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Im flackernden Schein eines einzigen Binsenlichtes saßen in einer Stube des Ortes Jesau die Bauern des Dorfes zusammen, um zu beraten. Das schwache Licht erleuchtete kaum die abgehärmten und kummervollen Gesichter der Männer, die von der Sorge um das Notwendigste gedrückt wurden. Es war Winter, und jeder hatte zwar hungrige Kinder, aber nichts, um deren Hunger zu stillen.
Scheunen und Keller waren leer, die Rauchfänge verwaist. Der Krieg hatte alles verändert und marodierende Banden fielen hier und da ein, um das Wenige zu rauben, und zuweilen auch einen beherzten Bauern, der von dem spärlichen Brot für sich und seine Familie nicht lassen wollte, mit einem Bajonettstich in der Brust liegen zu lassen.
Man hatte nicht recht ernten können und auch nicht säen, und jetzt war es Unzeit für alle Saat. Zudem marschierten die Franzosen auf den Ort zu, und die würden alles mitnehmen, was sie finden würden – und sie suchten immer sehr genau, kehrten das Untere zum Oberen. Sogar das Saatgut nahmen sie den Bauern und damit auch das Leben. Die letzte sorgsam gehütete Hafersaat würde dahin sein, einige wenige Säckchen Hoffnung. Wo die Soldaten durchgezogen waren, da gab es nichts mehr als das nackte Leben, und auch das war nicht sicher, wie manche Witwe bezeugen konnte. Wo Krieg herrscht, macht er nicht Halt vor den Armen und denen, die keine Uniform tragen, auch nicht vor dem Elend, das er vorfindet.
Die Männer saßen in Schweigen zusammen, bis einer anfing zu reden und seine Not zu beklagen – mal fiel dieser ein, mal jener – und würden Verwünschungen töten, so hätten die Jesauer Bauern in dieser Nacht das französische Heer besiegt.
Aber es war nur ohnmächtiger Zorn, der über dem Jammer lag, den die Männer empfanden, wenn sie daheim sahen, wie Frau und Kinder zusammen auf dem Lager ruhten, um sich zu wärmen in der Kälte, die der beständige Mangel erzeugt. Vieh zum Schlachten gab es nicht mehr, das letzte magere Huhn war schon vor langer Zeit gegessen worden. Vor Jesau lag eine schwarze Zukunft ohne Hoffnung.
Als die Bauern erschöpft schwiegen, sprach einer, der die ganze Zeit über kein Wort gesagt hatte, ein Alter, mit ebenso vielen Furchen im Gesicht wie ein wohlgepflügter Acker. Nicht ein Wort hatte er gesprochen, nur in den kläglichen Schein des Binsenlichts hatte er gestarrt, in Gedanken versunken. Nun aber sprach er in die Stille hinein ...
* * * Ende der Leseprobe aus unserem Buch * * *
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© Textbeitrag zur Legende "Die Schneesaat": Winfried Brumma (Pressenet), 2009. Bildnachweis: Schneelandschaft, CC0 (Public Domain Lizenz).
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