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Es wäre besser gewesen einen Poncho überzustreifen statt die geflochtene Mantilla umzulegen. Nächte hier im Hochland konnten recht kühl sein. Und jetzt – es war wohl schon die zweite Hälfte der Nacht – blies auch noch der Wind von der Sierra Madre her. Es schien ihr, als wache sie erst jetzt richtig auf.
"Hör, Raul", sagte sie darum, "du hast gesagt, es sei wichtig, aber hast du mich aufgeweckt, damit ich mir einen Husten hole? Auch wenn ich deine Frau bin, soll ich durch diese Kälte bis hinauf zur Cantina laufen? Nur wegen irgendeiner blöden Wette und weil Du immer gewinnen musst?"
Der breitschultrige Mann, eineinhalb Schritte vor ihr, drehte den Kopf zur Seite. Das Profil mit dem kräftigen Kinn zeichnete sich gegen den Nachthimmel ab.
"Es geht um keine Wette!" kam es knapp zurück.
"Ja, worum denn dann? Mitten in der Nacht und bei der Kälte!"
"Um Alles, Schäfchen!"
"Schäfchen, Schäfchen! Alles? Was soll das heißen?"
"Damit du es kapierst: Um jeden Fußbreit Boden, der mir gehört, um das ganze Vermögen bis zur letzten Kupfermünze. Ja, Alles, auch das da."
Und er zeigte zurück auf das größte Haus des Dorfes, in dessen wuchtige Fassade der verspielte Säuleneingang nicht zu passen schien.
"Das Haus? Mein Vater hat es uns hinterlassen!"
"Der Ehevertrag, Schäfchen, der Ehevertrag! Du vergißt so viel. Das Haus, das Land, die Stallungen ..."
Männer! Ihnen gehörte Alles, und sie gaben es einander weiter. Frauen waren für sie wie unmündige Kinder. Und am besten ließ man sie in diesem Glauben. Dann konnte man seinen Mann nach allen Regeln der Kunst verführen und er würde einen immer noch für unschuldig halten. Wehe der Frau, die nicht bescheidwußte! Mochten die Nonnen im Internat die Mädchen zwingen, jeden Hemdenwechsel unter der Bettdecke zu vollziehen, man lernte dennoch viel dort über den eigenen Körper und über den Körper eines Mannes. Zum Beispiel während der Nachtwachen in der Kapelle, wenn das Schnarchen der aufsichtsführenden Nonne anzeigte, dass man nun ungestört miteinander flüstern konnte.
"Man muss lernen, den Mann, der einen bekommt, zu ertragen", hatte Carmencita geseufzt.
"Nein, Kinder", hatte die lustige Consuelo dann gekichert. "Mit Männern kann man sich selbst genießen. Und wer sich auskennt, kann sie dazu bringen, mehr zu geben als sie eigentlich wollen, nicht nur mit dem Körper! Und merkt euch: Romantische Vorstellungen sind etwas für die Stierköpfe von Männern!"
Unsere Empfehlung: Der Autor Friedrich Treber bietet mit seinen Erzählungen, Essays und Gedichten viele Augenblicke zum Innehalten. Die Leserinnen und Leser werden zum Nachdenken über die Welt angeregt und erfahren (vielleicht) auch die ein oder andere eigene Wahrheit. "Und das Wort ward Stein" (Mitte 2022 erschienen) gibt es als gebundene Ausgabe (177 Seiten) und auch als E-Book.
Auf ihre Weise hatten ja beide recht gehabt.
"Wenn du im Wind stehen bleibst, brauchst du nicht über Kälte zu klagen, oder willst du dich schon mal an die Straße gewöhnen?"
Es musste schon sehr ernst sein, dass er diese Drohung aussprach. Aber man konnte immer mehr aus seinem Mann herausbekommen, wenn man sich dumm stellte.
"An die Straße gewöhnen, was meinst du damit?"
