|
Eine Kunstkritik von Anja Junghans-Demtröder
Claude Monets großartiges Werk verkörpert Tugenden wie kraftvolle Dynamik und leidenschaftliche Lebendigkeit, wie sie bedeutender für den Impressionismus nicht sein könnten. Paul Cézanne empfand eine gewisse Hochachtung für Monet, indem er ihn als "das wunderbarste Auge, seit es Maler gibt", betitelte. Monet machte es sich zur malerischen Hauptaufgabe, seine Landschaftsmotive wahrheitsgetreu und auf natürliche Art wiederzugeben. Es ist gerade die Empfindung seiner Sinne, die konsequent viele Jahrzehnte in seinen Bildern überdauert, der eigentliche persönliche Eindruck dieses wundervollen Realisten, der die Kunstrichtung Impressionismus berühmt gemacht und mitgeprägt hat.
Claude Monet widmete sich vielen gängigen Bildgattungen, doch keine vermochte ihn so in Versuchung zu führen wie die der Landschaftsmalerei. Der Maler Eugène Boudin lehrte den jungen Monet im Jahre 1858 das neue Sehen der Natur, und seit dieser Zeit, trotz seines noch so jungen Alters, fühlte Monet sich zur Freilichtmalerei berufen. In Eugène Boudin sah Monet seinen eigentlichen Lehrer, der seinen persönlichen Malstil prägte und unter dessen Aufsicht er im genannten Jahr sein erstes Landschaftsbild unter freiem Himmel erstellte. Für Monet bedeutete diese Erfahrung gleichsam, seine eigentliche Bestimmung gefunden zu haben: als Maler, der allein, nur von der Natur umgeben, eine Unabhängigkeit spürte, wie sie nur in Freiheit zustande kam. Die Überzeugung, das Gesehene nur durch den direkten Kontakt mit der Natur wahrheitsgemäß wiederzugeben, war von nun an in Monet fest verankert.
Monet begann seine Anfänge und Lehren in Paris, aber offen gesagt hat er keinen Menschen um das Großstadtleben beneidet. Allein im Getümmel der Stadt vermochte er weniger zu leisten als in der natürlichen Landschaft. Das ständige Rangen um Erneuerung althergeholter Kunst war für Monet genauso problematisch wie für manch anderen aufstrebenden modernen Künstler. Er verachtete die Lehrmethoden der akademischen Kunstschulen, weil diese nach veraltetem Muster arbeiteten. Genau wie seine Leidensgenossen Édouard Manet oder Auguste Renoir hatte Monet große Schwierigkeiten, sich gegenüber konservativen Anhängern der traditionsbedingten Malerei künstlerisch durchzusetzen.
Obwohl Monet der akademischen Kunst widersprach, sah er doch in den öffentlich geschätzten Ausstellungen der Pariser Salons die Basisvoraussetzung für seine Laufbahn. Doch waren es gerade jene Künstler, die auch das wunderbarste Auge nicht zu schätzen wussten. Beharrlich befürworteten sie bei der Auswahl vornehmlich Werke, die sich an der klassischen Malerei orientierten. Veränderungen oder Erneuerungen sollten schon aus dem Grund keinen Anklang finden, weil man um seine eigene Stellung fürchtete. In den 60er und 70er-Jahren des 19. Jahrhunderts fanden daher nur wenige Werke von Monet den Weg in die Salons.
Monet, der um Anerkennung rang und vor allem auch Anstrengungen unternahm, seinen Berufswunsch vor seiner Familie mit entsprechenden Erfolgen zu rechtfertigen, war von seiner Vorrangstellung, die ihm eines Tags zuteil werden sollte, noch weit entfernt. Doch seine willensstarke und unermüdliche Persönlichkeit machte ihn dennoch schon zu einem großen Maler. So enttäuschend die Ausstellungen für Monet auch liefen, so fand er dennoch den nötigen Ansporn, sich seiner eigenen, seit frühester Jugend beschlossen Erkenntnis zu entsinnen: "Ich male unter freiem Himmel." Es ist beeindruckend, wie viel Konsequenz Monet in seiner Geisteshaltung bewies. Gewann er doch in seiner Heimatstadt Le Havre, die an der normannischen Küste gelegen war, die wichtigsten Eindrücke, die förderlich für seinen Weg als Landschaftsmaler waren. Hier schuf er in der Umgebung herausragende Zeitzeugnisse, die Symbol für das waren, was er liebte.
