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Clifford, Sohn der einflussreichen, höchst konservativen Familie Winslow, entdeckt in einer alten Familienbibel einen unkenntlich gemachten Namen. Warum hat jemand versucht, die Erinnerung an diesen Menschen auszulöschen? Er beginnt nachzuforschen und stößt dabei auf ein dunkles Geheimnis.
Rund 170 Jahre zuvor: Nathaniel Winslow wächst unter der strengen Herrschaft seines Vaters auf. Dieser besitzt hunderte Sklaven, die er schlechter als Tiere behandelt. Im Laufe der Jahre wird Nathaniel das Unrecht bewusst, das auf der Plantage tagtäglich und des Nachts im Schutze der Dunkelheit in und um das Haus geschieht.
Eines Tages begehrt Nathaniel auf – und löst damit eine Tragödie aus. Zwei Geschichten, zwei Leben, die miteinander verbunden sind – zwei Männer auf der Suche nach Liebe, Freiheit und ihrem Platz im Leben.
Unsere Leseempfehlung: (Werbung) Die Taschenbuch-Ausgabe von "Das Erbe der Winslows" umfasst rund 220 Seiten und wurde Mitte Juni 2024 veröffentlicht. Der bemerkenswerte Gay-History-Romance-Roman von Màili Cavanagh wurde auch als E-Book publiziert.
Ein paar Tage nach der Hochzeit stand Clifford erneut auf dem Dachboden, nachdem der Schrank fast gänzlich in Vergessenheit geraten war. Aber als Liz ihr Baby in die Wiege gelegt hatte, hatte er sich wieder daran erinnert und die Neugier hatte erneut von ihm Besitz ergriffen. Außerdem hielt er es für eine gute Möglichkeit, sich von seinen derzeit ständig im Kreis drehenden Gedanken abzulenken.
Vor allem von Jayden. Sein neuer Kollege, welcher Wirtschaftspsychologie studiert und vor zwei Monaten angefangen hatte. Dies war seine erste Stelle und Clifford hatte die Aufgabe bekommen, ihn einzuarbeiten – was eigentlich ein Kollege gemacht hätte, der aber krank geworden war. Was bedeutete, dass sie viel Zeit miteinander verbrachten. Clifford nahm ihn mit zu Terminen, zeigte ihm die korrekte Benutzung ihres IT-Systems ...
Es war seltsam, wenn er so dicht neben ihm saß und ihm der Geruch von Jaydens After Shave in die Nase stieg. Er wurde in Jaydens Nähe leicht nervös; seine Hände schwitzig, sein Mund trocken. Etwas, das ihm bisher noch nie passiert war und das ihn verwirrte. Verunsicherte. Peinlich war. Zuerst hatte er es für etwas Normales gehalten. Nervosität vor einem Neuen. Stress, weil er seine Einarbeitung zusätzlich zu seinem normalen Arbeitspensum auch noch schaffen musste. Doch er hegte den Verdacht, dass es das nicht war, sondern etwas anderes. Etwas, das nicht sein durfte. Nein, er wollte sich damit nicht beschäftigen.
Er öffnete das Fenster und warf einen Blick hinaus. Der Gärtner war dabei, Unkraut zwischen den Blumen zu zupfen. Zwei Schwäne schwammen majestätisch auf dem Teich. Der Himmel war, bis auf ein paar Schönwetterwolken, strahlend blau. Es war idyllisch. Nur zögernd riss er sich von diesem Anblick los.
Irgendwo hier musste doch dieser Schlüssel sein.
Obwohl er sich dabei schmutzig machte, suchte er in jeder Ecke und in jedem Winkel, rutschte auf Knien umher, um unter Regale und ausrangierten Sesseln zu schauen.
Vergebens.
Auch nicht auf dem Schrank oder an die Rückwand oder unter den Boden geklebt.
Seltsam.
Entweder war der Schlüssel verloren gegangen – oder jemand bewahrte ihn sorgfältig auf. Was noch merkwürdiger gewesen wäre. Schließlich besaßen sie einen großen Tresor, der im Büro seines Vaters stand, sowie mehrere Schließfächer bei diversen Banken. Und da lag definitiv kein herrenloser Schlüssel herum. Er kannte schließlich die Inhalte.
Blieben also nur zwei Möglichkeiten: Entweder fragte er seine Eltern, ob sie wussten, wo sich der Schlüssel befand, oder er brach den Schrank einfach auf. Nein, halt, da gab es ja noch eine dritte Möglichkeit. Er konnte die Sache einfach auf sich beruhen lassen. Grübelnd schürzte er die Lippen. Eine Unart, für die ihn seine Mutter ständig rügte. Unfeines Benehmen, seiner, eines Winslows, unwürdig. Ja, ja.
"Benötigen Sie Hilfe, Sir?"
Clifford verdrehte genervt die Augen. Er konnte keine drei Schritte gehen, ohne dass der dienstbeflissene John ihm auf den Fersen war. Er war der gute Geist dieses Hauses und seit über zwanzig Jahren für die Familie tätig. Er war treu ergeben und eine Vorzeigeobjekt eines Butlers. Stets korrekt gekleidet und seinen Dienstherren im besten Fall einen Schritt voraus, allzeit bereit, diskret, höflich, hundertprozentig loyal; mit einem tadellosen Ruf und makellosen Zeugnissen. Ein Butler alter Schule, der sich jedoch hervorragend mit der modernen Technik auskannte. Er verwaltete den Weinkeller sowie die Speisekammer, servierte das Essen, empfing Gäste und organisierte den Tagesablauf der anderen Angestellten wie auch Feste und Empfänge, Reisen und Veranstaltungen. Ihm half Madison, die Haushälterin.