Er wußte ja nicht, dass ihr in jedem Fall mehr bleiben würde als die Straße. Da war diese Rinderzucht mit Weideland in den Bergen, eine richtige kleine estancia, die aus einer Erbsache der Familie ihrer Mutter stammte. An Mutter hatte sie ja keine Erinnerung. Aber da war Incarnacion, die Vater immer "die Spinne" genannt hatte, sie sollte Mutters Freundin gewesen sein und sie hatte die Sache um die estancia dirigiert. Nur ein Datum musste der zuständige Sachwalter ändern, um diesen Besitz nicht nachträglich unter Mutters Ehevertrag fallen zu lassen. Ob Incarnacion gewußt hatte, dass dieser Advokat mehr als Geld verlangen würde? Leicht war er nicht zu ertragen gewesen, aber hier zeigte es sich, dass das Ganze sich gelohnt hatte.
"... und kein eigenes Dach mehr über dem Kopf!" beendete Raul seine überflüssige Erklärung.
"Aber wie kann das alles weg sein, Raul, auf einmal und so schnell? Das verstehe ich nicht."
"Es ist noch nicht weg, es steht aber auf dem Spiel. Aber dass wir es behalten, dazu musst du jetzt helfen, Esperanza, bitte!"
Da war keine Erinnerung, dass er sie je um Hilfe gebeten hätte. Und da war jetzt auf einmal die Peitsche in der eigenen Hand. Aber sollte man sie benutzen? Sollte man diesen Mann jetzt dafür bestrafen, dass er einen ausgesucht hatte? Es war ja Vater gewesen, der gesagt hatte: "Den oder keinen, so lange ich lebe!" Wäre eine Weigerung und in deren Folge ein Leben mit kleinen Heimlichkeiten möglicherweise bis zum Verblühen das bessere Los gewesen? Unbenommen der eigenen Verfehlung um der estancia willen, war das Leben mit Raul ja recht erträglich gewesen, eben auch weil man keine romantischen Erwartungen pflegte. Er ging ja auch nur zweimal im Jahr auf "Geschäftsreise". Betrunken war er in den ganzen Jahren nur einmal gewesen. Aber da war er ganz zahm geblieben und hatte unter Tränen irgendeine Geschichte aus seiner Kindheit erzählt. Ach ja: Wie einmal ein größerer stärkerer Junge seine zahme Taube von der Stange genommen habe, ihn niedergeschlagen und dann das Tier vor seinen Augen umgebracht. Später habe er sich an ihm gerächt und sich geschworen, sich nie wieder etwas wegnehmen zu lassen. Wie Gespräche mit anderen Frauen zeigten, war dieses Eheleben das gängige, nicht mehr und nicht weniger. Also konnte man ihm hier schon helfen, wenn er nicht zu viel verlangte.
"Dann sage mir doch, was ich damit zu tun habe, und was du da von mir verlangst."
"Der Grund, aus dem ich dich geholt habe, Esperanza, ist etwas, das weder das Recht noch die Kirche duldet, das weißt du wohl nicht, darum sage ich es dir. Wenn du willst, kannst du sofort umkehren. Was dann aber kommt, hast du wohl inzwischen begriffen."
"Wenn du mir jetzt nicht auf der Stelle sagst, was da los ist, dann gehe ich sofort zurück in mein warmes Bett, mag passieren, was will."
Raul drehte sein Gesicht wieder nach vorne, von ihr weg.
"Du bist der entscheidende Einsatz in einem Kartenspiel!" kam es gepreßt zurück.
"Wie bitte? Ich? Bin ich vielleicht ein Maultier oder eine Ziege? Raul Vidal, das kann doch nicht dein Ernst sein!"
Er drehte sich um und sah sie jetzt voll an.
"Ich wollte es nicht so, aber ich habe die Sache nicht mehr in der Hand. Ohne Einsatz kein Spiel. Und nur das Spiel kann uns die Straße ersparen. Hast du das immer noch nicht verstanden?"
Oh ja, verstanden hatte sie sehr wohl, von Anfang an. Aber dieses Vorhaben, das weit außerhalb dessen stand, was sie sich bisher hätte vorstellen können, drückte doch auf den Atem. Aber war dieses ganze Ansinnen nicht einfach lächerlich? Konnten denn einige schmierige Spielkarten so viel Macht haben?
"Sag mal Raul, gibt es denn ein Gesetz, dass man Spielschulden bezahlen muss?"
"Nein. Aber das sind Ehrenschulden."
