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Es war eine Sensation, anders kann man es nicht beschreiben. Seit die Tochter des reichsten Grundbesitzers von ganz Amaranten heiratsfähig geworden war, hatte sich die Bevölkerung der Hauptstadt praktisch verdoppelt. Wo man sonst nur behäbige Bürger, eilige Dienstboten und an Markttagen auch geschäftstüchtige Bauern sah, rempelten sich jetzt ehewillige Freier auf den Straßen – dies nicht etwa aus Gründen der Streitlust, sondern ganz einfach aus Platzmangel.
Das betuliche Ländchen Amaranten dümpelte gediegen vor sich hin, das Hauptstädtchen Schieferplötzen ebenfalls – man war zufrieden mit sich und der Welt. So hatte das Geschick den Bürgern die Gnade erwiesen, diese als Amaranter auf die Welt kommen zu lassen. So hieß das offiziell, und nicht etwa Amarantaner, wie man das in den Nachbarländern gerne sagte. Die Dienstboten waren auch einigermaßen zufrieden, und sogar die Bettler und fahrenden Gaukler hatten keinen Grund zur Klage – jedenfalls nicht allzu sehr. Wenn es den Bürgern wohl geht, sind sie bereit, etwas von ihrem Tisch herabfallen zu lassen, bildlich gesprochen wohlgemerkt.
Jedenfalls benahm sich das edle Fräulein Rosalia ganz unerwartet und unerhört. Ihre Familie war reich, so reich, dass es den Schieferplötzener Bürgern fast unanständig vorgekommen war. Der alte Krumbholzer – so der Name der Sippe – hatte eine gute Hand für das Geschäft, und ebenso ein gutes Gespür für das Land. Und sparsam war er auch, der Alte – aber bei all seiner Geschäftstüchtigkeit hatte er doch eine Schwachstelle: sein Töchterchen Rosalia. Die Mutter war früh gestorben, und so stand dem fast sittenwidrigen Verwöhnen des Kindes nichts im Wege – und Meister Krumbholzer übte sich in dieser Kunst so fleißig, dass sogar das Hausgesinde den Kopf darüber schüttelte.
Das Kind hatte kaum einen Wunsch geäußert, so bekam es, was es begehrte – aber zum Leidwesen der Tanten und Onkel verlangte die schon früh sehr hübsche Rosalia nicht nach schönen Kleidern und ausgefallenen Spielzeugen, ebenso wenig wie nach besonderen Leckereien oder was sonst die jungen Mädchen aus reichem Hause schätzen. Das Fräulein Rosa bestand auf Büchern. Ihr Vater, der außer seinen Rechnungs- und Geschäftsbüchern nie etwas las, beschaffte einen Hauslehrer und erteilte den Auftrag, alles zu beschaffen, was dem Kind lesenswert erschien.
So kam es, dass im Hause Krumbholzer eine wirklich eindrucksvolle Bibliothek entstand – mit so viel Büchern darin, wie ein Schieferplötzener sie normalerweise im ganzen Leben nicht auf einem Haufen sah. Wohl weit über fünfzig Stück werden es gewesen sein, denn die Buchdruckerkunst im Lande Amaranten war ein eher wenig geübtes Handwerk, wenn auch seit langem bekannt. Also gab der Alte Unsummen aus, um aus dem Ausland Bücher zu beziehen, was ihn in den Augen seiner Nachbarn vollends zu einem Verrückten machte. Laut sagte das natürlich niemand, schließlich legt man sich nicht mit dem reichsten Mann der ganzen Gegend an. Außerdem war die Bibliothek für jeden interessierten Bürger zugänglich, immer Montags und Donnerstags für je drei Stunden. Nicht, dass viele Besucher gekommen wären – aber einige doch. Und von denen die meisten aus purer Neugierde. Ein oder zwei Amaranter lasen tatsächlich – sie saßen auf den großzügig gestifteten Stühlen und vergruben sich in den Büchern, bis die Zeit um war.
Als die junge Gelehrte – so bezeichnete sich das Fräulein Rosalia – nun heranwuchs, wurde sie – allen Unkenrufen zum Trotz – eine ausnehmend hübsche Person. Und das, obwohl sie viele Stunden täglich mit Lesen verbrachte. Zudem war sie von friedlicher und freundlicher Wesensart, was man kaum glauben konnte bei dem "schändlich verwöhnten Balg", wie einige das Mädchen hinter vorgehaltener Hand nannten.
