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Traditionsreich ist sie mit Sicherheit, die Jagd. Ohne sie hätte es unser Zweig der Evolution wohl nicht so weit gebracht, das steht fest. Oder wäre vorzeitig ausgestorben. Es ist wohl nicht anzunehmen, dass die Menschen der Urzeit mit dem Sammeln von essbaren Pflanzen, Knollen und Wurzeln weit gekommen wären. Auch der legitimierte Eierdiebstahl bei den Wildvögeln war nicht so ertragreich, und Milchvieh war noch ebenso wenig erfunden wie der Ackerbau. Das kam später.
Aber auch dann musste der Speisezettel – so gut es ging – erweitert werden, um einige Braten und Rippenstücke. Allerdings ging es den Uraltvorderen wohl wie den Wölfen, deren Jagd nur zu etwa zehn Prozent erfolgreich ist. Wahrscheinlich kam man öfter ohne Beute heim, als man gehofft hatte. So ein Jagdausflug war harte Arbeit und nicht ungefährlich. Die Distanzwaffen wie Schleudern oder Speere waren zwar recht effektiv, aber nicht sehr leicht zu handhaben.
Ohne "Tuchfühlung" konnte die Beute nicht getötet werden in den meisten Fällen, und das konnte so manchen Jäger ein gesundes Glied kosten. Das war recht fatal bei der geringen Bevölkerungsdichte. Als die bewirtschafteten Äcker das Gesicht der Landschaft für immer veränderten, war das Jagen nicht unbedingt weniger notwendig. Es ging wie vorher auch um Felle, Knochen und Horn – Dinge, die notwendig gebraucht wurden. Zudem waren Missernten programmiert und damit das Leben des ganzen Clans in ernster Gefahr.
Durch die Viehhaltung wurde einiges einfacher für die Menschen, aber nicht so, dass man das Jagen völlig aufgeben konnte. Fallenstellen und Fischen waren, wo möglich, ein fester Bestandteil der Nahrungsbeschaffung.
So weit, so einleuchtend. Aber irgendwann war ein Zeitpunkt eingetreten, an dem die ganze Sache Spaß zu machen begann. Betrachtet man antike Darstellungen, wie zum Beispiel ägyptische Malereien, so macht es den Eindruck, als sei die Jagd ein ganz besonders beliebter Sport gewesen. Natürlich nur für die besseren Leute. Da wird ein Edler dargestellt, der mit seiner Liebsten, die neben dem Herrn der Szene kniet, auf einem Floß durch das Dickicht des Flussufers fährt, um Vögel zu jagen. Oder die herausragenden Taten des Pharaos selber, der an einem Tag dreißig oder mehr Tiere tötete.
Nun ja, man trug den frühen Hubertusjünger auf einer Sänfte zu einem mit Gazellen und ähnlichem vollgestopften Gehege, wo er aus sicherer Entfernung nicht daneben schießen konnte. Die Darstellungen gleichen sich, ob es sich um den Orient oder Europa handelt, in vielen Dingen. Man hatte den Spaßfaktor der Angelegenheit erkannt. Spätestens im Mittelalter wurde dann die Wilderei erfunden, die als Delikt mit hoher Straferwartung dafür sorgte, dass Reh und Hirsch nicht von hungrigen Leuten aufgegessen wurden, sondern auf der Tafel des Adels oder der Besitzenden landete. Schließlich war man nie sicher, dass genug für alle in den Wäldern fleuchte.
Die Jagd wurde endgültig zum elitären Zeitvertreib. Und wenn etwas in Mode kommt, bemächtigt sich ziemlich schnell die Narrenzunft der Sache. Der an und für sich geniale (aus der Sicht der Jäger) Gedanke, Greifvögel zum Beutegreifen abzurichten, trieb seltsame Blüten. Da war streng vorgeschrieben, wer sich welchen Vogels bedienen durfte, je nach Rang und Titel. Die Jagdhunde unterlagen in ihrer Anzahl auch den Vorschriften.
Das feine Klingen der Narrenschellen begleitete von da ab die Zunft der Jäger und verstummte bis heute nicht. Heute gibt es den Jagdtourismus, eine besonders interessante Variante. Man fliegt nach Afrika und kauft sich vorher das Abschussrecht für einen Löwen zum Beispiel. Da man nicht unbedingt viel Ahnung hat, wird man praktisch vor die Beute geführt. Man braucht nur noch mit dem Hightech-Gewehr großartig auszusehen und damit zu schießen. Selbst das gelingt so manchem Hubertustouri nicht, und es kommt zu erbärmlichen Szenen, bei denen die professionellen Jäger eingreifen müssen, um allzu großes Leiden, sprich geschäftsschädigende Zwischenfälle, zu beenden.
Scheinbar geht es bei der ganzen Unsäglichkeit um das Foto und die Trophäe, welche man am Schluss mit nach Hause nimmt. Hören Sie das feine Geläute? Hierzulande nun gibt es wie überall mittlerweile Leute, die das alles nicht sehr gerne sehen und ihre Meinung dazu sagen. Aber die Gegenargumente sind ja stark. Schließlich muss das Wild dezimiert werden, weil es den schönen deutschen Wald zerbeißt. Es gibt nämlich zu viel davon – nicht vom Wald natürlich – sondern vom Wild.
Das stimmt auch, werden doch viele Stücke eigens für den Abschuss gehegt und gezüchtet. Diese Gehege in unzugänglichen Waldgebieten erinnern stark an Pharaos Nachmittagsvergnügen. Die daraus entlassenen Tiere sind nur in wenigen Fällen schwer zu jagen. Grützbieder konstatieren manche Jagdgegner voller Naivität, man hätte das Geschäft der Auslese und Dezimierung den dafür geschaffenen Fachleuten, den Wölfen nämlich, überlassen sollen. Die hatte man allerdings schon vorher fast ausgerottet. Den Bären und den Luchsen sowie der Wildkatze ging es ebenso. Hatte wohl irgendwie mit Neid zu tun.
Zusammenfassend kann man also sagen, es wird ein falsches Verhältnis geschaffen, einzig zu dem Zweck, es auszugleichen. Weil der Ausgleich sportlich ist und dem Hl. Hubertus wohlgefällig, und außerdem einen Mordsspaß macht. Da dröhnt das Schellengeklingel wie das Geläute von Domglocken, könnte man meinen.
Die Jagd als Nahrungsbeschaffungsmaßnahme ist nicht mehr notwendig. Hierzulande und in den meisten Ländern Europas jedenfalls nicht. Es ist kein Wort darüber zu verlieren, wenn einer jagt, weil es überlebenswichtig ist.
Doch wenn einer jagt, weil es ihm Spaß macht, den Tod zu bringen – nun, darüber braucht man eigentlich auch kein Wort zu sagen – aber vielleicht könnte man die traditionsreichen Jägerhüte durch eine andere kleidsame Kopfbedeckung ersetzen.
© Textbeitrag und Abbildung zu "Gedanken zur Jagd": Winfried Brumma (Pressenet), 2010.
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