsächlich denkt, fühlt, erlebt?
Neben einer 258 Seiten starken Taschenbuch-Ausgabe ist der Roman von Wolfgang Ehemann auch als E-Book erschienen. Die Buchveröffentlichung erfolgte im Oktober 2020 via Books on Demand (Lektorat: Dr. Karin Orbanz. Korrektorat: Katrin Meyer).
© "In den Welten der Wachen und der Träumenden": Eine Rezension von Winfried Brumma (Pressenet), 04/2021.
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