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Während die Nazidiktatur ihren Lauf nimmt, versuchen alle Schönaus, ihren Weg in den veränderten Umständen zu finden. Dorchen lernt das unschöne Gesicht des neuen Regimes kennen, muss Opfer bringen und ihr Leben grundlegend ändern. Heinrich hat seinen Platz gefunden und lässt die hinter sich, die ihn bisher begleiteten. Lotte konzentriert sich auf ihre Familie und versucht, unangenehme Wahrheiten auszublenden.
Der Krieg fordert den Schönaus unvorstellbare Verluste ab und stellt viele von ihnen vor schwere Entscheidungen. Das Kriegsende bringt nicht für alle gewaltlose Zeiten, die Familie findet sich vor neuen Prüfungen. Auch als diese überstanden sind, bleibt Lotte von Schicksalsschlägen nicht verschont. Ihr achtzigster Geburtstag am 9. November 1989 endet völlig anders, als sie es sich je hätte denken können.
Die ergreifende Familiengeschichte der Autorin Heike Wolf spielt in der turbulentesten Zeit des 20. Jahrhunderts. Das beeindruckende Stück Zeitgeschichte der Leipziger Familie Schönau beginnt zur Zeit des deutschen Kaiserreichs, aber auch der Zweite Weltkrieg, Diktatur und Besatzung bilden den Hintergrund für die Erlebnisse, Freuden und Probleme der Familie.
Das 504 Seiten starke Taschenbuch "Des Lebens labyrinthisch irrer Lauf (Die Schönaus 1935–1957)" wurde via BoD im Juli 2019 veröffentlicht (ISBN 978-3748189879). Der historische Roman von Heike Wolf ist auch als E-Book erhältlich.
Dorchen ging zum Telefon. "Vati."
"Dorchen, mein Liebes. Ich habe ... ich habe schlechte Neuigkeiten."
"Johann?" Dorchens Stimme brach, bevor sie zu Ende gesprochen hatte.
"Wir haben einen Brief aus Buchenwald bekommen." Wilhelm sprach nicht weiter. Dorchen wartete einen Moment und hielt es dann nicht mehr aus. "Was ist passiert? Vati, sag's mir!"
"Sie schreiben ... Johann ... Ach, Dorchen, unser Johann lebt nicht mehr."
Dorchen stieß ein ersticktes Schluchzen aus. "Die haben ihn umgebracht."
"Im Schreiben steht als Todesursache Blutkreislaufstörung, was auch immer das heißen soll."
"Können wir ihn holen? Ich will ihn sehen, ich bin sicher, die haben ..."
"Er wurde schon eingeäschert." Wilhelms Stimme klang dumpf.
"Siehst du, die haben was zu verbergen." Dorchens Schluchzen wurde heftiger.
"Möchtest du zu uns kommen? Sollen wir zu dir kommen?"
"Ich ... ich weiß nicht. Ich muss das ... Vati, ich muss jetzt erst einmal in Ruhe ..." Dorchen konnte den Satz nicht beenden.
"Du rufst an, wenn wir vorbeikommen sollen oder kommst her, ja?"
"Ja", sagte Dorchen erstickt und beendete das Gespräch.
August stand in der Türe zum Wohnzimmer, hinter ihm strahlte die Sonne durch die leicht geöffneten Fenster. Es war ein herrlicher, makelloser Sommertag.
"Dorothea, ich werde es nicht dulden, dass du derartigen Unsinn verbreitest."
Dorchen reagierte gar nicht auf August, sie wollte nur in ihr Zimmer und in Ruhe weinen. Sie ging an ihm vorbei, aber er griff sie und zog sie ins Wohnzimmer, schloss die Zimmertüre. "Ignorier mich nicht!"
"Ich weiß noch nicht mal, wovon du redest und es ist mir auch gleich. Johann ist tot."
"Das habe ich aus deinem Gespräch schon verstanden. Was sollte dein albernes Gerede vom Umbringen und dass es etwas zu verbergen gibt? Ich kann nicht dulden, dass du so redest."
"Es stimmt doch! Woran soll er denn sonst gestorben sein?"
"Der hat zum ersten Mal in seinem Leben richtig arbeiten müssen, das ist für einen arbeitsscheuen Alkoholiker eben nicht so leicht zu verkraften. Wer so etwas nicht packt, der hat ohnehin sein Recht auf Leben ..."
"Er wurde umgebracht! Deine ganze miese kleine SS, ihr seid alle Mörder! Wer euch nicht passt, der wird entfernt!"
Der Schlag war so heftig, dass Dorchen nach hinten an den Türrahmen flog und zu Boden fiel. August zog sie grob hoch.
"So etwas will ich nie wieder von dir hören!"
"Verdammte Mörder!"
Der zweite Schlag schickte Dorchen wieder zu Boden. August trat direkt vor sie und wimmernd schützte sie ihr Gesicht. Er versetzte ihr einen Tritt in die Seite, der ihr den Atem nahm.
Dann sagte er: "Nun hör mir gut zu, Dorothea. Du bist auf der falschen Seite, das ist nicht gut. Ich werde für diesmal so tun, als ob das hier nicht passiert ist, du bist verwirrt von der Trauer um deinen nichtsnutzigen Cousin, der für die Volksgemeinschaft nichts war als nutzloser Ballast. Aber wenn du noch einmal so etwas redest, dann wirst du die 'miese kleine SS' und ihre Lager besser kennenlernen, als du es dir in deinen schlimmsten Träumen vorstellst. Hast du mich verstanden?"
Dorchen dachte an Margrit, die schutzlos bei August zurückbleiben würde, wenn ihr etwas geschah.
Sie keuchte auf, als sie ein weiterer Tritt traf. "Ob du mich verstanden hast!"
"Ja", wimmerte sie.
"Du hast in deiner Trauer dummes Zeug geredet, das du so nicht meinst und nie wiederholen oder auch nur denken wirst, nicht wahr?"
"Ja."
August stieg über Dorchen hinweg. "Ich gehe jetzt zu meiner Versammlung. Es wird spät werden." ...
Die Erlebnisse der Familie Schönau in den Jahren 1935–1957 werden im Buch von Heike Wolf eindrucksvoll geschildert. "Des Lebens labyrinthisch irrer Lauf", ein beeindruckendes Stück Zeitgeschichte, ist der zweite Teil der Dilogie. Weitere Werke der Autorin sind über ihr Autorinnenprofil zu finden.
Lesen Sie mehr von Heike Wolf in ihrem Buch "Bürgerin aller Zeiten: Die Schönaus 1913–1933" (Leseprobe hier auf unserem Portal).
© Der besondere Buchtipp: "Des Lebens labyrinthisch irrer Lauf". Herzlichen Dank an die Autorin Heike Wolf für die Textauswahl aus ihrem Roman, 09/2019.
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