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Unheil und Verhängnis aus der Vergangenheit können dich stärker machen oder dich wie ein schleichendes Gift zerstören.
Ein Unbekannter hat das Siegel des Karneolvogels gefälscht. Niemand weiß, was er damit bezweckt, doch eines ist gewiss: Mit einer solch meisterhaften Fälschung kann er unermesslichen Schaden anrichten. Das müssen Riki und die Gaukler um jeden Preis verhindern. Doch ihr Weg führt sie nicht nur zurück zu Myra, sondern auch in die Nähe von Rikis Onkel. Und der trachtet danach, sie so schnell wie möglich vom Zirkus wegzuholen und gegen ihren Willen mit ihrem einstigen Verlobten zu verheiraten.
Verblendet von seiner eigenen Vergangenheit begeht Ramiro gleichzeitig einen schweren Fehler. Doch auch der Fälscher des Siegels verfolgt seine ganz eigenen Pläne. Ehe Riki, Myra und die Gaukler sich versehen, sind sie in eine Intrige verwickelt, deren Ausmaß sich ihnen erst nach und nach offenbart und die sie alle an einen Ort führt, von dem sich Ramiro aus gutem Grund geschworen hat, ihn nie wieder zu betreten.
Zum Buchangebot: "Die Macht des Kodex" erschien als Taschenbuch im Dezember 2018 und umfasst 468 spannende Seiten (ISBN 978-3964438416). Die Abenteuergeschichte der Autorin Jeanette Lagall, die in der Welt der Gaukler spielt, wurde auch als E-Book herausgegeben.
Die Unterschrift war vollkommen unleserlich, doch Trendzew hatte die Handschrift erkannt.
Wieder versuchte er, an dem Zettel etwas Verräterisches zu finden, doch er hatte ihn mittlerweile so oft gelesen, dass das Papier stellenweise schon erheblichen Schaden davongetragen hatte. Selbst wenn der Brief einst verräterische Merkmale gehabt haben sollte, die ihm damals aufgrund seiner Euphorie entgangen waren, so waren diese inzwischen auf dem abgegriffenen Fetzen hoffnungslos zerstört.
Wenn er ehrlich war, war er eigentlich auch erst misstrauisch geworden, als ihn Benedettis zweite Nachricht erreicht hatte, in der er ihn bereits für Anfang September statt im Oktober hierherbeordert hatte.
Das Siegel des Karneolvogels, das der Brief ursprünglich getragen hatte, war in der Zwischenzeit vollkommen abgeblättert. Myra war deswegen vollkommen aufgelöst gewesen und hatte ihn gebeten, etwas über dessen Herkunft herauszufinden. Er selbst hatte ihr nichts dazu sagen können und das Siegel interessierte ihn auch herzlich wenig, doch Myra zuliebe wollte er ein paar Nachforschungen anstellen.
Doch genug davon. Peter Trendzew straffte sich, steckte den Brief zurück in seine Jackentasche, atmete noch einmal kräftig durch und machte sich dann auf den Weg.
Das mulmige Gefühl gesellte sich wie ein treuer Hund an seine Seite, schaute mit warnendem Blick zu ihm auf und bellte lautlos, während er durch die nächtlichen Straßen ging. Doch wie jedes überhebliche Herrchen strafte er seinen getreuen Begleiter mit Missachtung.
Eine Gruppe gut gelaunter Matronen zeterte sich freundschaftlich an und Trendzew machte einen Bogen um sie, so gut es die enge Straße eben zuließ. Dabei geriet er in die Nähe der offenen Tür einer Gaststätte, aus der ihn die Insassen sogleich lauthals einluden, mitzutrinken. Er beachtete sie gar nicht.
