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Im 1. Band der "Quintustrilogie" wird das private und berufliche Schicksal des jungen Journalisten Quintus Schneefahl mit der Geschichte des Ersten Weltkrieges verknüpft.
Der Autor Thomas Persdorf versteht es gekonnt, die positiven und negativen Erlebnisse des Quintus in einen spannenden Roman zu verpacken, der zahlreiche historisch belegte Fakten, sorgfältig recherchiert, in die Handlung einbindet.
Buchempfehlung: Das 372-seitige Taschenbuch "Entlang des Großen Krieges" wurde im Oktober 2018 von Shaker Media herausgegeben (ISBN 978-3956316869). Der historische Roman von Thomas Persdorf ist auch als Audible-Hörbuch in ungekürzter Fassung erhältlich (Dauer ca. 8,5 Stunden).
Bis tief in die Nacht hinein hatte Quintus die letzten Nummern der Deutschen Kriegszeitung studiert, außerdem den Tagesanzeiger, das Hausblatt der Wachens, und das Kartenmaterial zum Frontverlauf im Westen. Bestens gelaunt sprang er am nächsten Morgen aus dem Bett. Endlich! Endlich ein Erfolg, ein Durchbruch über die Aisne, zurück an die Marne, die große Frühjahrsoffensive. Gloria! Victoria! Soissons genommen. 65.000 Gefangene. "Heil Dir im Siegerkranz", Quintus steppte singend durch seine Apfelkammer.
Meister Hippolyt hämmerte schon sein metallenes Lied und aus der Stellmacherei schrie hell und anhaltend die Kreissäge. Quintus atmete tief durch, lauschte der Hofmusik. Ihre Vertrautheit beruhigte ihn.
Im Stalleingang gegenüber tauchte Amelie auf, Tante Rosi am Zügel. Fleckerl sprang kläffend um die beiden herum, geradezu närrisch vor Ausgangsfreude. Ungnädig wendete die alte Rosi dem Hund ihren großen Pferdekopf zu, schnaubte missmutig und stampfte verärgert auf, weil ihr der junge Übermut versuchte in die Fesseln zu zwicken.
Quintus schlenderte hinüber und lächelte ein "Guten Morgen". Sie nickte überraschend freundlich, sehr freundlich, womit er gar nicht gerechnet hatte, und sah ihm dabei auffallend lange in die Augen. Sie ist groß geworden, dachte Quintus, fraulicher. An mehreren Stellen. Schmunzelte.
Ihr üppiges, feines Kräuselhaar hatte Amelie in einen langen Zopf gezwungen, was ihr schmales Gesicht hervorhob und ihr besonders gut stand. Kerzengerade wie ihr Großvater hielt sie sich und wirkte genau wie der alte Rittmeister: hochgeschossen und langbeinig, noch betont durch die Länge ihrer aufwärts strebenden, spiegelblanken Reitstiefelschäfte.
"Soll ich dich, ... ich meine, ... möchtest du, dass ich dich begleite? Es ist Mittwoch." Sie nickte lebhaft. "Unser Mittwoch", sagte sie schwerfällig und es fiel ihm auf, dass sie etwas stotterte dabei.
Kaum im Obstgarten, strauchelte sie an einer hilfreichen Bodenwelle und griff nach seiner Hand. Drehte sich schon wenig später zu ihm. "Sag's mir jetzt!" Jedes Wort einzeln hervor gepresst. "Was meinst du? Was soll ich dir sagen?" Sie zog einen mehrfach gefalteten Zettel aus der Tasche ihres Reiterrockes. "Nein, Amelie, nein!" Bestimmt und energisch. Es war das erste Mal, dass er ihr einen Wunsch ausschlug. Aber junge Mädchen und Frauen haben eine hochwirksame Waffe gegen Verweigerungen und Nein-sagen: tränenverschleierte Augen. Und genau damit glitzerte sie ihn an. "Bitte", flüsterte sie stockend, "bitte!" Bleich und viel sommersprossiger als gewöhnlich schaute sie auf Quintus. Der steckte den Zettel ein. Überlegte. Kein weiteres Versteckspiel mehr, dachte er und nahm all seinen Mut zusammen, wie damals in der Nacht, als er zu Lale gegangen war.
"Amelie", sagte er mit einer Stimme, die sie nicht an ihm kannte, "ich ... ich habe dich auch lieb, sehr lieb sogar ..." Sie starrte ihn an, erwartete das "Aber". Und es kam: "Aber ich kann doch nicht deinen Vater hintergehen, der mir seine minderjährige Tochter anvertraut hat, der mir nach Brest geschrieben hat, ich solle mich von seiner Familie angenommen und in ihr aufgehoben fühlen. Amelie, willst du einen Heuchler und Betrüger lieben, einen Mann ohne Ehre? Willst du das? Oder soll ich zu deinem Vater gehen und sagen: Wir lieben uns, die Komtess Amalia von Wachen und ich, der nicht standesgemäße Hilfsarbeiter und Habenichts Quintus Virilius Schneefahl." Bitter, zum Schluss verzweifelt und fast weinerlich, hatte Quintus die ganze Wahrheit herausgelassen.
"Hast du vielleicht eine Antwort auf diese Fragen?" Amelie schüttelte nur den Kopf. Nicht, weil sie keine Antwort wusste, sondern weil sich alle diese Fragen für sie gar nicht stellten. Sie drehte sich vor ihn, so, dass er stehen bleiben musste, presste seine Hand, so fest sie konnte. Man merkte ihr an, welche Mühe ihr das Sprechen bereitete, wie sie die Worte angestrengt formte, nach vorne schob und stolpernd herausstieß. "Die Liebe kennt nur eine Frage, Quintus! Sie heißt: Liebst du mich?"
Quintus war sprachlos und staunte sie an. Was für eine Chaos-Logik war das denn? Sie gingen schweigend durch das zarte Blattgrün und letzte Blütenweiß des langgestreckten Obstgartens, das dumpfe Rupfen des Pferdemauls wie eine Begleitmusik hinter sich, den Mühlbach entlang, hinunter zum Kiessee. Amelie war glücklich, und seine Hand ließ sie bis zum Hofeingang nicht mehr los. ...
Hinweis: Der Titel des 2. Bandes lautet "Das V der Kraniche". Auch aus diesem Buch hatte uns der Autor Thomas Persdorf eine Leseprobe zur Verfügung gestellt.
© Buchempfehlung: "Entlang des Großen Krieges". Dem Autor Thomas Persdorf danken wir herzlich für den Textauszug aus seinem historischen Roman sowie die Abbildung des Buchcovers, 03/2020.
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