Jedenfalls verkündete Rosalia an ihrem siebzehnten Geburtstag, dass sie nur denjenigen zum Manne nehmen wolle, der den Weg zu ihrem Balkon bewältigen würde. Das war schwerer als es sich anhört, denn die gut fünfzehn Meter lange Auffahrt zum Hause war – mit Billigung des alten Krumbholzers – seit der öffentlichen Bekanntmachung, dass ein Bräutigam gesucht werde, mit einer dicken Schicht glühender Kohle bedeckt. Viele Bedienstete mussten diesen feurigen Weg instand halten, für dessen Bestand täglich Wagenladungen von Kohle angeliefert wurden. Erschwert durch die Tatsache, dass nun sämtlicher Warenverkehr um diesen Feuerpfad herum abgewickelt wurde, fanden sich doch täglich neue Bewerber um Rosalias Hand vor dem Tor zum Anwesen ein.
"Nur wer bedächtig und langsam über die Kohlen geht und mir seine Aufwartung macht, wenn ich auf meinem Balkon stehe, den werde ich zum Manne nehmen." Das waren die Worte des Fräuleins und davon wich sie nicht ab. Einwände wie "Das ist ganz unmöglich" tat sie mit einer Handbewegung ab. "Ihr braucht eben Stiefel aus Drachenleder", sagte sie leichthin und weigerte sich, weiter darüber zu sprechen.
Das war das Stichwort gewesen. "Drachenlederstiefel". Die Haut des Drachen, so wusste man, widerstand jeder Hitze und schützte vor deren Auswirkungen. Nur – im zivilisierten Amaranten gab es keine Drachen mehr. Vielleicht trieben sich im Nachbarland noch einige herum – dort war man noch nicht so fortschrittlich. Einige Bewerber warfen daraufhin das Handtuch, sie zogen nach einem bedauernden kurzen Blick auf die hübsche Rosalia und einem wehmütigen, etwas längeren Blick auf die Weinberge des alten Krumbholzers, wieder nach Hause. Die Hitzköpfigsten und Jüngsten fielen in die Geschäfte der Stadt ein und deckten sich mit allem ein, was ihrer Meinung nach für die Drachenjagd notwendig war.
Praktisch über Nacht etablierte sich ein neuer Beruf. Wie aus dem Nichts boten sich Drachensachverständige an, um die heiratswilligen Abenteurer über die Grenze und den Wohnorten der Feuerspucker zu führen. Gegen ein gutes Entgelt, versteht sich. Da die Amaranter Schlagbäume grundsätzlich offen waren, strömten auch Magiekundige in die Hauptstadt, um dort ihre Sprüche gegen Feuersbrunst und Klauenhiebe an den Mann zu bringen, und ihre Amulette gegen Brandwunden erwiesen sich geradezu als Verkaufsschlager.
Auf der einen Seite strömten junge Männer in die Stadt, um Rosalia in Augenschein zu nehmen und sich über die Vermögensverhältnisse der Familie zu erkundigen, auf der anderen Seite verließen abenteuerlich ausgerüstete Bewerber Schieferplötzen, um Drachen zu jagen. Das war – so die Meinung aller – der erste Schritt, um zu Drachenlederstiefeln zu kommen.
Einen allerdings gab es, der erst einmal einen tiefen Seufzer tat, und dann erst einmal nichts. Der junge Aurelius Kupferblech, seines Zeichens unterbezahlter Buchhalter bei Fräulein Rosalias Vater, beschränkte sich auf das, was er in den letzten Monaten immer getan hatte: zum Balkon der seiner Meinung nach liebreizendsten jungen Dame der Welt hinaufzustarren. Ihm erschien Rosalia als das Ideal aller Frauen, ebenso klug und belesen wie hübsch. Aurelius liebte Bücher – genau wie seine Angebetete. Nur konnte er sich keine leisten, weswegen er sich zweimal die Woche im Herrenhaus Krumbholzer einfand, um seiner Leidenschaft zu frönen. Das tat er nicht nur der Bücher wegen, sondern weil er so seiner Angebeteten Rosalia näher war, oder es zumindest glaubte.
