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In ihren biografischen Erinnerungen erzählt Gustel Strasser vom bewegenden Weg ihres Lebens. Dieser führte sie von der glücklichen Kindheit im Danziger Land, über die Flucht vor der Roten Armee erst nach Dänemark und dann in die damalige DDR bis nach Aldingen auf der Schwäbischen Alb. Dort findet sie ihre große Liebe, gründet eine Familie und baut zusammen mit ihrem Mann einen erfolgreichen Landwirtschaftsbetrieb auf.
Feinsinnig und doch in einer klaren Sprache berichtet sie von Erfolgen und Niederlagen, von Zeiten des Glücks und von Zeiten des Verlusts.
Gustel Strassers Buch ist ein eindringlicher, ehrlicher und tief berührender Bericht, der bis an die Wurzeln des Lebens reicht. In ihrer Biografie spiegelt sich das schwere Dasein einer ganzen Nachkriegsgeneration, die ihren Platz im Leben nicht nur finden, sondern sich erkämpfen musste, aufgewachsen inmitten von Flucht, Hunger, Tod, Fremdenfeindlichkeit und dem Neuanfang.
Die gebundene Ausgabe von "Die Wurzeln meines Lebens" umfasst runde 60 Seiten (ISBN 978-3960040675). Gustel Strassers biografische Erinnerungen wurden in einer überarbeiteten Auflage im Oktober 2020 vom Verlag BookOnDemand vabaduse herausgegeben.
Viele Märchen fangen an mit: "Es war einmal." Aber dies ist mein Leben und kein Märchen.
Wurzeln meines Lebens stammen aus dem Freistaat Danzig, dem ehemaligen Westpreußen, dem Kreis Großer Werder. Der Freistaat Danzig hat eine wechselhafte Geschichte hinter sich. War mal polnisch, dann wieder deutsch. Und jetzt ist es wieder unter polnischer Verwaltung.
Meine Eltern, Vater 1891 geboren, Mutter 1896 geboren, lernten sich sehr jung kennen und heirateten auch sehr jung. Sie arbeiteten bei einem großen Gutsbesitzer als Tagelöhner. Mein Vater auch als gelernter Wagner. Zusätzlich zu ihrem Lohn erhielten sie auch ihr Deputat, in Form von Weizen, Roggen und Gerste. Weitere Lebensmittel bauten sie auf ihrem zugeteilten Stück Acker an.
Auch Geflügel, Schweine und Kaninchen gehörten dazu. Unser ganzes Dorf war eine Gemeinschaft und hier wuchs ich als jüngstes Kind auf.
Unsere Kate stand an der Dorfstraße, die am Teich entlang zum Gutshof führte. Meine Eltern erzählten mir, dass ich oft zu meinem Vater zum Gut gerannt bin. Einmal stand ich auch in der großen offenen Einfahrt und sah keinen Menschen auf dem Hof.
Damals waren die Bullen circa 30 Zentner schwer und so ein Vieh stand mitten im Hof mir gegenüber. Darum hatten sich alle in den Ställen in Sicherheit gebracht. Als sie mich in der Einfahrt erblickten, ist ihnen fast das Herz stehen geblieben. Aber einer musste raus, schnappte mich und schon stand das Monster da.
Auf der anderen Straßenseite von unserem Elternhaus ging es ein Stück runter zu einem kleinen Bach. Bergauf war links der Friedhof mit der Kirche und gegenüber war die Dorfschule. Ich muss ja wohl in der ersten Klasse gewesen sein und lief nach Hause zum Bach und von weitem sah ich einen schwarzen Mann (Schornsteinfeger). Bin vor lauter Angst in den Bach gefallen.
Die Winter waren immer sehr kalt und schneereich. In den Schneeburgen konnten wir drinstehen und spielen. Wir alle Dorfkinder hatten immer viel Spaß miteinander. Natürlich gab es auch mal Streit zwischen uns. Bei einem Streit bekam ich einen Schubs, wobei ich so hinfiel, dass ich mir ein Handgelenk brach.
Vom Krieg wussten wir Kinder noch nichts. Erst als unser Vater mit 54 Jahren zum Volkssturm eingezogen wurde, klärte uns die Mutter auf.
Unser Nachbar drängte unsere Mutter einige Sachen zu packen, um flüchten zu können. Er war älter als unser Vater und war deswegen noch zu Hause. Auf einem großen bespannten Leiterwagen, der vollgepackt war, hatten wir beide Familien auch noch Platz.
Als wir an der Landstraße ankamen, gab es kein Weiterkommen. Diese war total verstopft von Flüchtlingstrecks aus Ostpreußen. Also hieß es wieder nach Hause fahren. Unser vollgepackter Planwagen bog in die Dorfstraße ein, wo man schon von weitem unser Haus sehen konnte.
Der Nachbar sagte zu unserer Mutter: "Meta, guck mal, wer da vor eurer Haustüre sitzt."
Es war mein Vater.
Ratlos war er vor der Haustüre stehen geblieben. Niemand kann sich vorstellen, was das für unsere Eltern bedeutet hat. Unser Vater war wieder da. Nun wurde schnell ein Schwein geschlachtet und eingepökelt, damit wir was zu essen haben, wenn wir wieder zurückkommen.
Die zweite Flucht nahm unser Vater in die Hand. Vaters Bruder, Onkel Heinrich, lebte einige Kilometer von uns entfernt auf einem Bauernhof mit seiner Familie. Von hier aus sollte es nach Stegen an die Ostsee zu einer Tante von Vater und Onkel gehen. Die Wehrmacht hatte fast alle guten Pferde beschlagnahmt. Zurückgelassen hatten sie zwei Pferde. Das eine war ein Ackerpferd und das andere ein schönes schwarzes schlankes Pferd. Aber dieses schwarze Pferd hatte nur ein Auge und konnte nur auf drei Beinen laufen. Wir Kinder nannten es Dreifuß.
Onkel Heinrich hatte ein Holzbein und konnte deshalb unseren Vater beim Einspannen vom Leiterwagen nicht helfen. Zwei ältere Cousinen halfen unserem Vater beim Anspannen, was nicht einfach war, denn wegen der Tiefflieger mussten sie immer wieder unterbrechen. Das war das eine und das andere war, dass wir die Russen schon näherkommen hörten. ...
© Textauszüge zur Leseempfehlung aus der Biografie "Die Wurzeln meines Lebens" und Abbildung des Buchcovers mit freundlicher Genehmigung von BookOnDemand vabaduse, ein Imprint der Westarp Verlagsservicegesellschaft mbH, 12/2020.
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