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Das Leben besteht aus Phasen. Sie betreffen unser Wachstum vom Kleinkind, über das Schulkind zum Teenager, dann der junge Erwachsene. Wir gehen zur Schule, studieren oder machen eine Ausbildung, gehen Arbeiten. Wir testen uns an Partnern, heiraten, trennen uns vielleicht wieder, erziehen unsere Kinder, lassen sie ziehen, werden zu Rentnern. Wir haben gute Phasen genauso wie schlechte. Alles kostet seine Zeit. Manche Phasen dauern länger, andere sind eher Blitzlichter. Phasen wechseln sich aber, kommen wieder, erscheinen und verschwinden auf Nimmerwiedersehen. Eine wirkliche Konstanz gibt es nicht, denn die Länge ist nicht absehbar. Sicher ist nur, dass alles im Leben in Phasen einzuteilen ist.
Genauso verhält es sich, wenn wir einen Teil in unserem Leben, einen nahen Menschen, den geliebten Job, die Heimat, ein Haustier, unsere Gesundheit verlieren. Auch das kann in einer Phase dargestellt werden. Gesundheit kann manchmal dauerhaft verloren gehen und der Tod eines geliebten Menschen ist definitiv nicht umkehrbar. Folgert daraus eine endlose Phase? Nein!
Die betroffenen Menschen, die in ihr feststecken, können ihr mögliches Ende nicht absehen. Es scheint sich ein dauerhafter Zustand einzustellen, was es noch schlimmer macht. Erschwerend kommt hinzu, dass die Phase der Trauer keine definierte Länge hat. Bei dem einen dauert sie Tage, bei den anderen Wochen und Monate, beim nächsten Jahre oder Jahrzehnte. Meine Worte dazu, dies auch noch als Phase zu klassifizieren, als ob es mal eben so endet, muss für den einen oder anderen ein Schlag ins Gesicht sein. Ich weiß. Verwechseln Sie bitte Sachlichkeit verbunden mit Erfahrungswerten nicht mit Herzlosigkeit. Die Realität ist nun einmal ein kaltes Phänomen.
Wir haben etwas verloren, an dem wir gehangen haben. Wir trauern. Die einen trauern um den Verlust, andere bedauern sich selbst. Unsere Aufgabe im Leben ist es dieses Erlebnis zu verarbeiten, ihm im Leben einen Platz zu geben, denn das Leben geht weiter. Für einige undenkbar, die Realität hat leider diese Härte. Jeder Tag ist neu, jeder Tag birgt aber auch neue Chancen. Wir können, wenn wir die Kraft und den Mut aufbringen, diese nutzen und annehmen oder wir versinken im Sumpf der Traurigkeit. Die Zeit ist wie die Küchenuhr über der Türe bei uns zu Hause. Sie tickt unerbittlich weiter, da kann kommen was mag.
1. Wir können aufgeben, stehen bleiben und keinen weiteren Entwicklungsschritt mehr gehen. Der Tod des anderen ist auch der meinige. Der Schmerz ist grenzenlos und ein sinnstiftendes Weitergehen erscheint unmöglich.
2. Wir können versuchen einen Weg zu finden, nach vorne zu gehen. Die Trauer annehmen, ihr einen Platz zuweisen und den nächsten Schritt gehen. Dies bedarf Kraft und Mut. Sie steckt in uns, auch wenn wir es gerade nicht fühlen können.
3. Wir wissen, dass es ein Leben danach gibt, wir haben aber selbst nicht die Kraft und brauchen Unterstützung. Einsicht ist schon Teil des Vorwärtsgehens.
Wir haben eine Selbstverantwortung für uns, die uns keiner nehmen kann. Das tut auch keiner, sondern es ist unsere Entscheidung, ob jemand anderes sie uns nehmen will. Der Verstorbene ist der Letzte, der daran interessiert ist, sie uns zu nehmen. Es gibt viele Hilfsangebote, die wir nutzen können, wenn wir selbst nicht weiterwissen. Wir sind Menschen, die Wissen austauschen, das ist unsere menschliche Eigenschaft. Jeder ist Herr seiner Entscheidungen.
Trauer ist eine Phase. Ich kann sie als Erfahrung annehmen, ich lerne, wachse an ihr, damit sie mich nicht dauerhaft niederwirft. Ich komme stärker aus ihr hervor, ich kann konzentrierter und umfänglicher mein neues Leben annehmen, wenn ich mich durch sie hindurchgearbeitet und gefühlt habe. Ich weiß dann besser, was ich will und was ich nicht will. Zur Trauer gehört die Reflexion von Vergangenem. Ich kann alte Dinge aufarbeiten, sie abschließen, meine persönlichen Konsequenzen aus ihr ziehen. Klingt alles so einfach, dabei ist der in seinen Höhen sauerstoffarme Mt. Everest nur ein kleiner Hügel, den es zu überwinden gilt.
Es ist die härteste Phase, die wir als Menschen erfahren können. Es ist aber auch die Wertvollste, wenn wir sie aktiv durchleben und an ihr wachsen. Keine Phase wird uns so sehr prägen, wie diese. Und somit bekommt bei aller Härte auch diese Phase etwas Positives. Wichtig ist nur der Wille, das Licht dahinter zu suchen. Keiner weiß, wann es wieder heller wird. Das einzige, was vielleicht hilft, ist die Gewissheit, dass sie als Betroffener oder Betroffene nicht der erste Mensch sind, der diese Erfahrung macht. Sie reihen sich ein in eine lange Kette von Menschen, die das auch schon erlebt haben und die nicht daran zerbrochen sind. Sie werden es auch nicht, denn danach wird es heller!
© "Trauerbewältigung. Trauer als Phase des Innehaltens": Ein Essay von Dr. Martin Kreuels, 07/2023. Die Abbildung zeigt eine verwitterte Statue auf dem Alten Friedhof in Pirmasens, © Winfried Brumma (Pressenet).
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