"Und für Deine Männerehre machst Du deine Frau zur Hure?"
"Jetzt übertreibe doch nicht schon wieder, Esperanza. Es geht nur um den Einsatz. Und der soll anwesend sein. Das wurde verlangt. Und wenn der gewinnen sollte – was nicht geschehen wird – kann er nichts von dir wollen. Wird er auch nicht. Der sowieso nicht! Ach wenn ich nur gewußt hätte, dass dieser Bastard so viel Geld hat, wie er gar nicht haben dürfte. Immer wenn ich höher setzte, um ihn aus dem Spiel zu drücken, konnte er mit. Aber jetzt werde ich ihn an seinem Schwachpunkt kriegen."
"Was für ein Schwachpunkt denn?"
"Der Narr hat alles gewonnen, was ich habe. Und dann setzt er das alles auf ein einziges Spiel. Da muss doch ein Loch im Hirn sein!" schnaubte Raul.
Ja merkte er denn nicht, was er da sagte? Aber was sollte man auch erwarten? Frau oder Vermögen? Klar, was da vorzuziehen war.
Halt! Da war dieser andere Mann, der den eigenen Reichtum aufs Spiel gesetzt hatte und den gewonnenen nun riskierte, um eine Frau gewinnen zu können. Eine Frau? Ja, aber nicht irgendeine, sondern Esperanza Vidal de Gualamente. Das war mal etwas ganz Neues!
Also musste dieser Mann sie doch kennen. Die Sache begann ja wirklich interessant zu werden. Und es gab Grund genug und Gelegenheit, ein wenig die Peitsche zu schwingen.
"Seit wann bist du denn ein Prophet, Raul? Jedes Spiel kann so oder so ausgehen."
"Du hörst nicht zu. Ich habe dir doch erklärt, dass der ein Loch im Hirn hat."
"Dann hast du also dein ganzes Vermögen an einen Mann mit einem Loch im Hirn verloren, mein Raul?"
"Schön, wenn du das lustig findest, Esperanza. Dann nur vorwärts! Gehen wir!"
"Ich will ja meinen Teil beitragen, Raul. Aber wenn das Spiel doch anders enden sollte, als du es vorhersagst, wer wird denn dann nach dem Gesetz der Männerehre mein Besitzer sein?"
"Martin Estrada Contreras", kam es knapp zurück.
"Hast du damals den Pistolero bezahlt, Raul?"
Das hatte sie nicht sagen wollen. Was hatte sie so aus der Fassung gebracht, dass es ihr herausrutschte?
Raul blieb stehen und sah über seine rechte Schulter zu ihr zurück.
"Ob du es mir glaubst oder nicht Esperanza", äußerte er langsam und betont, "es war dein Vater, der den Pistolero besorgte, nachdem mein bester Mann es nicht geschafft hatte, dem Pferdeknecht eine Tracht Prügel zu verpassen. Also, komm, weiter!"
Hatte denn Martin Estrada Contreras den Interessen Vaters und Rauls je wirklich im Wege gestanden? Wieso schien das auf einmal eine Frage? Gewiß, Martin hatte ihr jahrelang den Hof gemacht, auf eine schüchterne Weise. Gegen Ende ihrer Mädchenzeit hatte sie sich immer noch darüber geärgert, dass sie in der Kirche nie die Himmelskönigin Maria darstellen gedurft hatte. Da war die Verehrung dieses Jünglings, der als der beste Tänzer weit und breit galt, wie Balsam auf die Seele. Aber mehr als miteinander tanzen und dass sie sich manchmal eine Runde um den Dorfplatz bei ihm einhängte, war nie gewesen. Dass Welten zwischen ihnen lagen, war ihr immer klar gewesen, ihm wohl auch. In Armut geboren, früh verwaist, hatte er schon im Kindesalter angefangen, auf einer estancia zu arbeiten. In den Jahren damals arbeitete er als Zureiter und Abrichter von Pferden und genoß auf diese Tätigkeit bezogen einiges Ansehen.
Als sie hörte, ein fremder Pistolero habe Martin Estrada Contreras ins Bein geschossen und dann gezwungen, aus dem Dorf zu kriechen, hatte sie diesen Vorgang nur flüchtig mit sich selbst in Verbindung gebracht. Es war doch nichts gewesen. Gar nichts?
