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Leben ist das, was gerade passiert, während man es plant. Der Spruch wird John Lennon zugeschrieben – aber wer ihn nun zuerst gesagt hat, ist nebensächlich, weil es einfach die Wahrheit ist. Den eigenen Lebensweg kann man sich im Großen und Ganzen vorstellen, und man kann ihn auch vorbereiten – aber festlegen lässt er sich nicht. Zu viele Dinge können passieren, im Negativen wie auch im Positiven – manche haben zu ihrem Glück von ihren Vorgaben lassen müssen, andere gehen lebenslang eher den unglücklichen Weg.
Vieles liegt daran, dass die jungen Menschen in der heutigen Zeit sehr früh Entscheidungen treffen müssen, die ihr ganzes Leben betreffen. Schulabgänger haben in der Regel kaum das Vorstellungsvermögen, das nötig ist, um sich wirklich auf einen Beruf einzulassen, den sie normalerweise ihr Leben lang ausüben werden. Außerdem steht die Situation des Arbeitsmarktes jedem Plan entgegen – kaum jemand wird seinen Traumausbildungsplatz bekommen, und wenige den Studienplatz, den sie sich wünschen. Zieht man diese und andere Dinge in Betracht, ist es sehr schwierig, das Leben, das man sich wünscht, zu planen und tatsächlich auch zu leben. Für viele Kinder kommt allerdings noch eine Schwierigkeit hinzu – dass nämlich von anderen als ihnen selber festgelegt wird, wie es denn am besten verlaufen soll, das Leben.
Jeder kennt die Familienstreitigkeiten, in denen es einzig und allein darum geht, welchen Beruf die Sprösslinge zu ergreifen haben. Väter und Mütter sind sich einig – das Kind studiert oder übernimmt den elterlichen Betrieb, vielleicht soll es auch den gleichen Beruf wie der Vater ergreifen, weil der ja schließlich Beziehungen hat. Heiraten und Kinderkriegen sind meist auch im elterlichen Lebenszettel vermerkt – oder besser gesagt: das Produzieren von Enkeln. Verständlich sind diese Wünsche schon – denn wer erfolgreich durch die Jahre bis zur Rente gekommen ist, hat schon etwas geleistet. Und es ist natürlich, dass man für die Kinder denkt – solange sie Kinder sind.
Was viele Menschen nicht erkennen wollen, ist die Tatsache, dass Kinder keine kleineren Ausgaben der eigenen Persönlichkeit sind. Einige Zeit mag das so scheinen, denn die Kleine sieht schließlich genau so aus wie ihre Mutter, und der Junior grapscht schon jetzt nach jedem Schraubenschlüssel, wenn er windelbepackt neben Vati im Hobbyraum sitzt. Kinder ahmen nach und lassen sich auf alles ein, was sie sehen – aber mit der Zeit wächst das Eigenständige in ihnen.
Viele Eltern versäumen es, da mitzuwachsen. Sie wollen nicht wahrhaben, dass ihr Sohn absolut nicht fußballbegeistert ist oder die Tochter die Klavierstunden schwänzt. Selbst wenn es umgekehrt kommt – das Mädchen gerne kickt und der Junge musisch begabt ist, wird es nicht hingenommen. Das sollte ja nicht so, sondern anders sein.
Kinder sind nicht dazu da, etwas gut zu machen, was den Eltern widerfahren ist. Sie können den aufgegebenen oder verlorenen Weg nicht weitergehen – ganz einfach nicht, weil es nicht ihrer ist. Vater war begabt und hätte Berufsspieler werden können ... aber dann hat er geheiratet und musste im Beruf seinen Mann stehen. Mutter hätte gerne Klavierunterricht gehabt und die Familie konnte sich das nicht leisten. Das ist bedauerlich, aber es hat nichts mit den Kindern zu tun. Sie haben ein anderes Leben – und vor allem SIND sie anders.
