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Ein Klassiker der Science-Fiction-Literatur, der sich immer noch in vielen Regalen findet, ist John Wyndhams "The day of the Triffids" (deutscher Titel: "Die Triffids"), der im Jahre 1951 erschien. Als der Autor diesen Roman schrieb, war die Handlung im Wesentlichen reine Phantasie.
Damals, in den fünfziger Jahren des letzten Jahrhunderts, war die Gentechnologie noch kein Thema in der Öffentlichkeit, doch die "Triffids" nahmen einige Dinge in recht beklemmender Weise vorweg.
Die Geschichte beginnt damit, dass der Leser etwas über eine Pflanzenart mit ebendiesem Namen erfährt. Irgendwann waren die Triffids aufgetaucht – woher, wird nicht wirklich klar, obwohl es Anspielungen auf Experimente fremder Regierungen gibt. Diese sehr hohen, fleischigen Pflanzen haben eine Besonderheit: sie können sich fortbewegen und verfügen über ein sehr effizientes Gift, das sie benutzen, um zu töten. Stirbt ein Tier unter dem blitzschnellen Schlag des giftigen Stachels, wird es von der fleischfressenden Pflanze aufgenommen.
Allerdings sind diese sonderbaren Wesen hervorragend zur Ölherstellung geeignet, weswegen sich in kurzer Zeit findige Unternehmer auf die Haltung der Triffids verlegen. Das geschieht in riesigen Gehegen, in denen die gefährlichen Öllieferanten oft auch angekettet sind. Den Stachel entfernt man ihnen von Zeit zu Zeit, da er nachwächst.
Nach dieser Einleitung lernt man Bill Masen kennen, einen Mann, der gerade in einer Londoner Klinik liegt und eine Augenoperation hinter sich hat. Er ist leicht ungeduldig, weil eine gewisse Zeit verstreichen muss, ehe man die Verbände entfernen kann. Er wird gerade auf den nächsten Tag verwiesen, was ihn etwas ärgert, denn überall in den Medien wird über einen Meteoritenschwarm berichtet, der in der Nacht niedergehen wird. Masen verpasst seiner Bandagen wegen dieses kosmische Schauspiel und schläft.
Am nächsten Morgen ist alles anders als sonst – kein Klinikpersonal lässt sich blicken. Bill klingelt immer ungeduldiger, wartet und hört dann sonderbare Geräusche. Kurz entschlossen löst er die Bandagen, und sobald er sich an das Licht gewöhnt hat, geht er aus dem Zimmer. Dann ist nichts mehr, wie es war, denn alle Menschen, die des Nachts das Spektakel am Himmel angesehen haben, sind erblindet. Außer kleinen Kindern und alten Leuten, die um diese Zeit schlafen, sind das die allermeisten Menschen. Nur wenige Erwachsene waren aus irgendeinem Grund verhindert und haben somit ihr Augenlicht noch.
Was dann folgt, ist alles auf einmal: Bürgerkrieg und Apokalypse. Die meisten Blinden sind dem Tod geweiht, ihnen droht das Verhungern oder sie sterben bei Unfällen. Manche Sehende plündern, und es gibt Blinde, die einen – der sehen kann – für kurze Zeit in ihre Gewalt bringen, um einen zu haben, der sie führt. Die Städte der Erde versinken im Chaos. Es bilden sich Gemeinschaften und Gruppierungen, die aus Sehenden und Blinden bestehen – schnell entstehen im Kleinstformat alle denkbaren politischen Systeme, die es jemals gegeben hat.
Und dann geschieht etwas, woran niemand gedacht hat: die Triffids, die nun keine Wärter und Aufpasser mehr haben, brechen aus. Sie drängen sich gegen Umzäunungen, die nicht mehr von Strom gesichert sind, reißen die Pflöcke, an denen sie festgemacht sind, aus der Erde. Ihre Stacheln sind nachgewachsen und nun gehen sie auf die Jagd. Es ist sehr einfach für die Pflanzen geworden – sie postieren sich irgendwo und müssen nur noch warten, bis ein verzweifelter Blinder vorbeikommt.
Was niemand für möglich gehalten hätte, wird nun offenbar: die Triffids können sich untereinander verständigen. Sie produzieren eine Art Klopfzeichen, einen bedrohlichen Lärm, der fortan über dem Land liegt. Die Gruppe um Bill Masen, die sich auf eine Insel ohne Triffids retten konnte, hofft, dass irgendwann das Festland wieder bewohnbar sein wird – denn die Kinder, die geboren werden, können sehen.
Dem Autor John Wyndham gelang ein Roman, der spannend und gesellschaftskritisch ist. Mit großer Eindringlichkeit und psychologischem Tiefgang beschreibt er, wie sich Menschen verhalten können, die gerade eine Art Weltuntergang erleben müssen und deren Dasein plötzlich einem dauernden Kriegszustand entspricht. Der Grundgedanke ist bei Wyndham das Überleben durch gemeinsames Kämpfen und Planen, ob das Miteinander nun der Notwendigkeit oder der Persönlichkeit entspringt, ist gleichgültig.
Sieht man die Triffids als etwas, das der Mensch benutzt und glaubt unter Kontrolle zu haben – sei es nun die Atomenergie oder die Gentechnik – dann ist das Szenario wirklich beängstigend ... denn vielleicht müssen wir die Geister, die wir riefen, auch einmal wieder loswerden, wenn wir überleben wollen.
© "Gelesen: Die Triffids. Ein Klassiker von John Wyndham": Textbeitrag von Winfried Brumma (Pressenet), 2011. Bildnachweis: Steampunk Illustration, CC0 (Public Domain Lizenz).
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