Jetzt stand er in seinem schwarzen Anzug mit behandschuhten Händen neben ihm und wirkte so fehl am Platz wie ein Eiswürfel im Fegefeuer.
"Wie oft habe ich schon gesagt, dass ich nicht Sir genannt werden möchte?"
"Sehr oft, Sir ... Mr. Winslow!"
"Haben wir eine Brechstange?"
"Eine bitte was, Mr. Winslow?" Seine buschigen Augenbrauen wanderten in die Höhe.
"Eine Brechstange!"
"Ich werde eine besorgen."
"Vielen Dank!"
"Jetzt, Mr. Winslow?"
Clifford holte tief Luft. "Wenn es im Bereich des Möglichen liegt ..."
"Ich werde mein Bestes tun – Sir. Mr. Winslow!"
Es dauerte nur ein paar Minuten, bis er wieder da war. Skeptisch sah er sich auf dem Dachboden um. "Darf ich mir erlauben zu fragen, was Sie damit vorhaben, Mr. Winslow?"
"Den Schrank aufzubrechen."
"Oh!"
Clifford setzte die Brechstange an. Der Schrank war zwar massiv, sah jetzt aber nicht wirklich wertvoll aus.
Es krachte, splitterte, staubte. Der Butler trat einen Schritt zurück.
Clifford zögerte. Für einen winzigen Augenblick, für den Hauch einer Sekunde, erwartete er, wie in einem schlechten Kinofilm, darin ein Skelett zu finden.
Doch alles, was er entdeckte, waren drei Kleider, die an einer Stange hingen. Sie waren anscheinend sehr alt und mottenzerfressen, aber, soweit er es noch erkennen konnte, aufwendig gearbeitet. Eines davon schien einmal ein Brautkleid gewesen zu sein.
"Ich denke, wir können dieses Ungetüm entsorgen, John!"
"Wie Sie wünschen. Wenn Sie erlauben, würde ich mich dann wieder zurückziehen und alles Entsprechende organisieren."
"Natürlich!"
Nachdem John gegangen war, kniete Clifford sich hin. Auf dem Boden des Schrankes war noch etwas. Er zog es hervor.
Eine Hutschachtel. Er öffnete sie. Lachte auf. Ein schlichter Damenhut. Natürlich. Was sonst?
Doch als er ihn aus reinem Interesse hochnahm, kam zu seiner Verwunderung noch etwas zum Vorschein. Darunter versteckt lag ein Buch. Auf dem schwarzen Einband befand sich ein goldenes Kreuz. Eine Bibel. Der Rücken war verkohlt; als hätte man sie in ein Feuer geworfen oder fallen lassen und wieder herausgeholt.
Er nahm sie und schlug sie auf. Ein Foto fiel ihm entgegen. Es zeigte einen Jungen vor dem Anwesen; vierzehn, vielleicht fünfzehn Jahre alt. Clifford blinzelte. Von den Gesichtszügen her war dieser Bursche eindeutig ein Winslow. Aber er hatte ihn noch nie gesehen. Und dabei kannte er seinen Stammbaum in- und auswendig.
Er drehte das Foto um, doch zu seiner Enttäuschung stand dort nichts. Kein Name. Kein Datum.
Enttäuscht schlug er die Bibel auf. Jemand hatte etwas hineingeschrieben. Er fuhr mit den Fingern die Buchstaben nach.
Namen. Viele Namen.
Charles Emerson Winslow, geboren am 3. Januar 1800
verheiratet mit Mary Winslow, geboren am 23. Mai 1812, geborene Hanson,
gestorben am 19. September 1837
verheiratet mit Genevieve Winslow, geboren am 10. Juni 1816, geborene Dubois
Isaac Winslow, geboren am 23. März 1830
Anna Winslow, geboren am 8. Mai 1832
Adam Winslow, geboren am 27. November 1833
Jane Winslow, geboren am 11. Juli 1835, gestorben am 3. Dezember 1855
Und dann ...
Ein weiterer Name.
Durchgestrichen. Unleserlich gemacht. Unkenntlich.
Eine Existenz – ausgelöscht.
Wer sollte das sein? Und warum hörten die Eintragungen danach auf? ...
Die Autorin: Unter dem Pseudonym Màili Cavanagh schreibt die deutsche Autorin vorwiegend homoerotische Romane. 2015 erschien ihr Debütroman "Rough Ride – Rauer Ritt ins Glück". Zuletzt erschien 2022 ihr Science-Fiction-Roman "Die Verlorenen von Assandur".
© Für den Textauszug zur Buchvorstellung und die Abbildung des Buchcovers danken wir dem Telegonos-Verlag sowie der Autorin Màili Cavanagh, 07/2024.
Unsere Bücher gibt es auch im Autorenwelt-Shop!
Taschenbücher von Eleonore Radtberger sowie von Ilona E. Schwartz
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