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Der weitgehend vergessene Autor Winfried Völlger zählt zu den bedeutendsten Romanciers der DDR, der von 1976 bis 1999 neben Kinder- und Jugendbüchern auch mehrere Romane und Essays veröffentlichte. Anschließend widmete er sich der bildenden Kunst.
Anfang Juli 2019 legte Völlger mit "fraglos" nach langer Pause einen dramatischen Roman vor, der in Leipzig im Jahre 2017 spielt.
"Sag nie, dass du aus dem Irak kommst. Die Türkei lässt keinen rein, der von da kommt." Der 20-jährige Mustafa schafft es nach Deutschland, jedenfalls sein Körper. Dann beginnt sein Kopf, für ihn Landmarken zu erstellen. Wegweiser, die ihn durch eine Welt bringen sollen, die ihm unverständlich ist.
Alles was ihn als Mann ausmacht, als Mitglied einer Gemeinde und Familie, ist hier in Deutschland in Frage gestellt, vielleicht auch umgedreht oder wertlos. Die deutsche Sprache meistert der junge Iraki nicht wirklich. Er macht sich verständlich, wenn es um Dinge geht, die existenziell sind. Sonst sieht er keinen Sinn darin.
Sein Glaubensverständnis erschafft eine Zwischenwelt, die jedem anderen außer ihm selber fremd bleiben würde, könnte jemand sie wahrnehmen. Die Gelehrten stehen auf einem völlig anderen Punkt. Sie haben etwas verstanden, das Mustafa fremd bleiben wird, deshalb kann er diesen besonderen Schritt nicht machen: den des tieferen und toleranten Verständnisses.
Gras zu verticken ist nicht beleidigend. Es gehört zu den Dingen, die er annehmen kann und die er versteht. Was Mustafa nicht versteht, ist die allgegenwärtige Erotik in all ihren Erscheinungsformen. Er versteht nicht, dass es sich um Fassaden handelt, um etwas Alltägliches und Allgegenwärtiges. Die Christen haben andere Wege, um ihren Glauben zu beleidigen, als gläubige Muslime wie er.
Aber dann greift Mustafa ein, als er eine ganz böse Sache sieht, eine Sünde vor Gott und vor ihm – vor Mustafa. Was er dann tut, wird Konsequenzen für alle Beteiligten haben und stille Kreise ziehen, die vieles verändern und doch nicht sichtbar sind.
Der Leser begleitet einen jungen Mann aus einer Welt, die irgendwo in einem geordneten Dorf liegt, einer geordneten Familie und festen Gesetzen. Mustafa ist nicht dumm, doch fehlt ihm Empathie für alles, das seinem in diesem Sinn sortierten Denken widerspricht. Es ist nicht leicht, ihn zu verstehen, diesen Flüchtling, der sein Wesen in rote, glänzende Schuhe kleidet und nicht begreift, dass niemand sie wahrnimmt in einer Welt des vordergründigen und auffallenden Glanzes.
Unser Buchtipp: "fraglos" ist ein beeindruckendes Migrantendrama, das der Autor Winfried Völlger in Eigenregie veröffentlicht hat. Die Taschenbuch-Ausgabe umfasst 240 Seiten (ISBN 978-1078454858) und ist unter den Genres "Politische Romane", "Literarische Belletristik" oder "Politische Belletristik" auch als E-Book im Handel erhältlich.
© "Das Schicksal eines Mannes in einer Welt aus Fassaden": Eine Rezension von Winfried Brumma (Pressenet), 12/2019.
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