Seit er sie zum ersten Mal gesehen hatte, als sie durch das zugige Kontor geschwebt war, auf der Suche nach ihrem Vater, war er ganz verloren und sah sich in eine tiefe, wenn auch aussichtslose Liebe gestürzt. Natürlich hatte sie ihn niemals angesehen – wie sollte sie auch den schüchternen und schmalbrüstigen jungen Schreiber wahrnehmen, der am hintersten Stehpult gebeugt stand und seine Tabellen schrieb.
Nach einem tiefen Seufzer, etwa dem zehntausendsten, entschied Aurelius Kupferblech, dass das Leben nicht mehr lebenswert war ohne Rosalia und dachte, er könne sich ebenso gut den selbsternannten Drachenjägern anschließen und den Tod im Feuerstrahl einer solchen Kreatur suchen. Allerdings wollte er noch ein allerletztes Mal die ihm liebgewordene Bibliothek aufsuchen, einfach um auf seine Weise Abschied von seiner geliebten Rosalia Krumbholzer zu nehmen. Also betrat Aurelius an diesem Tag, einem Donnerstag, das Herrenhaus durch den Dienstboteneingang – das taten alle, wegen der glühenden Auffahrt – und begab sich zur Bibliothek. Dort besah er sich mit wehmütigem Blick die vorhandenen Bücher, die ihm so manche Stunde verschönt hatten. Mit zitterndem Zeigefinger fuhr er die Regale entlang, so als wolle er Abschied von alten Freunden nehmen. Und plötzlich hielt er inne, der liebeskranke Schreiber. Dann zog er mit zusammengekniffenen Augen (Aurelius war etwas kurzsichtig) einen schmalen Band heraus und schlug ihn auf.
"ÜBER DRACHEN" stand auf dem Buchdeckel, in sehr altmodischen, verschnörkelten Buchstaben. Aurelius vertiefte sich in das Buch, las wie ein Besessener. Als die "öffentliche" Zeit zu Ende ging, tat der sonst äußerst ehrenhafte Schreiber etwas, das er sonst niemals gewagt hätte und das seinem Wesen eigentlich zuwider war: er steckte sich das Buch unter sein Wams und nahm es mit nach Hause. Diese tollkühne Handlung entsprang seiner Liebe zu Rosalia – also wollen wir ihn nicht allzu sehr tadeln dafür.
Der nächste Morgen sah einen veränderten Aurelius Kupferblech. Zwar übernächtigt, aber mit entschlossenem Glanz in den Augen, kratzte der junge Mann seine ersparten Heller zusammen und erstand ein mäßig großes Stück Leder beim Nachbarn Sattler. Er bekam es billig, weil es nicht die erste Qualität war und außerdem etwa fleckig. Dann schnürte er sein Ränzel und begab sich aus der Stadt, wo er in einigem Abstand dem letzten Pulk von tapferen Drachentötern und ihren Führern folgte. Viel Gepäck hatte der Verliebte nicht, aber das machte kaum etwas aus, da sein Zustand ihn vor allzu großem Appetit bewahrte. Sorge bereitete ihm zwar die geringe Qualität seiner schon recht dünnen Schuhsohlen, doch war er willens, jedwedes Opfer auf sich zu nehmen – um der Liebe willen.
Kaum hatte sich die Jagdgesellschaft, der er folgte, über die Grenze begeben, kamen die ersten Bewerber um Fräulein Rosalias Hand auf demselben Weg zurück. Die meisten waren bleich, hohlwangig und wortkarg, einige aber hatten Brandwunden, versengte Haare oder beides. Eine Gruppe beklagte sogar den Verlust ihres Führers, der einem Drachen als Frühstück gedient hatte, wie die Überlebenden erzählten. Da musste sich so mancher, der auszog, auf die herrlichen Felder und Weinberge drüben um Amaranten besinnen, damit es ihn bei den anderen hielt. Und nicht alle betrachteten die Verheißung solcher Reichtümer für ausreichend, um einem Drachen als Zwischenmahlzeit zu dienen. Auf diese Weise verkleinerte sich die Truppe recht schnell, wenngleich einige Unverzagte – oder von allzu drückenden Schulden geplagte – tapfer den Weg in die Berge beschritten.
