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Weihnachten hat für mich einen rein nostalgischen Wert. Ich liebe die Ruhe, die an diesen Tagen bei uns einkehrt und die bis in den Januar andauert. Ein wirklich kindliches Vergnügen an den Farben Rot und Grün, dazu Silber oder Gold. Glitzersatt und heimelig leuchtend. Der Duft kommt dazu und dieses Gefühl von "Friede den Menschen auf Erden". Einen religiösen Anspruch habe ich nicht dabei, weder christlich noch heidnisch.
Zwar verstehe ich, wieso unsere Voreltern diese Zeit herbeigesehnt haben, in der die längste Nacht des Jahres vorbeiging und es langsam aber stetig wieder mehr Licht gab. Hier war es das Jahreskind, das geboren wurde, um ein Jahr später zu sterben, um wiederum geboren zu werden. Da ist es der Lichtbringer und Erlöser. Große Unterschiede sehe ich da nicht.
Es ist ein Atemholen für mich, dieses Weihnachten. Früher kam der Schnee dazu, dieses weiße Zeug, das Postkarten so unwiderstehlich machte und im Ohr dieses Geklingel von Schellen installierte. Stadtkinder haben heute kaum einen Bezug dazu. Schnee ist selten um diese Zeit und das Gebimmel fehlt völlig.
Trotzdem ist diese Zeit eine Art dreidimensionaler Adventskalender in kitschigem Stil und mit Silberglitzer. Erinnerungen an die ganz frühen Jahre, als Opa den Christbaum schmückte und peinlichst genau darauf achtete, dass niemals zwei gleichfarbige Objekte zu nah beieinander hingen. Krippe gab es nie eine, man war nicht übertrieben religiös.
Oma hatte es auch nicht sehr mit Backen und gab bei der Bäckerei im Viertel die Plätzchen rechtzeitig in Auftrag. Dann füllte sie diese Pappteller mit Engelsmotiv für jeden. Und da ging es sehr gerecht zu. Der Baum war immer echt, was ich für mich heute ablehne und ein wiederverwendbares Modell aufstelle. Mir behagt der Gedanke nicht, dass so eine Fichte oder Tanne abgeholzt wird, damit sie stirbt. Den Geruch vermisse ich zwar, aber es gibt Alternativen.
Echte Kerzen für den Baum waren damals ein Muss. Aber auch das gibt es bei uns nicht. Zu gefährlich. Außer am Baum stehen aber überall welche herum. Teelichter in Laternchen und rote Kerzen in Haltern.
Unser Weihnachten damals war nicht von verwandtschaftlichen Überfällen geprägt. Es kamen Onkel und Tanten vorbei und brachten Geschenke, das war eigentlich alles. Ein gemeinsames, großes Essen gab es nicht.
Wir waren meist nur zu dritt. Eingekuschelt in eine kerzenerleuchtete, duftende Blase von Friedfertigkeit und völlig ohne Stress. Nun ja, völlig nicht. Da war das Weihnachtsessen, das auch für drei Leute eine wichtige Angelegenheit war.
Ich habe eine Freundin, die schon im Herbst Angst vor diesem Stress hat. Sie macht Truthahn zu Weihnachten und lädt die ganze Familie ein. Für diejenigen, die das nicht mögen, macht sie auch noch einen Rollbraten. Und natürlich macht sie ihre Plätzchen selbst. Und jedes Jahr sagt sie, dass sie sich das zukünftig nicht mehr antut und die Kinder wirklich alt genug sind, um selber diese Tour zu bewältigen. Nun ja, vielleicht schafft sie es ja dieses Jahr.
In den Zeiten vor Amazon gab es zu Weihnachten immer dieses eine, besondere Geschenk. Etwas, das man sich über das Jahr ausdenken und wünschen konnte. Etwas richtig Großes. Dazu noch Kleinigkeiten wie Bücher, Kleider und sonstigen Kram. Aber nur ein wirklich teures Geschenk.
Irgendwie schafften sie es immer, das zu verstecken. Man wusste zwar, was man bekam, aber freute sich wie Bolle, wenn man es endlich zu sehen kriegte. Bei uns wurde weder gesungen noch wurde ich als Kind zu sonderbaren Darbietungen gezwungen. So wie Gedichte aufsagen oder ähnliche Übungen. Dazu war der Fernseher da. Da hörte und sah man genug.
Ich selber war völlig in dieser Weihnachtswelt gefangen. Keine Schule, keine Freundinnen, einfach nur dieses wohlig heimelige Gefühl. Und draußen lag Schnee. Den Erwachsenen wird es genauso gegangen sein. Endlich Ruhe. Dabei war alles noch etwas geruhsamer damals.
Heute hat so ein bärtiger Typ aus Amerika (der eigentlich die Erfindung des Deutschen Thomas Nast ist) alles übernommen. Der nette Dicke in seinen knallroten Klamotten taucht überall auf. In den 60er-Jahren wartete ich tatsächlich noch auf das Christkind, das ich mir als kleines Mädchen vorstellte: wie einen dieser kindlich süßen Engel, aber ohne Flügel.
Eins ist mir heute aber geblieben: die Ruhe über die Feiertage. Kein Stress, keine Leute, keine Verpflichtungen. Einfach baumeln lassen, so gut es geht. Wer unter Weihnachten eine große Tafel mit Verwandten und Freunden versteht, wird leiden unter den Beschränkungen zur Corona-Pandemie.
Viele haben Glück, für sie ändert sich dadurch überhaupt nichts. Das Internet hat dafür gesorgt, dass wir uns alle direkt viel Freude mittels oberkitschiger Bilder oder Fotos von der Familie schicken können. Postkarten werden auch noch versendet von den harten Nostalgikern.
Und da gibt es auch noch Adventskalender. Mit Sachen drin, oder mit Schokolade. Ich besorge immer welche, die so aussehen, wie die in meiner Kindheit. Nur Türchen mit schlecht gezeichneten Bildchen dahinter. Das bringt einiges zurück von dieser Wunderwelt. Und dazu eine Verfilmung der Weihnachtsgeschichte von Charles Dickens. Davon gibt es wirklich eine ganze Menge.
Das ist Weihnachten für mich. Und niemand kann das abschaffen. Niemals.
© "Weihnachten: Gemeinsam im kleinen Kreis und ohne Stress": Textbeitrag und Abbildungen von Izabel Comati (Pressenet), 12/2020.
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