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Nadine Krämer wächst in einer Welt voller Geheimnisse auf, die unsagbar viele Fragen aufwerfen. Sie glaubt, die Antworten in einem Studium an der Großen Universität des Kaiserreiches zu finden. Doch dieses Ziel ist nicht so einfach zu erreichen, wie es scheint.
Zudem geschehen einige schreckliche Dinge, die Nadine daran zweifeln lassen, ob es wirklich so klug wäre, die Mauern einzureißen, hinter denen die Wahrheit verborgen liegt.
Das Schicksal lässt Nadine jedoch keine Wahl und zwingt sie gnadenlos in den Kampf um die Wahrheit und zur Entscheidung über das Schicksal der verbliebenen Menschen, den Verbannten.
Die Taschenbuch-Ausgabe "Die Wahrheit der Verbannten (Band 1 der Verbannten-Trilogie)" ist 633 Seiten stark und wurde im September 2019 veröffentlicht (ISBN 978-1689919920). Der Fantasy-Roman von Nicole Weber ist auch als E-Book im Online-Buchhandel erhältlich.
Carsdag, 10. Dedaelus, Jahr 615
Der große Tag war endlich da. Auf gewisse Weise empfand ich an jenem Morgen eine größere Aufregung als vor der Schlacht am Jilbal. Amal, der neben mir durch den Park auf die Kathedrale zuschritt, sah in seinem perfekt geschnittenen Maßanzug und dem Vollbart, den er sich in den letzten Wochen hatte stehen lassen, außerordentlich stattlich aus. Doch auch ich musste mich bestimmt nicht verstecken. Ich trug ein cremeweißes, mit Perlen besticktes Kleid und einen grünen Überwurf, der besonders gut zu meinen Augen passte. In meine Haare hatten Mägde Fäden aus purem Silber und Gold eingeflochten und sie kunstvoll mit einem silbernen Diadem verflochten aufgesteckt.
Die Sonne schien angenehm warm von einem wolkenlosen Himmel und ich fühlte mich seltsam beschwingt, fast als wäre all dies nur ein Traum, durch den ich wanderte. Den gesamten Weg von der Gilde bis zur Kathedrale säumten hunderte von Menschen die Straßen und jubelten uns zu. Ich fragte mich, was man ihnen wohl erzählt hatte und bemerkte, wie meine Hand anfing zu schwitzen, die wie einstudiert leicht wie eine Feder auf Amals angewinkeltem Arm ruhte.
Anianuel hatte uns ermahnt, ein möglichst freundliches Gesicht zu machen und in die Menge zu lächeln, aber bereits nach wenigen Metern begannen die vielen Gesichter, vor mir zu verschwimmen und eine leichte Übelkeit drückte mir auf den Magen, sodass ich schon Mühe hatte, mein Gesicht nicht zu einer leidenden Grimasse zu verziehen, geschweige denn, diese vielen Fremden auch noch anzulächeln. Amal hingegen hatte sich mal wieder glänzend unter Kontrolle.
Das, vor dem es mir am meisten graute, sollte allerdings noch folgen, denn vor der Kathedrale erwartete uns die kaiserliche Garde, die für ihr neues Herrscherpaar bis zum Portal hinauf Spalier stand. Nun wagte ich es erst recht nicht mehr, nach links und rechts zu blicken, aus Angst, dabei direkt in Sebastians anklagende, verletzte Augen zu schauen. Trotzdem spürte ich die Blicke der Gardisten heiß und kalt und stechend in meinem Rücken. Immerhin erkannten mich vermutlich die meisten von ihnen wieder. Dankbar über Amals starken Arm, der mich führte, schritt ich dennoch erhobenen Hauptes durch sie hindurch und atmete erst wieder auf, als endlich das schwere Portal vor uns geöffnet wurde.
Im Innern durchfuhr mich ein kurzer Schreck, denn dort wurden wir von niemand anderem als dem Obersten Rat Albert begrüßt, sowie dem Kommandanten der kaiserlichen Garde, Esbenus persönlich. Kein Zucken in seinem Gesicht wies jedoch darauf hin, dass er mich wiedererkannte und so bedachte ich ihn nach seiner Verbeugung mit keinem allzu gequälten Lächeln.
Anschließend ging es weiter den Gang der Kathedrale entlang. Albert und Esbenus folgten uns dabei mit jeweils vier Schritten Abstand. Die Bänke des Gotteshauses quollen beinahe über vor Menschen und ich staunte, dass es trotz dieser Masse von Leuten so still in der Kirche war, dass man jeden einzelnen unserer Schritte wie einen Trommelschlag auf dem Marmorboden aufschlagen hörte.