Unser beherzter Verliebter, der ehrenwerte Aurelius Kupferblech, folgte nun der Truppe vor ihm in immer kleiner werdendem Abstand. Der Bergführer und selbsternannte Drachenkenner bat um äußerste Ruhe, denn man wolle doch wohl die Überraschung auf der eigenen Seite haben, zeigte sich eines der Ungeheuer. Die Männer in der ersten Reihe schwangen ihre mitgebrachten Werkzeuge ... Spieße, Fangnetze und sogar Talismane gegen Feuerstöße. Wie schon gesagt, der Handel mit unnützen Dingen hatte einen enormen Aufschwung erhalten seit Rosalias Bekanntmachung.
Einigermaßen leise begab sich nun der Zug der Entschlossenen immer tiefer in die ausgewählte Schlucht hinein. Aurelius war kaum noch zehn Pferdelängen hinter dem Trupp, als der Führer einen Finger an die Lippen legte. Augenblicklich brachten sich die Drachenjäger in Position, das heißt, sie schmiegten sich so flach wie möglich an die Felsen, welche die Schlucht bildeten. Der verliebte Schreiber allerdings beeilte sich, um aufzuholen. Unter den verwunderten Blicken der übrigen Bewerber nahm er leise aber flink eine Ziegenhaut aus seinem Ränzel und legte sie quer über den schmalen Pfad. Mit einer Ruhe, die ihn selber verwunderte, die Zuschauer aber völlig verunsicherte, beschwerte er den Rand des Leders noch mit Steinen. Dann trat er ebenso leise den Rückzug an, begab sich gut hundert Fuß nach hinten, zum Ausgang der Schlucht. Während die Männer sich noch über den törichten Kerl da verwunderten, bebte auf einmal der Boden ... und ein eigenartiger Geruch erfüllte die Luft.
Das Beben wurde mit jeder Sekunde stärker, ebenso der brenzlige Geruch. Und da hielt es einige schon nicht mehr – sie lösten sich aus ihrer Stellung und rannten in langen Sätzen nach hinten, um dem zu entgehen, das da im Anmarsch war. Dann verwandelte sich die enge Schlucht in eine Art Tollhaus – ein riesiger Echsenkopf schob sich den Pfad entlang, Männer brüllten und stoben davon. Ein oder zwei starteten einen halbherzigen Versuch, den Drachen durch viel Gebrüll und Spießeschwenken zu erschrecken, doch währte es nicht lange und auch diese liefen davon.
Das Drachenhaupt pendelte schnüffelnd von einer Felswand zur anderen, erhob sich dann und ließ einen recht langen Hals und einen sehr großen Körper folgen. Das Tier sah nicht sehr wütend aus, die wagenradgroßen Augen waren halb geschlossen, so als hätte der Drache noch vor kurzem geschlafen. Das war vielleicht auch so gewesen, denn auf einmal klappten mächtige Kiefer auf und entließen ein ebenso mächtiges Gähnen, welches von einer sehr langen Stichflamme begleitet wurde. Die Feuerzunge schlängelte sich fast den ganzen Pfad entlang, bevor sie erlosch und das Maul wieder zuklappte. Dann ließ der Drache eine Art Grunzer hören und zog sich langsam aus der Schlucht zurück, rückwärts stampfend und in gemächlichem Tempo.
Nach einiger Zeit der Stille trat ein schmächtiger Mann auf den Pfad – Aurelius Kupferblech war nicht mit den anderen geflüchtet – er hatte sich verborgen gehalten und auf seine Stunde gewartet. Zielstrebig schritt er zu der von ihm über den Weg gespannten Ziegenhaut und nahm sie in Augenschein. Hochbefriedigt nahm er das Leder vom Boden und rollte es zusammen, bevor er es sorgfältig in sein Bündel steckte. Dann – ohne einen Blick zurückzuwerfen – lief er eilends in Richtung Amaranten.
Am nächsten Tage fand sich unser Schreiber wieder an der glühenden Auffahrt zum Hause Krumbholzer ein, wo der Andrang der Schaulustigen sogar Lebkuchenverkäufer und Wurstsieder angelockt hatte, welche ein gutes Geschäft machten seit Tagen. Es roch etwas sonderbar, wahrscheinlich nach verbrannten Schuhsohlen und vielleicht sogar nach angesengter Haut. Wie jeden Tag seit der Bekanntmachung stand die liebliche Rosalia auf ihrem hübschen kleinen Balkon und betrachtete gelangweilt die Geschehnisse.
