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Martha Jane Cannary war eine der interessantesten Frauengestalten des 19. Jahrhunderts, unangepasst und nicht gerade eine Vorzeigefrau für Salons. Sieht man sie vor dem Hintergrund ihrer Zeit, erscheint sie noch weitaus ungewöhnlicher.
Martha kam 1852 im amerikanischen Princeton, Missouri, auf die Welt und war das älteste der sechs Kinder einer Prediger-Familie. Das Mädchen wurde mit 15 Vollwaise und war nun verantwortlich für ihre Geschwister. Sie suchte nach Möglichkeiten, die Familie zu ernähren – und das tat die junge Frau auf sehr unkonventionelle Art, denn sie dachte nicht daran, auf die den Frauen sonst zugängliche Art und Weise für den Lebensunterhalt zu sorgen, sondern schlug einen völlig anderen Weg ein.
Der Westen Amerikas war zu dieser Zeit nicht eben zum Großteil von verzärtelten Damen der Salons bevölkert, denn die Siedlerfrauen leisteten unglaublich harte Arbeit. Ohne die starken Frauen wären die großen Trecks ebenso wie die Erschließung des Landes nicht möglich gewesen – und sie taten das unter den allerschlimmsten und gefährlichsten Bedingungen, in Haube und langen Kattunröcken. Doch Martha entschied sich dagegen – sie legte Männerkleidung an und machte sich auf, um Geld zu verdienen. Das war Frauen aus einfachen Verhältnissen nur bei magerem Verdienst als Wasch- oder Putzfrau möglich, jedenfalls wenn es eine "ehrbare" Arbeit sein sollte. Von guter Bezahlung konnte dabei kaum die Rede sein.
Martha forderte für sich mehr ein, und sie tat, was sonst nur Männer taten. Sie fuhr Postkutschen, grub nach Gold und arbeitete als Kurier. Sie arbeitete in Saloons, war Krankenschwester und sogar Scout für General Custer. In einer Männerwelt musste sie schon einiges bieten, um anerkannt zu werden – und das tat sie. Ihre Schießkunst ist legendär, jedenfalls war sie groß genug, um den Respekt der Männer fordern zu können. Außerdem kaute sie Tabak, fluchte wie der Teufel und setzte wahrscheinlich immer noch einen drauf. Kurzum, sie musste als Frau in dieser Welt mehr Mann sein als die "echten" Männer – und sie war es auch.
Wie sie zu ihrem Spitznamen kam, der im ganzen Westen berühmt werden sollte, ist nicht eindeutig geklärt – aber er wurde zu ihrer ganz persönlichen Legende: "Calamity Jane". "Katastrophen Jane" wurde zu einem Namen, der mitgenannt wurde, wenn von den Helden des Wilden Westens die Rede war. Jane lebte unstet, wahrscheinlich war sie eine Getriebene. Wer unter den damaligen Umständen das raue Leben draußen und unter Männern meisterte, konnte wohl nicht mehr in ein normales Dasein als Hausfrau und Mutter zurückkehren. Nicht, dass ein solches nicht ebenso hart gewesen wäre – aber eben auf andere Art.
Liest man ihre Autobiografie, kann man auf den Gedanken kommen, dass der Revolverheld "Wild Bill Hickok" wohl ihre große Liebe war. Ob sie erwidert wurde, ist nicht klar – Tatsache ist, dass Jane dem "Wilden Bill" ein Denkmal gesetzt hat in ihren schriftlichen Erinnerungen. Da sie ebenso gut ritt wie schoss, schloss sie sich Buffalo Bills berühmter Wildwest Show an und baute ihren eigenen Mythos weiter aus. Ihr Leben war wild und hart – aber glücklich war es wahrscheinlich nicht. Martha blieb nirgends lange, war aggressiv und dominant, wenn es ihr in den Kram passte und legte sich ohne Rücksichten mit Leuten an, wenn sie es für richtig hielt – auch wenn sie sich selbst damit schadete – so geriet sie meist in Streit mit ihren Arbeitgebern und musste weiterziehen.
Mit ihrer Gesundheit stand es in ihren letzten Lebensjahren nicht zum Besten – sie starb mit 51 einsam in einem Hotelzimmer. Es wäre einfacher, wenn sie eine glückliche Aussteigerin gewesen wäre, eine Vorbildamazone und Frontfrau ... aber so war es nicht ganz. Was immer sie zu dem trieb, was sie tat, wissen wir nicht – aber es muss auch Momente gegeben haben, in denen sie zerrissen war. Man fand in ihrem Nachlass viele Briefe an ihre Tochter, die sie weggegeben hatte ... ein Bündel Briefe, die nie abgeschickt wurden.
Man kann sich vielleicht vorstellen, dass Martha zuweilen unter ihrer Entscheidung gelitten hatte – auch wenn sie unmöglich eine andere hätte treffen können. Sie war eben "Calamity Jane" – zu ihrer Legende gehört, dass sie ein wildes, intensives und auch kurzes Leben hatte.
© Textbeitrag "Calamity Jane: Hände hoch, Schurke!": Winfried Brumma (Pressenet), 2011. Die Fotografie zeigt "Calamity Jane", etwa um 1880 (Quelle: Wikipedia, Lizenz: gemeinfrei).
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