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Sie sind überall in den Städten, sie liegen malerisch auf Mauern und sonnen sich, oder sie beobachten sphinxhaft das Geschehen auf der Straße. Nachts oder in der Dämmerung sind sie in eigenen Angelegenheiten unterwegs, und ihre Liebesarien stören zuweilen empfindlich die Nachtruhe der Menschen.
Die Rede ist von den Katzen, neben den Hunden die beliebtesten Haustiere. Es gibt sie in vielen Variationen, kurzhaarig oder mit plüschigem Langhaar, schlank und grazil, oder kräftig wie Luchse. Obwohl sich die Feliden, mehr als die Hunde, den Zuchtdesignern widersetzen konnten, gibt es auch hier Züchtungen, die kein Mensch braucht – und erst recht keine Katze.
Die einst wunderschönen Perser erinnern mittlerweile eher an Möpse, die beeindruckend eleganten Siam sehen recht magersüchtig aus, und die haarlos gezüchteten Sphynx sind eine reine Qualzucht. Sie sollten den Menschen mit Katzenallergie die Möglichkeit geben, eine Katze zu halten. Das ging daneben, denn nicht die Haare sind die Auslöser, sondern die Hautschüppchen.
Aber vor allem gibt es das Heer der heiß und innig geliebten Hauskatzen, die gestromt, gefleckt oder einfarbig viele Couches und Sessel, und vor allem die Menschen als ihr Eigentum beanspruchen. Anders als Hunde sind die Miniaturtiger keine Eingeborenen in Europa, sie haben immer noch die Aura des Fremden und sogar des Unheimlichen. Ihre Heimat sind die sonnenverwöhnten Länder Afrikas und Ägyptens. Im altem Nilland waren sie hochgeehrt und wurden sogar als Gottheiten gesehen.
Die Göttin Bastet wurde als Katze dargestellt, manchmal auch als Mensch mit einem Katzenhaupt. Starb eine Hauskatze, wurde sie, wenn möglich, mit allen Ehren bestattet, und die Familienmitglieder rasierten sich zum Zeichen der Trauer die Augenbrauen ab. In vielen Tempeln, die der Bastet geweiht waren, fand man bei Ausgrabungen unzählige kleine Mumien von Katzen.
Die ägyptischen Kornspeicher wurden sehr gut bewacht von den faszinierenden Schönheiten, und es ist anzunehmen, dass man früh mit der Domestizierung begann. In Europa waren die Mäusejäger unbekannt, man behalf sich mit zahmen Frettchen und abgerichteten Hunden, um der Nagerplage Herr zu werden – beide Spezies sind recht gut zu gebrauchen dafür, aber Spezialisten auf dem Gebiet sind diese nicht. Als nun die Kreuzfahrer und Händler die ersten Katzen mitbrachten, zeigte sich schnell deren willkommene Begabung. Katzen sind unglaublich schnell und dabei geduldig bei der Jagd. Sie waren eine Art Wunderwaffe gegen die flinken kleinen Getreidediebe.
Katzen, die sich mit Menschen einlassen, kannte man bis dahin nicht. Die Europäische Wildkatze (Felis silvestris) ist nicht zähmbar und sehr scheu. Es wäre niemandem eingefallen, sich näher mit ihr zu befassen. Diese neue Tierart nun fand rasend schnell beides: Anhänger und Gegner. Es gab Zeiten, in denen eine Katze mit Gold aufgewogen wurde, oder ein hohes Bußgeld fällig war, wenn man den Mäusejäger des Nachbarn tötete. Auch gab es Zeiten, in denen die Tiere wohl geduldet waren, gab es doch sogar einen Papst, der – wo immer er sich befand – ein kleines Kätzchen im Ärmel mit sich herumtrug. Aber gerade die Kirche wurde oft zum ärgsten Feind der eleganten Einwanderer.
