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In den letzten Tagen des Dezembers dreht sich, vor allem was die Christenheit betrifft, alles um ein kleines Kind, das einfachen Eltern unter nicht ganz so glücklichen Umständen geboren, aber dafür sehr geliebt und auch von ganzem Herzen gewollt und erwartet wurde.
Kinder sind bei allen Völkern der Erde etwas Kostbares, sie bedeuten in gewisser Weise Reichtum für ihre Eltern, aber mit Gewissheit sind sie so etwas wie eine Altersvorsorge. Das ist durchaus kein Zynismus, denn Kinder stehen auf den Schultern ihrer Eltern, so wie diese auf denen ihrer Erzeuger standen – und so schließen sich die Kreise.
Die Ahnenverehrung, die man vor allem aus Asien kennt, ist eine Ehrbezeugung aller Familienangehörigen – der Verstorbenen ebenso wie der Lebenden. Ohne Kinder ist das Leben nicht denkbar, sie nehmen uns die Fäden aus den müden Händen und machen dort weiter, wo wir aufhören müssen – das ist die ungefähre Sicht dieser Dinge seit Jahrtausenden.
Die Fruchtbarkeit der Frau sowie etwaige Kinderlosigkeit wurde grundsätzlich am weiblichen Teil festgemacht. In vielen Kulturen kann eine Ehefrau immer noch verstoßen werden, wenn sie nicht in der Lage ist, zu empfangen. Die Unkenntnis oder aber Verdrängung männlicher Zeugungsunfähigkeit hat wahrscheinlich viele Dramen verursacht und vielen Frauen das Leben zerstört. Man behalf sich mit Nebenfrauen, deren Kinder anerkannt wurden oder aber mit Adoption, wie das vor allem im antiken Rom Usus war, wenn der Nachwuchs ausblieb.
In unserer Zeit werden die Verhütungsmethoden immer optimierter, ebenso die Verfahren, die Frauen zu Schwangerschaften verhelfen sollen. Wo einerseits Schwangerschaften aus vielerlei Gründen verhindert werden, sind andererseits viele Paare von dem Wunsch nach eigenen Kindern geradezu besessen und tun alles Menschenmögliche, um sie zu bekommen. Adoption ist eine der Möglichkeiten, die es gibt. Die Gesetze sind nicht in allen Ländern sehr streng, so dass halblegale Verfahren selbst großen Raum in Europa haben.
Der Gedanke, dass Menschen, die keine eigenen Kinder bekommen können, sich derer annehmen, die in Heimen von einer eigenen Familie träumen, ist bestechend. Auf diese Weise wäre für alle gesorgt, könnte man meinen. Das würde auch tatsächlich funktionieren, wenn der Wunsch nach Kindern vor allem in dem Willen gründete, kleine Menschen heranwachsen zu sehen, ihnen alles zu geben was sie brauchen an Zärtlichkeit und Liebe, sie auf ihrem Weg zu führen und ihnen das Leben lebenswert zu machen. Dieser Idealfall würde die Frage nach Blutsverwandtschaft gar nicht erst aufkommen lassen, sie wäre eher unwichtig.
Nun ist es so, dass dies leider nicht der kardinale Grund für den Kinderwunsch ist. Es ist nicht jedem Menschen gegeben, sich völlig auf diese ungeheure Arbeit des Pflegens und Erziehens wirklich in allen Konsequenzen einzulassen. Doch kommt Nachwuchs, muss man sein Bestes geben, um der Aufgabe gerecht zu werden. Der eigene Nachwuchs wird – wohl kaum immer bewusst – als Möglichkeit gesehen, das eigene Leben weiterzuführen, auch wenn die Natur eine Grenze durch den Tod setzt. Eltern projizieren oft die eigenen Wünsche und Vorstellungen auf ihre Kinder, die sie als kleine Ausgaben ihrer selbst sehen. Möglicherweise steht dieses Verlangen als Antrieb vieler Paare, die von Klinik zu Klinik ziehen, um sich langwierigen Behandlungen zu unterziehen.
