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Von Frühling und Sommer verwöhnt, macht die meisten Menschen der Herbst ein wenig traurig. Die Gärten werden für den Winter vorbereitet, und langsam aber sicher sieht man immer mehr abgeworfenes Laub auf den Gehwegen und in den Parks. Aber einige Schönheiten gibt es auch zu dieser Jahreszeit: die bunten Herbstblumen.
Die hübschen Herbstzeitlosen mit den zartlila Blüten sieht man auf Wiesen und in Parks, wo sie noch einmal so etwas wie frühlingshaften Blütenzauber verbreiten. Allerdings sind das recht giftige Schönheiten, denn schon im Frühling erscheinen ihre Blätter. Die wiederum kann man sehr leicht mit dem gesunden Bärlauch verwechseln, was schon zu vielen Vergiftungen bei unvorsichtigen Sammlern geführt hat. In den Blättern der Herbstzeitlosen ist ein sehr giftiges Alkaloid enthalten.
Goldruten kennt jeder, der gerne Herbstspaziergänge macht. Die üppig gelbblühenden Sträucher geben der Natur noch einmal so richtig Farbe, bevor die grauweiße Jahreszeit beginnt. Zu dem schönen Bild vom goldenen Herbst hat die Goldrute wohl zu einem großen Teil beigetragen.
Der Herbstpalette fügt ein weiterer giftiger Geselle einen kräftigen Farbton bei: der blauviolette Eisenhut. Die hübsche Pflanze wurde schon in der Antike benutzt, um unliebsame Menschen aus dem Weg zu räumen. Die trockenen und pulverisierten Knollen sind wahrscheinlich für viele ungeklärte Todesfälle verantwortlich. Entstanden sein soll der blaue Eisenhut der Legende nach aus dem tropfenden Speichel des Cerberus, der geiferte, als das Tageslicht ihn blendete. Die Pflanze war so berüchtigt, dass der Besitz im antiken Griechenland bei Strafe verboten war. Er wächst wild, wird aber auch in Gärten kultiviert.
Ab September und Oktober zieht der Mönchspfeffer seine Aufmerksamkeit auf sich. Auch diese hohe Pflanze trägt kleidsames Lila und erinnert an den Flieder, obwohl sie weitaus größere und üppigere Blüten hat. Außerdem hat sie einen angenehmen Duft. Der Name kommt wohl daher, dass man den Mönchspfeffer vor allem in Klostergärten kultivierte, da man ihm die Fähigkeit zur Senkung der Triebe zuschrieb. Das sollte das Keuschheitsgelübde der Mönche unterstützen. Inwieweit das von Erfolg gekrönt war, ist nicht bekannt.
Beliebt bei den meisten Gartenliebhabern ist die Chrysantheme, die Grande Dame der Herbstblumen, die auch Winteraster genannt wird. Es gibt sie in mehreren Farben, von weiß bis tiefrot, was ihr möglicherweise am besten steht. Wie aufgeplustert zieht sie den Blick auf sich und prangt geradezu in Fülle und Farbe. Sie bietet der schwindenden warmen Jahreszeit das innigste Ade, könnte der Dichter sagen. Allerdings hat die kapriziöse Dame auch ein hervorragendes Renommee. Kultiviert wurde sie schon im alten China, wo sie auch als Arzneipflanze, unter anderem gegen Bluthochdruck, genutzt wurde. In den konfuzianischen Schriften ist sie ein Symbol des Mutes. In Asien wurde die Chrysantheme sehr geschätzt und bewundert. So wie wir das auch tun, vielleicht nicht ihrer Symbolik, aber ihrer Schönheit wegen.
Wer sich mit Herbstdepressionen herumschlägt, wird beim aufmerksamen Schauen viele bunte Versprechungen auf eine Erneuerung nach dem Winter wahrnehmen können. Viele Blumen und Sträucher muntern uns mit Duft und Farbe auf, bevor die Natur ihren Schlaf antritt, der bis zum Frühling dauert, wo die allerersten Knospen erscheinen. Der Herbst ist eine Abschiedszeit, aber eine sehr schöne. Und der Winter hat auch seine Schönheiten.
© "Späte Schönheiten: Frühlingshafter Blütenzauber im Herbst": Textbeitrag von Winfried Brumma (Pressenet), 09/2019. Bildnachweis: Herbstzeitlose in voller Blüte, CC0 (Public Domain Lizenz).
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