An diesen Morgen hatten sich schon etliche Bewerber etwas angesengt, und sie mussten die Auffahrt mit rauchenden Sohlen verlassen, ohne der Schönen auch nur in die Nähe gekommen zu sein. Die Einwohner Amarantens genossen dieses tägliche Volksfest und sprachen dem Wein zu, den Krumbholzer an schnell aufgestellten Buden verkaufte. Schließlich war er für seine Geschäftstüchtigkeit bekannt.
Der Morgen unterschied sich allerdings von den anderen vorhergegangenen, denn diesmal war wirklich alles anders. Das begann damit, dass der blässliche Schreiber Kupferblech an den Rand der Auffahrt trat und Rosalia zuwinkte. Deren Blick wurde aufmerksam, denn dieser eigentlich unscheinbare Mensch trug eine spürbare Entschlossenheit zur Schau, die trotzdem nicht Großtuerisch wirkte.
Dann setzte er sich und streifte grob zusammengefügte Überschuhe auf seine Stiefel. Das sah aus wie die Überschuhe, die man für Pferdehufe machte, rund und mit einer Schnur am Rand zusammengefasst. Hier und da wurden Lacher laut, und einige Jungs pfiffen sogar. Aber Aurelius ließ sich nicht beirren – nachdem er ein letztes Mal den Sitz seiner selbstgefertigten Überschuhe überprüft hatte, holte er tief Atem und tat den ersten Schritt auf den glühenden Kohlen.
Und da – jetzt hielt auch die Menge den Atem an – nicht das kleinste Rauchwölkchen war zu sehen. Aurelius ging langsam die Auffahrt hinauf, den Blick zu seiner Angebeteten gewendet. Kühlen Fußes, als liefe er in einem Bachlauf, ging er Schritt für Schritt, bis er unter dem Balkon angekommen war.
Mit großen, verwunderten Augen sah Rosalia zu dem Jüngling hinunter, der eine artige Verbeugung machte. Er stand auf der rot glühenden Kohle, als befände er sich auf einer Waldwiese und lächelte zu Rosalia hinauf. Die erwiderte das Lächeln und fand, dass dieser Mensch doch sehr schöne graue Augen habe – verträumt und doch von Willensstärke erfüllt. Huldvoll warf sie ihm eine Blume hinunter, die allerdings sofort verbrannte, da der hingerissene Aurelius ganz in den Anblick der Schönen versunken war und die fallende Blüte nicht einmal bemerkte. Die kluge Rosalia nahm ihm das nicht übel, erkannte sie doch seine tiefe Zuneigung dadurch.
Die einen Monat später stattfindende Hochzeit war noch Jahre danach ein Gesprächsthema in Amaranten und Umgebung – so prächtig hatte der alte Krumbholzer sie ausgerichtet. Und als ein Jahr später der erste Enkel geboren wurde, gebärdete sich der Alte närrisch vor Freude. Dem Knaben wurde der sonderbare Name Kasparius gegeben, nach Kasparius Montegrinus Turmbläser, dessen Standardwerk "Über Drachen" als einziges noch existierendes Exemplar in einem Schaukasten der Bibliothek Krumbholzer ausgestellt war.
Und darüber, an der Wand, hing ein Tuch, auf das von Frau Rosalia hingebungsvoll ein Auszug aus Turmbläsers Werk gestickt war:
"Leder, das ansonsten gar keine besondere Eigenschaft aufweist, wird durch das Feuer eines Drachen – so es damit in kurze Berührung kommt – ein hervorragender Schutz gegen Hitze und sogar offene Flammen. Solch behandelte Tierhaut wurde im Volksmund früher 'Drachenleder' geheißen."
© Erzählung aus dem Lande Amaranten: "Drachenleder" – geschrieben von Winfried Brumma (Pressenet), 2013. Die Abbildung zeigt das Seeungeheuer Ketos auf dem Gemälde "Perseus befreit Andromeda" von Piero di Cosimo, Florenz 1513; Public domain.
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