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Unheilige Kräfte erwachen in Shayna, nachdem sie einer Fremden das Leben rettete. Kräfte, für die sie von ihrer eigenen Familie aus dem Dorf vertrieben wird. Ihr bleibt nichts weiter als die Flucht ins Ungewisse, in einer rauen Welt, in der ein Menschenleben nichts zählt.
Shayna versucht alles, um diese Fremde wiederzufinden, die seit der schicksalshaften Nacht ihre Träume beherrscht. Doch genauso muss sie sich selbst finden, und das möglichst rasch. Denn ihre Kräfte entwickeln sich zu einem dunklen Schatten, der das gesamte Land vernichten könnte.
Die Autorin Sandra Gernt hat mit "Shayna" einen äußerst fesselnden Roman geschrieben, der sich – neben Spannung und Action – in weitere Genres einordnen lässt: historische Fantasy, Mythologie sowie lesbische Belletristik (lesbian romance). Weitere Informationen zur Autorin und ihren Büchern finden Sie kurz nach der Leseprobe.
Unser Buchtipp: (Werbelink) Die Taschenbuch-Ausgabe des 376 Seiten starken Romans "Shayna" wurde im Juli 2022 veröffentlicht. Im Online-Buchhandel ist die Geschichte auch als E-Book verfügbar.
"Komm her!" Die Frau starrte sie für einen kurzen Moment an. "Wenn du leben willst, komm zu mir! Hinter mich. Rücken an Rücken. Nun komm schon!"
Man hörte, wie erschöpft sie war und dennoch brannte das Feuer in ihr ebenso hell wie die Fackel. Es war vollkommen unmöglich für Shayna, sich der dunklen, starken Stimme zu widersetzen. Trotz aller Angst, die sie treiben wollte, schreiend fortzurennen, oder vielleicht auch weinend zusammenzubrechen, den Kopf unter den Armen zu verbergen und sich niemals wieder zu bewegen, gehorchte sie also. Mit wenigen langen Schritten war sie bei der Fremden, drückte sich Rücken an Rücken an sie. Erst jetzt begriff sie, dass sie tatsächlich noch immer ihre Trage mit dem Getreide umgeschnallt hatte. Krampfhaft versuchte sie ihr Bestes, um ihre Bewegungen an die der Frau anzupassen, die sich weiterhin ohne Unterbrechung wand und drehte; konzentrierte all ihre Sinne darauf, jeden Schritt aus den Augenwinkeln heraus zu erfassen.
"Nimm die Fackel. Los, nimm sie!"
Nur unwillig löste Shayna die Hand vom Amulett und nahm die Fackel an sich, stach nach den Schemen, die sie umflirrten wie Dampf, der an heißen Tagen über dem Waldboden aufstieg.
"Gib mir die Götterfigur!"
"Nein!" Erschrocken umklammerte sie die winzige Statue fester. Aymu hatte sie gefertigt. Es war ihr Verlobungsgeschenk, es war unendlich kostbar!
"Gib her!" Ungeduldig riss die Fremde ihr die Figur aus der Hand.
"Aber ... sie ist nicht gesegnet!" Shayna weinte, wurde ihr bewusst. Sie würde jeden Moment sterben, die Dämonen würden sie in Stücke reißen und es gab nichts, was sie dagegen tun könnte, außer mit einer faustgroßen Flamme umherwedeln. Wie sinnlos das alles war!
"Ich habe dich aus hundert Schritt Entfernung Yikas Namen rufen hören", entgegnete die junge Frau und klang bei diesen Worten amüsiert. "Wenn diese Figur nicht gesegnet ist, dann auch sonst nichts auf dieser Welt. Was glaubst du, warum du nicht längst von Dämonen gefressen worden bist?"
***
Shayna hatte viel Zeit zum Grübeln. Sie wachte, sie betete. Sie aß von den Vorräten, die ihr für den Heimweg geschenkt worden waren. Niemand würde ihr glauben, dass sie eine Nacht im Wald überlebt hatte. Sollte sie also den Sonnenaufgang tatsächlich erblicken, musste sie noch einige Stunden länger ausharren. Erzählen, wie sie einen Tag länger als geplant in der Nachbarsiedlung geblieben war, aus Freude über der Eheversprechen mit Aymu. Wie sie auf dem Heimweg Rechtlosen in die Hände gefallen war. Ja. Das würde begründen, warum sie so spät kam und erklären, warum sie zweifellos einer wandelnden Moorleiche ähnelte.
Es war zu früh, um schon zu hoffen ... Andererseits kamen die Schatten nicht mehr nah, auch dann nicht, als die Fackel längst erloschen war. Shayna konnte sie am anderen Ende der Lichtung erahnen, oder bildete es sich zumindest ein. Sie konnte Zischeln und Fauchen hören. Es genügte, um sie jedes Mal bebend vor Todesangst hochfahren zu lassen, wenn Erschöpfung und schiere Langeweile sie zu überwältigen drohten.