Der Gang bis zum Altar kam mir beinahe endlos vor und am liebsten wäre ich schneller gelaufen, aber Anianuel hatte uns den Takt unserer Schritte tags zuvor genau einstudieren lassen und ich wagte es weder, ihn zu enttäuschen noch wollte ich mich vor so vielen Menschen der Lächerlichkeit preisgeben und so biss ich die Zähne zusammen und schritt so würdevoll ich konnte neben Amal her zum Traualtar.
Schon von weitem entdeckte ich in der ersten Reihe die Köpfe von Haegar, Denis und Emil und daneben die von Harald, Karl und Richard. Auf einmal fühlte ich einen schmerzhaften Stich in der Brust, denn ich wünschte mir plötzlich nichts sehnlicher, als dass mein Vater dort neben ihnen sitzen würde, um mich an diesem Tag zu sehen. Die Erkenntnis, dass ich ihn nie wiedersehen würde traf mich wie ein Peitschenschlag und ich musste aufpassen, damit mir meine Gesichtszüge auf den letzten Metern nicht doch noch entglitten. Fast war es, als hätte ich erst jetzt begriffen, wie endgültig der Tod in Wirklichkeit war. Zumindest für die Lebenden.
Anianuel schenkte uns ein aufmunterndes Lächeln, als wir endlich den Altar erreichten und vor ihm niederknieten. Da die Nachricht über den drohenden Angriff der Dämonen seit gestern wie ein Damoklesschwert über uns hing, hatten Richard und die Engel beschlossen, die Trauungszeremonie und die Krönung danach so kurz wie möglich zu halten, um so schnell wie möglich mit dem Weben des neuen Turmzaubers zu beginnen. Deshalb sprach Anianuel lediglich ein paar segnende Worte zu unserer neuen Verbindung und anschließend traten Albert und Esbenus bereits vor, um Amal die Krone und das Schwert des verblichenen Kaisers Markus zu überreichen. Dazu erhoben wir uns für einen Moment und dabei wurde mir so schwindelig, dass ich schon fürchtete, mein mageres Frühstück würde mir wieder hochkommen.
Unwillkürlich drückte ich den Arm meines Mannes fester und zum Glück reagierte dieser sofort und balancierte mein Schwanken so unauffällig aus, dass ich sicher war, niemand hatte es bemerkt. Glücklicherweise mussten wir uns gleich darauf sowieso wieder niederknien, da nun das Ritual der Magier losging.
Mit gesenktem Kopf beobachtete ich aus den Augenwinkeln, wie sich die Magier der Gilde, die Nonnen aus Palina, die restlichen Mönche aus Eriah und die wenigen Freiwilligen aus Sirastan und Brisgar in einem Halbkreis hinter uns aufstellten, während sich Jerathel an Anianuels Seite begab. Die beiden Engel legten jedem von uns eine Hand auf die Schulter und ich begann, wie besprochen in mich hineinzuhorchen.
Eigentlich hätte der Strom der Magie nun bereits beginnen sollen, durch mich hindurchzufließen, aber bevor es losgehen konnte, trat Richard noch einmal an Anianuel heran: "Kardinal? Kelborn, Zacharias und Raphael sind nicht hier", er flüsterte so leise, dass ich kaum etwas verstehen konnte, doch bei diesen Worten begannen mir die Haare zu Berge zu stehen. Anianuel zögerte keine Sekunde. "In Ordnung, verstehe. Darum kümmern wir uns später. Umso wichtiger, dass wir schnell fortfahren", wisperte er zurück.
Obwohl mir der Gedanke an Kelborns Verschwinden enormes Unbehagen bereitete und die Frage danach, was er wohl vorhatte, mich beinahe um den Verstand brachte, fühlte ich kurz darauf, wie die Magie um uns herum anfing, anzuschwellen und durch die Hände der Engel hindurch in uns hineinzufließen. ...
Auf dem Autorinnenprofil von Nicole Weber wird neben dem 1. Band auch ihr zweiter Fantasy-Band vorgestellt: unter dem Titel "Die Rückkehr der Verbannten" ist dieses Buch seit dem 17. April 2020 im Handel erhältlich (als Taschenbuch mit 630 Seiten, ISBN 978-1674693439; sowie auch als E-Book).
© "Das Ritual": Der Autorin Nicole Weber danken wir herzlich für die Leseprobe aus "Die Wahrheit der Verbannten" und die Coverabbildung, 05/2020.
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