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Wer möchte nicht gerne einen Blick in die Zukunft werfen und sehen, was der morgige Tag, die nächste Woche oder gar das Jahr bringen wird? Ein gutes Teil an Neugierde ist da sicher ein Grund, aber auch Angst und das Gefühl, sich vorbereiten zu können. Wobei die persönliche Zukunft einen besonderen Stellenwert einnimmt. Jede Zeitschrift, die auf sich hält, wartet mit einem Tageshoroskop auf, das im günstigsten Fall mit einem Computer erstellt und grob zutreffend wäre, jedenfalls dann, wenn man an die Astrologie als Wissenschaft der Zukunftserkennung glaubt. Es kann ebenso gut völlig daneben liegen, denn die eigentlichen Aufgaben der Astrologie sind andere, die eher mit analytischem Aspekt zusammenhängen.
Natürlich kann auch ein kreativer Schreiber zwölfmal zwei oder drei Sätze schreiben, die mit Sicherheit passen, zieht man die vielen Leser in Betracht. Aber auch hier werden eher Tendenzen gezeigt, kein "sicherer" Ausblick auf das Kommende. Wenn man nun eine Prognose für die nächste Zukunft haben möchte, gibt es mehrere Möglichkeiten. Man kann jemanden fragen, der sich mit Orakeltechniken auskennt, also einen Wahrsager. Damit wird, versteht der Betreffende sein Handwerk, das Bild um einiges klarer. Allerdings kann kaum jemand Dinge sagen wie: "Morgen Vormittag um exakt 11.30 Uhr bringt ein Aushilfsbriefträger mit schwarzen Haaren und einem Loch in der linken Schuhsohle einen Brief." Wirkliche Medien, die es allerdings sehr selten gibt, könnten ein solches Bild vielleicht sogar vermitteln.
Die Frage wäre hier nur: Was sollte jemanden das nützen? Die Chancen, dass Post kommt, liegen im Allgemeinen bei 50 zu 50, und wie der Postbote aussieht, ist dabei nicht von wirklicher Wichtigkeit. Ein spiritueller Berater wird auch darauf hinweisen, dass die Zukunft keine feststehende Größe ist, die unveränderbar vor einem liegt. Tatsächlich ist sie veränderbar, und die Chancen dafür sind von vielen Faktoren abhängig. Da will zum Beispiel jemand wissen, ob er eine Prüfung besteht, die morgen anliegt – dabei hat er an dieser Zukunft schon längst gebastelt, im günstigsten Fall. Denn hier wird es nur darauf ankommen, wie gut der Betreffende vorbereitet ist. Stehen die Chancen schlecht, würde das Wissen darum nichts bringen, weil die Zeit zu kurz ist, um noch irgendetwas Nennenswertes nachzuholen. Hier wäre Glück nötig – und das kann auch eine Vorhersage nicht bringen.
Die Frage nach "einem interessanten Menschen, den man kennenlernen will" ist auch so eine Sache – die Chancen dafür liegen weitaus höher, wenn man sich unter die Leute mischt. Bei einem Mann, der zehn Stunden arbeitet, dann nach Hause geht, um den Rest des Abends vor dem TV zu sitzen, ist die Wahrscheinlichkeit eher gering. Der Zukunftstrend geht nach vermehrter Einsamkeit. Will der Betreffende das ändern, muss er mehr ausgehen, sich sehen lassen und aktiver sein. Tut er das, hat er die Chancen um ein Vielfaches erhöht. Natürlich gibt es immer kleinere Unwägbarkeiten – so könnte zum Beispiel seine Traumfrau in die Wohnung über ihm ziehen und man lernt sich kennen, weil sie einen Schraubenzieher borgen will. Das fiele allerdings wieder unter die Kategorie "Glück".
Die großen Propheten, wie zum Beispiel Nostradamus, haben ihre Vorhersagen vor langer Zeit gemacht, augenscheinlich zu dem Zweck des Beurteilens – denn was schon eingetroffen ist, kann bewertet werden. Aber genützt hat es wohl niemandem – nicht nur, weil es oft verschlüsselte Botschaften sind, sondern auch, weil niemand etwas daran hätte ändern können. Natürlich kann angemerkt werden, dass die kleinen Warnungen vor "Streit" oder "Falschheit im Freundeskreis" den Blick etwas schärfen und eine gewisse Hilfe sind – aber wer die ersten Anzeichen einer "Diskussion" nicht erkennt und sich dann entsprechend verhält, wird es auch dann nicht tun, wenn es direkt geschieht. Ob er nun gewarnt wurde oder nicht – es kann sogar passieren, dass man sensibler reagiert als sonst, und wenn dadurch wieder eine kleine Meinungsverschiedenheit eskaliert ist, kann man hinterher sagen: "Ha!!! Karten, Pendel, Horoskop oder sonstige Mittel hatten Recht." Aber damit ist auch nichts geholfen – besser wäre es gewesen, den gesunden Menschenverstand oder das richtige Bauchgefühl zu aktivieren, um so etwas erst gar nicht aufkommen zu lassen.
Wer in der Lage ist, den direkten Trend zu erkennen, kann wirkliche Hilfe leisten. Zwar ist so gut wie jeder in der Lage, das zu sehen, was aus dem Jetzt resultieren kann – nur muss es tatsächlich realisiert werden. Nicht jeder möchte sich das eingestehen, was er erkennt – ergo braucht er jemanden, der ihm sozusagen die Realität nahe bringt. Dann kann daran gegangen werden, die Zukunft zu verändern.
Zeitgenossen, die sich die Karten legen lassen und hinterher sagen: "Es hat wieder ALLES gestimmt" – die sollten sich fragen, warum sie so am Nachhinein interessiert sind, wo es ihnen doch scheinbar um die Zukunft ging. Wenn sie das, was kommen soll, als Trefferpunkt sehen, den es zu bewerten gilt, dann verschenken sie vor allem die Gegenwart. Die sollte vor allem gelebt und nicht erst als bestätigte Vergangenheit gesehen werden.
© "Neugier mit gesundem Menschenverstand": Textbeitrag von Winfried Brumma (Pressenet), 2010. Die Abbildung zeigt Flammarions Holzstich "Neugier, hinter die Dinge zu schauen", 1888 (Quelle: Wikipedia, Lizenz: gemeinfrei).
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