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"Die letzte Seite" ist der zweite Roman aus der "Denisa"-Reihe von Julia Rösner. Band I "Licht im Nebel" wurde bereits im Oktober 2019 veröffentlicht. Band II, aus dem wir nachfolgend eine Leseprobe präsentieren dürfen, erschien kurz danach im Dezember 2019. Die Reihe endet im April 2020 mit dem dritten Band: "Klingende Saiten" lautet der Name dieses Buchtitels.
Inhalte von Rösners Geschichten sind unter anderem der Umgang mit Trauer und Abschied, Gedanken über Leben und Tod, die Bewältigung von Familienproblemen, das Einlassen auf unerwartete Erfahrungen, sowie Zuversicht und Hoffnung.
Eigentlich hat Mia alles gehabt: eine glückliche Kindheit, eine beschauliche Heimat und liebende Eltern. Und doch war ihre Jugend erfüllt von verletzenden Konflikten.
Als die junge Frau Anfang zwanzig nach monatelanger Abwesenheit wieder in das Haus ihrer Eltern zurückkehrt, muss sie sich der lebensbedrohlichen Krankheit ihres Vaters und den Geistern ihrer Vergangenheit stellen. Begleitet wird sie von ihrer Freundin Denisa, die im Laufe der folgenden Wochen ihrerseits einige neue Erfahrungen und eine seltsame Entdeckung macht.
Wird es Mia und ihren Eltern gelingen, in der noch verbleibenden Zeit die Wunden der Vergangenheit zu heilen?
Unser Buchtipp: Die Taschenbuch-Ausgabe (via Books on Demand, ISBN 978-3750429826) des Familienromans "Die letzte Seite" weist rund 190 Seiten auf. Alle Romane von Julia Rösner sind geeignet für Jugendliche ab etwa 14 Jahren.
Mias Vater machte ein erstauntes Gesicht beim Anblick der vielen Personen in seiner Bibliothek, aber er schien erfreut zu sein, Denisa zu sehen, denn er begrüßte sie mit einem freundlichen Händedruck. Nicht weniger erstaunt sah er aus, als er den Geigenkoffer erblickte, doch Bernd war mit einer Erklärung gleich zur Stelle:
"Die Damen möchten Violine lernen, und ich dachte, da sind sie bei dir genau richtig."
Mias Vater betrachtete den Geigenkoffer, den sein Freund ihm auf den Schoß gelegt hatte. Es war seltsam für Mia, ihn damit zu sehen, denn für sie war ihr Vater immer ein technisch und handwerklich begabter Mensch gewesen. Natürlich hörte er gerne Musik, aber nie hatte sie ihn mit einem Instrument in Verbindung gebracht. Wenn jemand in ihrer Familie ein wenig musikalisch war, dann war es wohl Rosi, aber auch sie hatte schon seit Jahren nicht mehr auf ihrer Gitarre gespielt. Offensichtlich war dies eine Seite ihres Vaters, die Mia noch nicht kannte, und das alleine war irgendwie spannend.
Sie trat neben seinen Sessel und sagte: "Wir haben das Stimmgerät von Mama im Keller gefunden."
Er nahm es entgegen, betrachtete es kurz, legte es dann neben sich auf den Tisch und öffnete den Geigenkoffer.
"Das ist aber schon sehr lange her", brummte er, doch es klang irgendwie amüsiert. Und auf einmal fühlte sie sich stark an ihre Kindheit zurück erinnert, wenn sie hier mit ihrem Vater gesessen und er ihr etwas erzählt oder erklärt hatte. Meistens war es um irgendwelche Bücher oder Autoren gegangen oder um technische Geräte und ihre Funktion. Zum Beispiel hatte er ihr hier erklärt, wie ihr Radiogerät funktionierte, bevor sie es dann zusammen im Schuppen repariert hatten. Schöne Erinnerungen waren das. Schöne Erinnerungen an unbeschwerte Zeiten zusammen.
Denisa stand ein wenig abseits. Es wirkte so, als wäre es ihr unangenehm, in diesen Privatraum einzudringen. Zwar war sie bei ihrem ersten Besuch schon einmal hier gewesen, doch auch jetzt betrachtete sie beeindruckt die schönen, großen Regale voller Bücher. Als Mias Vater nun aber die Violine aus den Kasten herausnahm, kam auch sie näher. Er hielt das gute Stück hoch und betrachtete es.
"Das ist ein schönes Instrument", meinte er dann und warf einen Blick zu Denisa hoch, die daraufhin noch einen Schritt näher kam.
"Sie gehörte meinem Opa. Ich habe sie mitgenommen, als ich Omas Haus ausgeräumt habe", erklärte sie ihm.
Mias Vater drehte die Violine in den Händen und ließ so das Licht der Lampe auf ihrem glänzenden Körper tanzen.
"Ein schönes Erinnerungsstück", murmelte er. Dann legte er das Instrument zurück in den Koffer, der noch immer auf seinem Schoß lag, winkte Denisa ganz nahe zu sich und nahm das Stimmgerät in die Hände. Geduldig ließ sich Mias Freundin erklären, welche Saiten es an der Violine gab und wie diese gespannt wurden.
Bernd indes verließ den Raum mit der Flasche Wein in der Hand, nachdem er verkündet hatte, Gläser holen zu wollen. Mia ließ sich auf das kleine Sofa nieder, das auf der anderen Seite des Raumes vor dem Regal stand, gegenüber dem Sessel ihres Vaters. Still beobachtete sie, wie Denisa sich brav alles erklären ließ und wie ihr Vater dann die Violine stimmte. Sie freute sich, dass ihre Freundin auf Anhieb so gut bei ihm ankam, aber auf einmal spürte sie tief in sich noch ein anderes Gefühl erwachen. Seltsam war es und ungewohnt. Unangenehm. Sie konnte es nicht recht einordnen.
"Haben Sie schon einmal gespielt?", fragte ihr Vater Denisa, während er das Stimmgerät und den Koffer beiseitelegte. Nachdem sie verneint hatte bedeutete er ihr, den kleinen Fußschemel neben seinen Sessel zu schieben, und sich darauf zu setzen. Er gab ihr das Instrument in die Hand und zeigte ihr, wie sie es auf ihrer Schulter platzieren musste. Die Art, wie er dabei hinter ihr herum langte und ihren Kopf in die richtige Position schob, berührte Mia unerwartet tief. Dieses ungewohnte Gefühl in ihr wurde unkontrollierbar stärker und stärker, und auf einmal war ihr klar, was es war: sie war eifersüchtig auf ihre Freundin! ...
© Herzlichen Dank an die Autorin Julia Rösner für die Leseprobe aus ihrem Familienroman "Die letzte Seite" und die Abbildung des Buchcovers, 01/2020. Schaut euch auch die Videos auf dem Youtube-Kanal der Autorin an!
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