Claude Monet malte mit Vorliebe Darstellungen von Wasser und Himmel, wobei er die atmosphärischen Bedingungen der Naturkräfte realistisch und mit vollkommener Dynamik herausarbeitete, sowie Licht und Farbe in harmonischem Einklang zueinander brachte. Seine Marinebilder und Seestücke beweisen einmal mehr, dass er im Grunde seines Herzens Normanne war. Die Bedeutung des Wassers spielte in Monets Werken eine gewichtige Rolle. Für die Inszenierung seiner Flussszenen legte sich der Naturalist Monet ein kleines Malboot zu, mit dem er Arbeitsausflüge auf der Seine unternahm. Das schwimmende Atelier verfügte über eine ausreichende Überdachung, die vor schlechten Wetterverhältnissen schützte und gleichzeitig genügend Sonnenschutz bot. Édouard Manet verewigte Claude Monet im Jahre 1874 während eines Arbeitsvorganges vom Ufer aus.
Monet musste in seinem Leben viele finanzielle Krisen meistern, was nicht selten zum Wechsel des Aufenthaltsortes führte. Gemessen an der Veränderung des Umfelds und der Lebensumstände entstanden vereinzelt Figurenbilder, die zum Teil an Édouard Manet erinnern, aber auch Parkansichten in Paris darstellten, die jedoch ab Beginn der 1880er Jahre völlig aus dem Repertoire Monets verschwanden. Die zunehmende Abneigung, die Monet im gesetzten Alter für Paris empfand, könnte wohl ein Grund für seine Neigungen gewesen sein.
Monets Werke erfreuten sich erst ab dem Jahr 1889 begeisterten Zuspruch. Seine Fähigkeit, die Lichtunterschiede der jeweiligen Wetterverhältnisse feinsinnig herauszustellen, galt im höchsten Maße als anerkannt. So kommt uns die kritische Bemerkung, die Monet durch die alte Garde in Jugendjahren widerfuhr, eher absonderlich vor. Demnach sollte er sich vorrangig an den Stil halten und sich weniger um die Natur scheren. Doch war es gerade die Natur, die dem Maler viel mehr Interessantes bot, so dass er den Stil für entbehrlich hielt. Noch kurz vor seinem Tod beteuerte Monet, immer unter freiem Himmel mit direktem Kontakt zur Natur gemalt zu haben. Ein Verdienst, der diesen malerischen Realisten als den berühmtesten Impressionisten der vergangenen Zeit auszeichnet.
"Ich wollte die Natur kopieren, aber ich konnte es nicht. Ich war jedoch mit mir zufrieden, als ich entdeckte, dass man die Sonne nicht wiedergeben kann, sondern dass man sie mit etwas anderem darstellen muss ... mit der Farbe." (Claude Monet)
© "Der Künstler Claude Monet: Ein malerischer Realist": Eine Kunstrezension von Anja Junghans-Demtröder.
Die Abbildungen zeigen eine Fotografie von Claude Monet (1899), sowie sein Gemälde Impression Sonnenaufgang (1872). Das Gemälde "Claude Monet in seinem schwimmenden Atelier" stammt von Édouard Manet (1874). Quellen: Wikipedia, Lizenzen: Public domain bzw. gemeinfrei.
Archive:
Jahrgänge:
2022 |
2021 |
2020 |
2019 |
2018 |
2017 |
2016 |
2015 |
2014 |
2013 |
2012 |
2011 |
2010 |
2009
Themen:
Rezensionen |
Krimi Thriller |
Ratgeber |
Sagen Legenden |
Fantasy Mythologie
Noch mehr Bücher lesen (Werbung):
Fantasy & Science Fiction
| Krimis & Thriller
| Ratgeber
| Reise & Abenteuer
Sie schreiben anspruchsvolle Romane und Erzählungen? Wir suchen neue Autorinnen und Autoren. Melden Sie sich!
Wenn Sie die Informationen auf diesen Seiten interessant fanden, freuen wir uns über einen Förderbeitrag. Empfehlen Sie uns auch gerne in Ihren Netzwerken. Herzlichen Dank!
Sitemap Impressum Datenschutz RSS Feed