Wütende Eltern, die "von mir hat er/sie das nicht" grummeln oder die Kinder nur dann als zugehörig erleben, wenn diese als Abbilder ihrer selbst erscheinen, haben ihren Erziehungsauftrag nicht erfüllt. Es geht darum, die Kinder für ein eigenständiges Leben zu stärken und nicht, um sie da weitermachen zu lassen, wo man selber aufhörte oder aufhören musste. Denn solchermaßen geradezu indoktrinierte Kinder sind gezwungen, ihre eigene Persönlichkeit erst einmal nicht zuzulassen – sie haben sich selber nicht entdeckt und müssen da scheitern, wo es den Menschen braucht und nicht nur gelernte Verhaltensweisen.
Menschen mit Persönlichkeiten, die früh unterdrückt und deshalb nur unvollständig wahrgenommen werden, bevölkern die Wartezimmer der Therapeuten. Oft geht es nicht mehr ohne Hilfe, sich selber wirklich kennenzulernen und die Welt tatsächlich mit eigenen Sinnen wahrzunehmen.
Die Kleinfamilie hat sich nicht als das beste Modell erwiesen, denn Unbewältigtes bleibt auf wenigen Menschen, die voneinander abhängig sind, verteilt. Unbewältigtes wird als Marschgepäck mit durch das Leben getragen, und leider oft auch noch den Kindern aufgebürdet – es ist eine Art Teufelskreis. Und der ist nur zu durchbrechen, wenn man die Kinder als Persönlichkeiten sieht, die Ähnlichkeiten mit einem selbst haben können, aber nicht müssen. Aber selbst, wenn man sich zum Teil wiederfindet in der Tochter oder dem Sohn, selbst dann geht es um ein völlig eigenes, neues Leben.
© "Lebenswege: Entscheidungen treffen": Textbeitrag von Winfried Brumma (Pressenet), 2010. Bildnachweis: Kinderschuhe, CC0 (Public Domain Lizenz).
Allenthalben hört und liest man von "Indigo-Kindern". Jungen Menschen also, die etwas Besonderes sein sollen, glaubt man der Entdeckerin dieses Phänomens, der amerikanischen Autorin Nancy Ann Tappe, die in ihrem 1982 erschienenen Buch die für sie feststehende Tatsache beschreibt, dass seit den späten 1970er-Jahren verstärkt Kinder mit indigoblauer Aura geboren wurden. Angeblich soll zum jetzigen Zeitpunkt der Anteil praktisch bei 100 Prozent liegen.
Indigo-Kinder sollen besondere Merkmale haben: So wären sie von Geburt an sehr selbstbewusst und im Gefühl ihrer eigenen Überlegenheit. Soziale Interaktion sei für sie keine akzeptable Verhaltensweise, es sei denn, sie wären mit anderen Indigo-Kindern zusammen. Autorität würden sie durchweg ablehnen und sich höchstens überzeugen lassen, wenn sie eine Wahl sehen. Interessant sei die bei allen Indigo-Kindern eigene hohe Empfindlichkeit gegenüber chemischen Stoffen in der Nahrung. Eine Affinität zu Tieren soll zusätzlich zu diesen Merkmalen bestehen.
Weiter heißt es bei den Anhängern dieser Thesen, dass diese Kinder hochintelligent seien und irrtümlich falsch diagnostiziert werden, da ihre Hochbegabtheit und ihre eigene Weise leicht als Aufmerksamkeitsdefizit- oder Hyperaktivitätsstörung (ADHS) erscheint. Tatsächlich trifft diese Beschreibung auf fast alle Kinder zu, jedenfalls auf diejenigen, welche das Glück oder vielleicht auch Unglück hatten, in der westlichen Welt geboren zu sein. Da sich die Art und Weise, wie Familien miteinander leben, stark verändert hat und die Vorbildfunktionen praktisch deaktiviert sind, muss es nicht wundern, wenn Kinder keinerlei Autoritäten anerkennen wollen oder können. Erwachsene, die auf einem immerwährenden Selbstfindungstrip sind und ständig ihre Vergangenheit aufarbeiten müssen – nicht selten sogar die aus "früheren Leben" – mögen ein wenig überfordert sein, wenn es um ihre Rolle geht.