Ja, es sollte unmöglich sein, bei dieser Anspannung und Angst so etwas wie Langeweile zu verspüren. Und dennoch war es so. Die Nacht zog sich endlos, sie wollte schlafen, nach Hause, zurück zu Aymu. Hier still zu sitzen, zu beten, zu denken, nach den Schatten Ausschau zu halten, das zermürbte sie bis in die Knochen. Beinahe wünschte sie sich, angegriffen zu werden, damit die Zeit schneller verging!
Doch keine Dämonenfratze erschien vor ihren Augen, kein diffuses Schattenmonster griff nach ihr. Sie waren geschützt. Von irgendeiner Macht wurden sie und die Fremde beschützt.
***
"Wer bist du? Wie heißt du?", fragte Shayna. Sie wurde ignoriert, die Fremde klaubte ihre Klinge vom Boden, wischte sie an ihrem schwarzen Kleid ab und steckte sie in eine Gürtelscheide. Jetzt im Licht des Tages wurde deutlich, dass diese Frau keineswegs älter als Shayna sein konnte. Auch wenn sie sehr schlank und all ihre Muskeln hart trainiert waren, besaß ihr Gesicht noch eine gewisse jugendliche Weichheit. Die zahlreichen Wunden, die sie vom Kampf davongetragen hatte, mussten schmerzen, obwohl sie allesamt oberflächlich waren – Kratzer wie von Tierklauen an Armen, Oberkörper und Beinen. Nichts davon beeinträchtigte ihre Bewegungsfähigkeit.
Eine Weile stand sie regungslos da und starrte in Richtung Osten, als würde sie auf eine Stimme lauschen, die nur sie zu hören vermochte. Schließlich seufzte sie und wandte sich wieder Shayna zu, die sitzen geblieben war und diese fremde Gestalt beobachtete wie ein Wunder, das die Götter als Geschenk gesandt hatten.
"Du bist eine von uns, Kleines. Das hat dir bislang wohl keinen Kummer bereitet, doch jetzt sind die Geister erweckt und es gibt keine Rückkehr, keine Chance zur Flucht. Das hätten wir dir gerne noch eine Weile länger erspart, oder vielleicht sogar für immer. Ein Geburtsrecht muss keine Pflicht sein ... Du bist eine von uns. Das Leben wird niemals mehr einfach sein. Ich würde dich mitnehmen, aber du bist noch nicht bereit dafür, fürchte ich. Also warte noch etwa zwei Stunden und kehre dann heim. Auf bald! Wir werden uns hoffentlich erneut begegnen."
"Warte!", rief Shayna verblüfft, als die Fremde sich umwandte und mit raumgreifenden Schritten die Lichtung überquerte. Sie sprang auf, wollte ihr folgen, sie aufhalten, mit Fragen überschütten. Wovon hatte sie da gerade eben geredet? Hatte sie überhaupt zu ihr, Shayna gesprochen, oder zu sich selbst? Es hatte nicht geklungen, als hätte dies wirklich etwas mit ihr zu tun gehabt ...
Der Nebel wallte hoch und schien eine Barriere zwischen ihr und der Frau zu bilden. Die blickte noch einmal über die Schultern, schenkte ihr ein Lächeln, bei dem es Shayna seltsam warm im Bauch wurde – und verschwand. Wie ein Schatten war sie plötzlich fort und kehrte auch nicht mehr zurück, als Shayna nach ihr rief und suchte. Mindestens eine Stunde lang suchte sie nach Spuren und fand keine. Fast, als wäre das alles bloß ein Traum gewesen ...
Doch sie wusste, es war kein Traum.
Kein Traum konnte so furchtbar sein wie das, was sie letzte Nacht durchgemacht hatte.
Es war kein Traum. ...
Sandra Gernt darf man mittlerweile als erfahrene Autorin bezeichnen. In Dutzenden ihrer Geschichten, die sie seit 2012 verfasst hat, stehen Charaktere und Gefühle im Vordergrund. Auch wenn sie für das Setting häufig Fantasywelten wählt, sind episches Schlachtengetümmel bestenfalls Randerscheinungen – sofern überhaupt vorhanden. Action und Spannung dürfen nicht fehlen, doch dafür braucht es kein sinnloses Blutvergießen.
Sandra legt Wert auf emotionale Entwicklungen, eine niveauvolle Sprache und detailliert geschilderte Welten, in denen der Leser sich heimisch fühlen kann. (Homo-)Erotik ist für sie niemals Selbstzweck oder Seitenfüller, sondern sinnvoll und sinnlich in die Handlung integriert.
© Für die Leseprobe zur Buchvorstellung und die Abbildung des Buchcovers danken wir dem Telegonos-Verlag sowie der Autorin Sandra Gernt, 08/2024.
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Taschenbücher von Eleonore Radtberger sowie von Ilona E. Schwartz
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