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Am 15. Dezember jährt sich der Tod eines berühmten Mannes, der auf ein bewegtes Leben zurückschauen konnte und im Jahre 1890 erschossen wurde. Sitting Bull, der legendäre Lakota-Häuptling, ist so gut wie jedem bekannt, der sich auch nur ansatzweise für die Geschichte Amerikas und der dort lebenden Indianer interessiert. Sitting Bull – wörtlich übersetzt: "sich setzender Bulle" – war einer der Menschen, die zeitlebens versuchten, zu vermitteln zwischen den Einwanderern aus Europa und den Indianern.
Sitting Bull ließ sich 1885 von William Frederick Cody, besser bekannt unter dem Namen "Buffalo Bill", für dessen Wildwestshow anheuern. Codys monumentales Spektakel war eine bisher nicht dagewesene Aufführung von allen erdenklichen Klischees über den "Westen" und die Indianerkriege. Die Zahl der Mitwirkenden ging in die Hunderte, die Tiere nicht eingerechnet.
Cody hatte es fertiggebracht, neben anderen namhaften Häuptlingen auch den berühmten Sitting Bull in seine Show zu bekommen – eine Tatsache, die nicht recht zu dem Bild zu passen scheint, das man sich vom letzten großen Häuptling der Lakota macht. Aber es gibt eine Erklärung dafür, denn Thathanka Iyotake, wie Sitting Bull in seiner Muttersprache genannt wurde, hatte ein Anliegen. Zwar war ihm klar, dass die Show keinesfalls ein wirkliches Bild vom Leben im Westen und schon gar nicht die tatsächlichen Geschehnisse in den Kriegen zwischen "Roten" und "Weißen" zeigten, vor allem, da sich die letzteren nicht gerade mit wirklichem Ruhm bedeckt hatten (jedes kleine Scharmützel, bei dem jemand verletzt wurde, ging als heldenhafte Schlacht durch die Presse und die Bösebuben-Rolle hatten dabei immer die Indianer).
Die Kunststücke, die nachgestellten Kämpfe und das ganze aufregende Spektakel werden in Sitting Bulls Augen nichts anderes als Kinderkram oder eben einer der unbegreiflichen Einfälle der Weißen gewesen sein. Ihm ging es nicht um Authentizität, ihm ging es wohl eher um das Symbolische, denn Sitting Bull erfasste nicht, dass es sich bei der ganzen Angelegenheit um eine Show handelte – er, der die kunstvoll und spannend belebten Geschichten am Feuer kannte und die erzählenden Tänze, er hielt es vielleicht für eine Berichterstattung. Und er wollte die Chance nutzen, seine Sicht der Dinge zu erklären, die Gräueltaten der Weißen anzuprangern und vor allem um Verständnis für sein Volk zu werben.
Sitting Bull hielt Ansprachen in Lakota, seiner eigenen Sprache. Das passte hervorragend in die Aufführung, aber niemand verstand es oder interessierte sich dafür – außer natürlich für den herrlich "echten" Effekt. Wir wissen nicht genau, inwieweit Cody das forciert hat und was er dem Häuptling alles weismachte, damit dieser sich für so ein gigantisches Tingeltangel mit Pferden und Büffeln hergab – aber er wird wohl sein Teil dazu beigetragen haben.
Einer der Großen des Lakota-Volkes, ein spiritueller Führer und Häuptling, steht inmitten von Geballere und Gejohle. Er spricht Worte, die aus seinem Herzen kommen und reitet mit anderen seiner Art auf Ponys im Kreisel, um sich zu zeigen. Für die Zuschauer (und wahrscheinlich für viele seiner "Kollegen") ist er nicht mehr als ein Wilder, der unverständliches Kauderwelsch von sich gibt und zu dem gewaltigen Tross des selbsternannten Helden Buffalo Bill gehört. Was in Sitting Bull vorgegangen ist, können wir nicht wissen – für gewöhnlich konnte er Menschen oder Umstände sehr gut einschätzen, aber die verzweifelte Hoffnung lässt einen Menschen Dinge tun, die er sonst von sich weisen würde.
Lange nach den Massakern an den Einwohnern Amerikas, den Indianern, hat sich das Denken gewandelt, leider oft auch in das krasse Gegenteil. So ist die Legende vom edlen Wilden auch nur eine Ausgrenzung ... wenn auch unter umgekehrten Vorzeichen. Nimmt man aber einen bestimmten Spruch, der Sitting Bull zugeschrieben wird, so kann man auf jeden Fall an einen weisen und weitsichtigen Menschen denken: "Wir haben die Erde nicht von unseren Vorfahren geerbt, wir haben sie von unseren Kindern geliehen."
© "Sitting Bull, der legendäre Häuptling": Textbeitrag von Winfried Brumma (Pressenet), 2011. Die Abbildung zeigt Sitting Bull, etwa 1882 (Quelle: Wikipedia, Lizenz: gemeinfrei).
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