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Soylent Green. Ich habe diesen Film gesehen vor langer Zeit – und ich denke oft an diese Untergangsgeschichte. Der Versuchung, nachzulesen, wie die Handlung sich entwickelt und wie die Hauptpersonen heißen, habe ich widerstanden. Es geht um den Eindruck, der geblieben ist, um die Stimmung – und das, was man dabei gefühlt hat.
Die Menschen in der Geschichte sind völlig verarmt, sie haben kaum etwas zu essen und Wohnraum ist zum absoluten Luxus geworden. In Treppenhäusern und auf Gängen leben Menschen, bewachen eifersüchtig ihren anderthalb Quadratmeter, der das Zuhause ausmacht. Sollte es denn so groß noch sein. Selten, dass jemand über ein Zimmer verfügt, oder gar zwei.
So etwas wie reine Luft und Vegetation, wie wir das kennen, gibt es nicht mehr. Die unentrinnbare Smogglocke verwandelt die Welt in eine riesige, schmutzige Lagerhalle, in der sich die Menschen drängen und in der sie verzweifeln. Zum Teil lässt das Szenario an George Orwells "1984" denken. Die Regierung beherrscht die grauen Massen, unterdrückt das Denken – was an und für sich kaum notwendig wäre. Die Gedanken kreisen nur um zwei Dinge: Platz zum Leben und ... etwas zu essen. Die Regierung gibt Kekse aus für die Ärmsten. Und diese Nahrung wird aus Toten gemacht – aus toten Menschen.
Falls jemand sterben möchte – ein Wunsch der nicht selten ist in dieser düsteren Welt – wird er belohnt. Bevor er vergiftet wird – ich glaube, es wurde Gift verwendet – darf er einen Film ansehen. Dieser Film zeigt die Erde, wie sie einmal war ... mit Tieren und blauem Himmel, sauberen Bächen und grünen Wäldern.
Ich denke oft an "Soylent Green" in letzter Zeit. Bilder von den dichten Dunstglocken über Riesenstädten kommen mir dabei in den Sinn – und die Wohnungsnot im Land. Sicher: es gibt so viele leere Wohnungen und Häuser, aber die allermeisten Menschen können sich nur das Nötigste an Wohnraum leisten. Enge kann qualvoll sein, wenn man ständig gehetzt und in Sorge um das Überleben ist.
Kinder, die sich wie Kinder benehmen, die also Dinge herumliegen lassen und noch nicht belastet sind mit dem Aufräumsyndrom, können die Situation verschärfen bis zur Gewalt. Der stete Kampf um Ordnung muss verloren werden, ständig und schmerzhaft, lebt eine Familie mit Kindern auf engem Raum. Natürlich haben die meisten noch viel mehr als zwei oder drei Treppenstufen – aber der Raum wird immer enger. Kaufen sollen wir, immer mehr kaufen – und niemand sagt uns dann, wohin damit. Die Halden vergrößern, ja – Müllverbrennung und Dunstglocken.
Unsere Tiere – diejenigen, die nur existieren, damit sie gegessen werden – die leben in dieser Realität des Filmes. Sie fressen ständig ihr Soylent Green – Futter, das aus Leichen ihrer Artgenossen gemacht wird. Für sie ist das längst so. Kühe fressen zermahlene Kühe und andere Tiere – obwohl sie Pflanzenfresser sind.
Sterbehilfe ist verboten – solange noch, bis die Herrschenden sie entdecken. Kauft, kauft euch zu Tode – schleppt das Zeug in die viel zu kleinen Wohnungen, um sie noch kleiner zu machen. Wenn niemand mehr notwendig ist, der kauft – wenn die große Masse entbehrlich geworden ist, was geschieht dann? Wer sind dann die Menschen, die über Wiesen laufen können, weil sie Zeit dafür haben, frische Luft atmen und auf gar keinen Fall irgendetwas von dem essen, das für die Masse der Nutzlosen produziert wurde? Sind wir wirklich so weit von diesen teuflischen Keksen entfernt?
Essen die Fastfood-Produzenten tatsächlich das Zeug, das sie herstellen? Wieso ist der Zugang zu Wasser kein Menschenrecht?
Es ist zu weit gegangen, seit langer Zeit. Es gäbe eine andere Möglichkeit, das Leben zu leben und zu ehren. Aber das können wir uns nicht mehr leisten. Diejenigen, die unseren Himmel verdunkeln, haben es zuerst entdeckt.
Ich auf einer Party letzte Nacht. Ist nett dort, mehr langweilig. Smalltalk. Ich bin einer unter vielen ... Partys mag ich nicht besonders, wenn ich dort kaum einen kenne. Es werden kleine weiße Schüsselchen verteilt mit Keksen drin – sind noch warm vom Backen – vielleicht so ein Dutzend braungebrannter kleiner Keks-Bären. Ab und zu schieb ich mir einen in den Mund. Schmecken lecker.
Das Schüsselchen wird aber nicht leer – so wie ein kleines Tischlein-Deck-Dich. Das schau ich mir genauer an. Das Schüsselchen hat in der Innenfläche der Schale kleine Löcher, darunter wohl ein Hohlraum – da kommt etwas raus. Weiße Figuren, die dann im Schüsselchen "gebacken" werden, aufgehen, größer werden. Von unten schieben andere Teigbären nach. Bewegen sich. Erst nach einiger Zeit wird es mir klar: Das, was da rauskrabbelt, sind Menschen.
© "Soylent Green – die überleben wollen. Eine Untergangsgeschichte": Textbeitrag von Winfried Brumma (Pressenet), 2016.
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