Die Gegend, in der Benedetti ihn einquartiert hatte, gehörte nicht unbedingt zu den schlechtesten, doch in den späten Abendstunden wurde sie eine Winzigkeit, nun ja, bourgeois. Es war ihm jedoch recht, denn so fiel er möglichst wenig auf. Benedetti hatte wohl auch aus demselben Grund für ihn keines der Hotels gewählt, in denen Trendzew normalerweise abzusteigen pflegte. Die Leute dort hatten einfach zu viel Langeweile. Diese führte zwangsweise zu Neugierde und diese wiederum dazu, dass man sich die perlengeschmückten Hälse nur allzu gerne nach den Dingen verdrehte, die einen nichts angingen.
Zwei Wegbiegungen weiter ließen sich das Gefühl, dass etwas nicht stimmte, und seine innere Unruhe nicht länger abschütteln. Trendzew bog noch einmal ab und konnte wenige Schritte später bereits das Kolosseum sehen. Doch er hatte keinen Blick für die monumentale Ruine. Er hastete weiter, Richtung Zirkus Maximus, wo er sich durch die schmuddeligen Kleingewerbestände und -hütten drängte, vorbei an dem Gasometer im westlichen Teil, bis er endlich die Basilika Santa Maria in Cosmedin vor sich auftauchen sah.
Hier, genauer gesagt am Bocca de la Verità, wollte Benedetti sich mit ihm treffen. Dass dieser Treffpunkt, wenn man bedachte, welcher Natur ihr Vorhaben war, einen verdächtig bedeutungsschweren Namen trug, nämlich 'Mund der Wahrheit', machte es nicht besser. Und dass ein derartig blumiger Treffpunkt eigentlich nicht im Geringsten zu dem nüchternen Benedetti passte, verdrängte Trendzew. Beileibe nicht zum ersten Mal. Zu groß war sein Verlangen, endlich seine Familie wiederzusehen.
Erst als er die fast menschenleere Piazza della Bocca della Verità vor der Kirche überquerte, gelang es seinem Misstrauen, sich schließlich ein wenig durchzusetzen, und er verlangsamte seine Schritte. Vorsichtig blickte er sich um, wobei ihm jedoch nichts Auffälliges ins Auge sprang. Allerdings je näher er der Säulenvorhalle der Basilika kam, in der die rätselhafte runde Scheibe mit dem Gesicht hing, an der sie sich verabredet hatten, desto absurder mutete ihm dieser Ort für ein Treffen mit dem gesetzten Benedetti an.
Doch anstatt umzukehren, betrat Trendzew den Säulengang. Im nächsten Moment traf ihn ein Schlag auf den Kopf, der ihn so schnell in die schwarze Tiefe der Bewusstlosigkeit riss, dass er nicht einmal mehr einen Blick auf das scheibenförmige Relief werfen konnte.
Zwei kräftige Männer nahmen den zusammengesackten Trendzew zwischen sich, als ob sie einen betrunkenen Freund stützen wollten, und schleiften ihn hastig zu einer an der Seite der Piazza wartenden Droschke. Zwar waren ein paar wenige Nachtschwärmer unterwegs, doch diese waren viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt, als dass ihnen etwas merkwürdig vorgekommen wäre.
Die helle Scheibe des Bocca della Verità betrachtete das Geschehen schweigend und mit offenem Mund wie bereits seit hunderten von Jahren. So war der 'Mund der Wahrheit' auch der einzige Zeuge, der einen Mann aus den Schatten eines gegenüberliegenden Hauseingangs treten sah, der sich verstohlen umblickte und dann eilig Richtung Stadtzentrum davonrannte. ...
Jeanette Lagalls Abenteuer-Trilogie "Die Reise des Karneolvogels" besteht aus diesen Bänden:
– Der Wanderzirkus (Band 1: Lesen Sie auch unsere Rezension)
– Die Stadt der Gaukler (Band 2: Hier geht es zur Leseprobe)
– Die Macht des Kodex (Band 3)Weitere Bücher von Jeanette Lagall findet ihr auf ihrem Autorinnenprofil, unter anderem die Anthologie "Stürmische Geschichten".
© "Die Macht des Kodex: Vor einigen Tagen in Rom": Der Autorin Jeanette Lagall danken wir herzlich für die Texte zur Buchvorstellung sowie die Abbildung des Buchcovers, 12/2019.
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