Als sie ihn zum letzten Mal sah, war sie mit Blumen auf dem Vorplatz des Hauses beschäftigt. Er kam zu Pferd vorbei und hielt an. Eine junge Grulla Stute hatte er unter dem Sattel. Die konnte keinen Moment alle vier Hufe auf dem Boden halten und er war während der Unterhaltung immer wieder mit ihr beschäftigt. Er schien sich auch in der Pflege von Blumen auszukennen. Am schönsten fand er aber die wilden Blumen draußen auf den Weiden. Aus solchen habe eine Frau in Guadaljahara eine Sorte gezüchtet, die sie "Königin" genannt habe. Er wolle Stecklinge davon besorgen.
"Entschuldige, Esperanza, Sternchen war nun so lange brav und muss toben dürfen", sagte er schließlich. "Ich denke an die Königin." Grüßend hob er die Handfläche, ließ die Hand wieder fallen, hob sie dann noch mal, und als der Handrücken sich in ihre Richtung gewandt war, rief er: "Königin!" und ließ fast gleichzeitig der Stute die Zügel.
Hatte sie diese Huldigung damals nicht verstanden oder nicht verstehen wollen? Vom Leben in einem Häuschen einfacher Leute hatte sie die Vorstellung, dass man da kniend vor dem offenen Herdfeuer kochen musste, immer mit dem Rauchgeruch in Kleidern und Haaren und Ruß auch auf der Haut. Davon träumte ein Mädchen nicht, das ein vielräumiges Haus mit großem Innenhof gewohnt war.
Aber sehr ernst musste Martin die Königin schon gemeint haben, wenn er sich auch nur versteckt zu äußern wagte. Verletzt, gedemütigt, vertrieben, hatte er sich während der Jahre in der Fremde genügend Reichtum erspielt, um mit Raul mithalten zu können. Anders als in vielen Nächten an Spieltischen konnte einer wie er kaum zu solchem Reichtum gelangen. Und statt das Erworbene zu genießen, war er zurückgekommen, und hatte Alles riskiert, um sich diesen Moment zu erspielen.
"Ja, es ist richtig, schneller zu gehen, Esperanza", weckte Rauls Stimme sie aus den Gedanken auf, "da wird es dir wieder wärmer. Und wir sind auch gleich da."
Die Kälte spürte sie doch nicht mehr. Vom Brustbein ausgehend durchströmte ein warmes Gefühl den Körper bis zu den Fußsohlen.
Dass ein Mann das alles tun würde, nur um wieder in ihre Nähe kommen zu können! Von Ähnlichem hatte man wohl als Mädchen geträumt wie als Kind von der guten Fee. Nun war etwas aus der geträumten Welt in die Wirklichkeit gekommen.
Wirklich?
Auch Martin Estrada Contreras war ein Mann. Und es konnte ebenso sein, dass er wegen seiner Männerehre zurückgekommen war, um sich an dem vermeintlichen Verursacher seiner Demütigung zu rächen und zu zeigen, dass er nicht mehr zu den Kleinen gehörte. Nein, da durfte eine Frau nicht die Besinnung verlieren. Es war gut, sich selbst zu kennen. Was ihr jetzt auf die Kehle drückte und in den Augenwinkeln brannte, das hatte sie als Kind schon gekannt, wenn sie andere Kinder in den Armen ihrer Mütter sah. Ihre englische Gouvernante war wie eine Kaktee gewesen. Was Vater wohl an der gefunden hatte? Ja, da hatte das Kind sich die Fee erträumt, die es wie eine Mutter in den Arm nahm.
Dieses innere Brennen nach den Mutterarmen war geblieben. Aber man hatte gelernt, zu umarmen und dabei zu bedenken, was man wohl erreichen konnte, ebenso verwendete man freundliche Reden. Man nahm Umarmungen hin, freute sich sogar darüber, aber der Kopf blieb doch immer wach und beobachtete, damit keine falschen Träume aufkommen konnten.
War Martin der Mann, dem man sich wie ein Kind in die Arme legen konnte?
Ohne das genau zu wissen, würde sie es nie versuchen.