Aber wie steht es nun mit Menschen, die aufgrund ihrer Situation nicht auf natürlichem Wege Eltern werden können? Alleinstehende Menschen, die sich nicht auf eine Beziehung einlassen möchten oder homosexuelle Paare beiden Geschlechtes? Lesbische Paare haben immer die Möglichkeit einer künstlichen Befruchtung, schwule Eltern müssen auf Adoption oder Leihmutterschaft zurückgreifen. Nun ist es so, dass gute Eltern einfach gute Eltern sind – ob es sich nun um zwei Männer oder zwei Frauen handelt ... das spielt nicht wirklich eine Rolle. Wer sich für den Elternweg entscheidet, sollte die Möglichkeit haben, das zu verwirklichen, wenn es denn aus den richtigen Gründen geschieht. Dies gilt für alle Varianten des sozialen Zusammenlebens.
Ein Mann und eine Frau sind nicht das einzig richtige Modell, wie viele Fälle aufzeigen, die das Scheitern an dieser Aufgabe dokumentieren. Es kommt einzig und allein auf die innere Bereitschaft an, und die ist nicht an althergebrachte Modelle gebunden. Nur wäre es wünschenswert, diese Gedanken – oder sollte man eher sagen "Emotionsfalle" – zu umgehen, und nicht auf biologische Verwandtschaft zu setzen. Viele Eltern und Kinder haben sich nichts zu sagen und können die menschliche Kluft, die sich aufgetan hat, nicht überbrücken, obwohl sie blutsverwandt sind – im Gegensatz dazu halten Wahlverwandtschaften oft ein Leben lang. Es kommt nicht auf die Matrix an.
An der Variante der Leihmutterschaft ist etwas fürchterlich falsch, auch wenn es freiwillig und aus wirtschaftlichen Gründen geschieht. Es wäre wohl einfacher, einem Kind zu erklären, wieso man es adoptiert hat und was dazu geführt hat, dass es neue Eltern brauchte – auch wenn der Schmerz durchgestanden werden muss, dass die biologischen Eltern sich von ihrem Kind getrennt und sich nicht weiter damit befasst haben. Nachzuvollziehen ist auch – wenn vielleicht erst einmal schwierig – dass eine Mutter ihr Kind freigab, weil sie wusste, dass es tatsächlich besser war. Das ist nicht einfach eine Ausrede, sondern viel erlebte Realität.
Aber wie sagt man einem Kind, dass es aus einem gekauften biologischen Brutkasten kommt? Wir müssen die Sichtweise, was die Elternschaft betrifft, tiefgründend ändern. Nicht die Biologie ist wirklich maßgebend, sondern die innere Einstellung dazu. Wer sich verhält wie eine Mutter oder ein Vater, ist auch tatsächlich eine(r) – das hat mit Blutsverwandtschaft nichts zu tun. Die geliebten Kinder müssen da keineswegs ein Produkt der eigenen Gene sein – umgekehrt ist das ebenso. Und wer ehrlich ist, wird wohl zugeben, dass viele Menschen sich vorbildlich um ihre Haustiere kümmern und vieles auf sich nehmen, hohe Kosten inklusive, um sicherzustellen, dass es diesen gut geht, sie sanft erziehen und sie wirklich lieben. Verwandt sind sie mit Sicherheit nicht mit ihnen.
Es wird Zeit, dass wir die Dinge anders sehen, denn Kinder gehören nicht zum Prestige – es gibt so viele von ihnen, die Hilfe brauchen. Daher ist es unsinnig, mit allen Mitteln neue "herstellen" zu wollen.
© "Emotionsfalle Kinderwunsch. Gedanken zum Prestigeobjekt Kind": Textbeitrag und Foto Winfried Brumma (Pressenet), 2010.
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