Der Aberglaube hatte die im Verdacht der Hexerei stehenden Menschen immer mit tierischen Dämonen ausgestattet. Oft mussten Ziegen diese undankbare Rolle übernehmen – das hatte einiges mit Hörnern und gespaltenen Hufen zu tun – vor allem aber, weil sie horizontale Pupillenschlitze besitzen. Alles in allem kamen die Ziegen dem Abbild des Teufels recht nahe.
Nun aber richtete sich das Augenmerk auch auf die Katzen, deren Sehwerkzeug sich in so faszinierender Weise den Lichtverhältnissen anpassen. Die fast lautlosen Nachtjäger mit den goldenen oder grünen Augen waren den Menschen nicht so recht geheuer. In der schlimmsten Zeit der Hexenverfolgungen starben viele Tiere neben ihren bedauernswerten menschlichen Besitzern auf dem Scheiterhaufen. Und sehr viele davon waren Katzen, die als Teufelsboten angesehen wurden. Heutzutage sind sie fast rehabilitiert, außer bei sehr abergläubischen Menschen, die größeres Unglück erwarten, wenn eine schwarze Katze ihren Weg kreuzt.
Immer mehr Menschen genießen die Gesellschaft der Stubentiger, denn wenn eine Katze sich entschlossen hat, einen Menschen zu mögen, dann gibt sie wirklich viel. Katzen unterwerfen sich nicht, wie ein Hund das tut. Obwohl manche Katzen in Rudeln oder Verbänden zusammenleben und dann auch ein erstaunliches soziales Gefüge aufbauen, leben die meisten Arten solitär. Es liegt nicht in ihrer Natur, blind zu gehorchen. Sie beobachten ihre Menschen allerdings sehr genau, und wenn sie sich wohlfühlen, entsprechen sie gern den Wünschen ihrer Menschen.
Über Katzen sind viele landläufige Irrtümer im Umlauf – so glauben viele Menschen, dass die Samtpfoten nicht den Menschen, sondern eher ihr gemütliches Zuhause lieben. Das ist mit Sicherheit nicht wahr, wie viele Geschichten belegen. Die Katze ist ein ebenso treuer Freund wie ein Hund – dafür sorgt ihre Unbestechlichkeit. Ist sie gut gehalten und fühlt sich geliebt und umsorgt, entwickelt sie ein unglaubliches Verhaltenspotenzial.
Die hervorragenden und mit einem Zwanzigersatz von Rasierklingen ausgestatteten blitzschnellen Kämpfer lassen sich von tapsigen Kleinkindern als Plüschtier missbrauchen, ohne auch nur ein leises Fauchen von sich zu geben. Sie spüren die Stimmungen ihrer Menschen und therapieren allein durch ihre schnurrende Präsenz einiges an Stress fort. Und tatsächlich sind sie durchaus bereit, mit Hunden so etwas wie einen Burgfrieden zu wahren. Es kann sogar vorkommen, dass Hund und Katze aneinandergekuschelt auf der Decke liegen oder miteinander spielen. Sobald einige körpersprachliche Missverständnisse ausgeräumt sind, klappt das Zusammenleben meist wunderbar.
Außerdem, es gibt kaum etwas hinreißenderes als eine verspielte junge Katze. Wer sich eine Katze als Freund aussucht, vorausgesetzt diese ist einverstanden, lässt sich auf eine lange und feste Freundschaft ein. Und eines ist faszinierend: anders als domestizierte Hunde, die ja psychisch ewig im Welpenalter verbleiben, hat die Katze niemals das Raubtier abgelegt. Unter dem seidigen Fell steckt noch immer der Tiger.
Was die Schöne aus dem fernen Afrika gibt, offeriert sie freiwillig und rückhaltlos. So gesehen, kommt das der Freundschaft, wie wir Menschen sie sehen, ziemlich nahe. Erweisen wir uns dessen als würdig.
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© "Die Katze: Freund, Gottheit und Dämon": Textbeitrag und Foto Winfried Brumma (Pressenet), 2010.
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