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Seit etwa 2010 hat Dr. Martin Kreuels, dessen Werke wir zufällig entdeckten, mehr als 20 Bücher veröffentlicht. Sein Schreibstil in "Das leere Ich" ist überdurchschnittlich gut, und wir finden, dass diesem Autor mehr Beachtung geschenkt werden sollte.
Fox lebt mit seiner Frau Sunday und den beiden Kindern in einer ordentlichen Siedlung von Einfamilienhäusern. Alle haben einen Job, alle haben Kinder und die Ehefrauen kümmern sich darum, auch um das Haus und den Garten. Abgezirkelt und symmetrisch verläuft das Leben hier – ohne Überraschungen und ohne irgendetwas, das beunruhigen könnte. Die Geometrie beschränkt sich nicht nur auf die Grundstücke und Häuser, sie umfasst alles was hier lebt. Als gäbe es einen gemeinsamen, unbeirrbaren Zeitplan, ploppen morgens die Autotüren zur gleichen Zeit, fahren die Männer los, um irgendwo in der City ihre Arbeit zu machen. Am Abend ist es das Gleiche. Immerzu und stetig.
Dieses Entrée des Autors Martin Kreuels beschreibt etwas, das einem gehörig Angst machen kann. Es scheint überspitzt, aber ist es das wirklich?
Das Familienleben von Fox und Sunday ist geordnet, gedämpft wie die Beziehung der beiden Erwachsenen. Man ist jeweils in seiner eigenen Blase – oder vielleicht sollte es eher Schachtel heißen – installiert und lebt nebeneinander. Diese Monotonie, dieses geschachtelte und geordnete Leben wird jäh unterbrochen durch einen völlig banalen Zwischenfall, was die fest installierte Lebensweise noch intensiver zeigt: Fox stößt sich den Fuß an und gleitet aus der Fahrrinne. Er verlässt dadurch, sozusagen, die Schiene. Durch den Schrecken, den Schmerz und das winzige Schnappen nach Luft in einer künstlichen Welt kommen Dinge in Bewegung.
Die Verkettung führt im weiteren Handlungsverlauf zu einem Autounfall und Fox liegt im Koma. In einem wirklichen Koma. Nicht in dem nicht gefühlten Teil seines Lebens, sondern tatsächlich von Schlauchzugängen gespickt in einer Klinik.
Überraschenderweise ist Sunday keineswegs gleichgültig, sie kümmert sich und holt ihren komatösen Mann nach Hause, um ihn dort zu pflegen, nachdem die Klinik Fox als hoffnungslosen Fall sieht.
Und während Sunday alles für ihn tut, wandert Fox durch Landschaften, erklimmt Berge und durchquert Ebenen, auf monatelangen Wanderungen. "Die Seele ist ein weites Land", heißt es. Und das erfährt Fox, der völlig unbelastet durch Erinnerungen dieses Land durchwandert, bis er eine Stadt findet – und letztendlich eine Bibliothek. Dort liest er Bücher, die ihm vieles zeigen, was er vergessen hatte. Vieles, das er neu lernt und anders lernt als bisher. Tatsächlich wird seine Seele zu einem aufgeschlagenen Buch mit der Zeit. Wird er jemals die Stadt verlassen können und zurückkehren zu Sunday, die jede Nacht neben ihm liegt und winzige Veränderungen wahrnimmt?
Martin Kreuels hat eine überaus pointierte Sprache, ohne unnötige Schnörkel – aber gerade darum umso eindringlicher. Seine Beschreibung dieser Leben jagt einem eine Gänsehaut über den Rücken schon zu Anfang. Und die Wanderungen des schlafenden Antihelden sind spannend wie eine Fantasy-Geschichte.
Man bekommt es nicht mehr aus dem Kopf, dieses "weite Land", und man wünscht sich einen Zugang zu seiner eigenen Bibliothek, allerdings im wachen Hier und Jetzt. Was wahrscheinlich nicht unmöglich ist.
Unsere Leseempfehlung: "Das leere Ich" ist eine beeindruckende Geschichte, der Roman in hervorragender Sprache geschrieben. Martin Kreuels hat ein überaus spannendes Buch verfasst, das im Kopf bleibt. Wir empfehlen, sich beim Lesen des Buches Zeit und sich langsam treiben zu lassen sowie Pausen zum Nachdenken einzulegen – in seiner eigenen Bibliothek zu stöbern.
Bestellmöglichkeit: (Werbung) Das Taschenbuch von "Das leere Ich" umfasst rund 145 Seiten, weiterhin wurde eine E-Book-Ausgabe herausgegeben. Martin Kreuels hat sein Buch via Books on Demand in Eigenregie im Mai 2023 veröffentlicht.
Bitte beachten Sie die Bücher von Martin Kreuels, die er auf seiner Webseite vorstellt, sowie seine Videos auf Youtube, seinem vertonten Buchstabenparkplatz.
© "Unfreiwillig auf einer Wanderung in der Dämmerung": Eine Rezension von Izabel Comati und Winfried Brumma (Pressenet), 07/2023.
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