Hier soll keine Lanze für die autoritäre Erziehung gebrochen werden, die hat genug angerichtet. Aber tatsächlich braucht ein Kind Grenzen, um sich sicher und wohl zu fühlen. Dabei geht es nicht um Härte oder Strenge, es geht um das Errichten einer für das Kind bewohnbaren und sicheren Welt -physisch und psychisch. Diese Grenzen dürfen nicht starr sein, der Prozess des Lernens und Wachsens verschiebt sie langsam – aber das muss umsichtig geschehen. Kinder die in grenzenloser Selbstüberschätzung bestärkt werden, entwickeln sich zu sozialen Autisten. Bis hier stimmt das Bild durchaus – aber es ist eine Folge der Veränderungen im sozialen Gefüge. Überempfindlichkeit ist eine Folge der Vergiftung unserer Umwelt – das heißt nichts anderes, als dass die Kinder ausbaden müssen, was wir angerichtet haben seit mehreren hundert Jahren.
Natürlich sind Ärzte viel zu schnell mit der bequemen Diagnose ADHS – wobei man anmerken könnte, dass wir Menschen nicht wirklich für die sekündliche Reizüberflutung gemacht sind, der wir uns aber stellen müssen. Unser Gehirn funktioniert noch so, als gäbe es dieses abnorme Einstürzen auf alle Sinne nicht. Was wunder, wenn Kinder, die noch in der Entwicklung begriffen sind, damit nicht zurechtkommen können. Die Konzentrationsfähigkeit ist nur eine Sache, die dabei auf der Strecke bleibt. Das Einfühlen und Einlassen auf andere Menschen ist noch ein weiterer Punkt. Die Empathie verkümmert völlig – und so kommt es zu schlimmen Entwicklungen. Entweder das Kind mit Medikamenten vollstopfen oder aber dem Indigowahn verfallen ... da gibt es wohl bessere Alternativen. Aber die sind mit viel Arbeit verbunden, mit viel Selbstverleugnung wahrscheinlich auch, was die Eltern betrifft.
Eltern dürfen Menschen sein und Fehler machen, aber doch müssen sie Felsen sein im Meer der kindlichen Gefühlswelt. Wer das nicht hinkriegt, sollte das Kinderkriegen lassen. Früher hieß es "Mein Kind tut so was nicht", obwohl es noch die Schleuder in der Hand hielt und vor der zerbrochenen Scheibe stand. Das ist menschlich und verständlich. Wie weit wird die Aussage "Jan ist eben ein Indigo-Kind" reichen, um etwas zu begründen? Zerbrochene Scheiben sind lange nicht mehr das Problem, sondern zerbrochene Menschen.
Weiter erfährt man, dass die Indigo-Kinder, die von manchen als hybride oder gänzlich außerirdische Form gesehen werden, die Wegbereiter der Kristallkinder sein sollen – diese rechnet man spirituell einer hohen oder auch der höchsten Stufe zu. Das sollen also die neuen Menschen sein, die das Heil bringen werden? Hier ist es nun Zeit für einen Hinweis auf einen gewissen Adolf Hitler, dessen Phantasien vom kommenden Übermenschen recht ähnlich zu lesen sind. Natürlich hat er dabei auf andere Aspekte Wert gelegt, nicht eben auf Vergeistigung, aber die elitäre Idee ist erschreckend ähnlich. Ratlose Eltern werden ratlos bleiben, und es wird unsere Welt nicht retten. Das kann nur ein völlig anderer Umgang mit den Ressourcen und der Natur. Die Hoffnung auf eine Elite, die es nicht wirklich gibt, ist mit Sicherheit der falsche Weg.
© "Indigo, Kristall und der Regenbogen": Textbeitrag von Winfried Brumma (Pressenet), 2011. Bildnachweis: Aquarell Luftballons, CC0 (Public Domain Lizenz).
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