Wie war da Klarheit zu erlangen?
Wenn Männer Rache übten, wollten sie ihre Beleidiger am Boden haben. Wenn Martin deswegen gekommen war, würde es ihm nicht genug sein, Raul nur eben mal besiegt zu haben, sondern er würde ihn für das weitere Leben zeichnen wollen. Dann würde er nie freiwillig Rauls Verlust zurückgeben. So waren Männer.
War er aber wirklich nur um ihretwillen gekommen, dann würde es ihm nur um sie gehen. Und dann war er der Mann, bei dem man sich loslassen konnte.
Um das herauszufinden, musste sie ihm sagen, dass sie mit ihm gehen würde, aber mit den Besitztümern Rauls nichts mehr zu tun haben wolle. Danach mochte kommen, was eben kommen würde.
"Da ist die Cantina, Esperanza", war Raul nun wieder zu hören. "Wenn das Spiel beginnt, stellst du dich hinter mich, aber seitlich, damit er dich sehen kann, verstehst du?"
Drei Stufen führten hinauf zu der Veranda der Cantina. Eine Laterne an einem vorstehenden Balken über der doppelflügeligen Tür leuchtete alles hell aus. Raul ließ ihr den Vortritt an der Treppe.
"Hör, Raul", sagte sie dann und wunderte sich über die Festigkeit der eigenen Stimme, "was jetzt kommt, regle ich. Wenn es hier nach meinem Willen geht, wirst du dein gesamtes Vermögen von hier mitnehmen können. Aber egal, was nun da drinnen geschehen wird, du hast mich aufs Spiel gesetzt, und damit verloren, für immer. Diese Tür bedeutet unsere Trennung."
Da wurde der eine Türflügel von innen aufgestoßen, in der Öffnung erschien ein Mann in der schwarzen Kleidung der Berufsspieler. Der schwere Revolver unter dem rechten Rockschoß beeinträchtigte die Eleganz der Erscheinung. Die rechte Hand löste sich vom Türflügel, hob sich grüßend – das kannte sie doch – und schob dann den flachen Spielerhut nach hinten.
Ja, es war das Gesicht Martins. Die Schläfen schimmerten leicht grau und von beiden Nasenflügeln zog sich je eine tiefe Falte zu den Mundwinkeln hin. Aber seine Augen. Und wie sie leuchteten! Das ganze Gesicht leuchtete. "Esperanza!" keuchte er, als könnte er nicht glauben, was er sah. Wurden hier noch Worte gebraucht? "Ja, ja, ja!" jubelte es in ihr, und die Füße hatten sich schon unbefohlen im Bewegung gesetzt, da kam ein heftiger Stoß in den Rücken. Die Laterne schien einen Tanz über ihren Augen aufzuführen. Ein Knall! Ja, Raul trug stets eine kleine zweiläufige Pistole unter der Weste. Da spürte sie einen Arm um die Schultern, die Lampe hörte auf zu tanzen, und da war dann Boden unter ihren Beinen. Eine Hand schob sich unter ihren Nacken, ihr Kopf wurde angehoben. Ja, es war Martin, der sie aufgefangen hatte und sie nun halb aufgerichtet stützte. Sein Gesicht war ganz nahe und es ging so viel Wärme davon aus. Er flüsterte ihren Namen. Sie wollte antworten, aber es war keine Kraft dazu da und ein schwarzer Kreis schien von außen ins Blickfeld zu wachsen. Martin hatte ihren Kopf an seine Schulter gelegt. Eine Träne erschien in seinem rechten Augenwinkel. Er blinzelte sie weg, sah kurz zur Seite, und dann wich die Sanftheit aus seinem Blick. Seine rechte Hand zuckte weg von ihrer Wange. Der ganze Körper des Mannes schien in Aufruhr, außer dem Arm, der sie stützte Ach, Rauls Pistole hatte ja zwei Läufe! Die Schwärze vor den Augen wuchs. Warum hatte das Schöne nur so kurz sein gedurft?
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© Textbeitrag "Manche scheinen nicht fürs Glück geboren": Friedrich Treber. Bildnachweis: Bronzestatue Mexiko, CC0 (Public Domain Lizenz).
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