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Spinnennetz. Foto: Lothar Seifert
Dem Krafttier Spinne begegnet man sehr oft, denn Spinnen gibt es fast überall. Viele Menschen mögen die achtfüßigen Weber nicht, manche stehen sogar große Ängste aus. Die Spinnenphobie ist eine der häufigsten Angstphobien überhaupt.
Warum das so ist, wird nicht ganz klar. Spinnennetze sind auch nicht gerade beliebt, was eigentlich schade ist. Denn erstens einmal sind die kunstvollen Fallen wunderschön, und zweitens bleibt so manche Fliege darin hängen. Und die sind ja nun auch nicht gerade beliebt.
Ausgediente Spinnennetze nun sind sogar der Inbegriff von Schlampigkeit oder sehr düsterem "Wohnambiente", denn kein Horrorfilm kommt ohne eine große Sammlung von "Spinnweben" aus. Aber trotzdem kommt den Spinnen in so gut wie jeder Kultur eine ganz besondere Stellung zu. Sie ist die große Weberin – diejenige, die das Schicksal der Menschen spinnt und deren Faden gleichbedeutend mit dem Leben selber ist.
So sahen das die Kelten und Germanen, Asiaten und Afrikaner sowie auch die Völker Nordamerikas. In Griechenland war "Arachne" eine berühmte Weberin, die sich mit Pallas Athene anlegte, indem sie die Göttin der Weisheit und des Krieges zu einem Wettstreit im Weben herausforderte. Pallas unterlag und bekam einen Wutanfall. Scheinbar hielt sie nichts von Selbstbeherrschung. Als Arachne sich erhängte, rächte sich die Göttin furchtbar, indem sie die Weberin in eine Spinne verwandelte und einen kräftigen Fluch dazugab. Arachne und ihre Nachkommen sollten auf ewig Fäden spinnen.
Es ist ungeheuer faszinierend, einer Spinne beim Weben eines Netzes zuzusehen, wenn man denn das Glück hat. Hat sie es dann fertiggestellt, nutzt sie diese Falle auf die effizienteste Weise. Ihr Hauptfaden leitet jede Bewegung an ihre empfindlichen Sensoren weiter, und so weiß sie sofort, dass sich ein Beutetier im Netz gefangen hat. Sie kommt blitzschnell hervor und behandelt die Beute, so wie es der Art der Jägerin entspricht.
Was also könnte uns die Spinne mitteilen wollen? Erstens mahnt sie uns, das Leben als Ganzes, als Gewebe zu sehen. Faden für Faden verläuft für sich, kreuzt und knüpft sich dann vielleicht mit anderen Fäden und verliert sich dann wieder im Gewebe des Lebens. Ein Hinweis auf die Ordnung, der wir alle unterliegen. Das klingt banal, aber manche Menschen brauchen ab und zu eine Erinnerung daran. Sonst verfangen sie sich in einem anderen Netz: der Kleingeistigkeit und der eingeschränkten Sicht der Dinge.
Aber ganz speziell meint die Weberin der Lebensfäden etwas anderes. Es hat mit der Sorgfalt zu tun, etwas aufzubauen. Eine Beziehung vielleicht oder auch eine Karriere. Etwas, das wichtig ist und einem das bringt, das man haben möchte. Ein Netz ist nicht nur Falle – es ist in unserem begrifflichen Denken auch ein Schutz. Es fängt auf und bewahrt vor Schaden. "Sei sorgsam mit deinem Leben, spare nicht an positiver Aufwendung. Reagiere sofort, wenn es nötig wird. Gestalte deine Welt mit, denn das liegt in deiner Macht. Auch wenn du ein Teil eines großen Ganzen bist."
Wem die Spinne besonders auffällt, also positiv auffällt, vielleicht weil ein besonders schönes Netz zu sehen ist, der wird aufgefordert, seine Welt genau zu betrachten und zu prüfen. Vielleicht muss "ausgebessert" werden, oder aber es haben sich Dinge verfangen, die nicht dazugehören. Möglicherweise auch Menschen.
Die Spinne ist schöpferisch in bester Weise – und verfügt über großes Wissen, denn ihr Netz ist eine Erinnerung an das große Gewebe des Lebens. So sahen es die Altvorderen und sie hatten wohl auch recht damit.
Zu weiteren Krafttiere Beiträgen: Leitartikel zur Serie | Der Specht | Der Skorpion | Der Schwan | Das Schwein
© "Die Bedeutung der Spinne als Krafttier" – Textbeitrag: Winfried Brumma (Pressenet), 2017. Foto des Spinnennetzes: Lothar Seifert.
Kreuzspinne
Sie sind unter den Krabbeltieren wahrscheinlich die meistgehassten und gleichzeitig auch Objekte der Bewunderung: die Spinnen. Die Reaktion auf diese achtfüßigen Tiere reicht von einem angewiderten "iiiih" bis hin zu Schweißausbrüchen oder regelrechten Panikattacken.
Die Spinnenphobie ist eine der bekanntesten Angststörungen und kann in schweren Fällen dem betroffenen Menschen das Leben zur Hölle machen – denn Spinnen kann man überall begegnen, nicht nur in Kellern, deren Betreten schweren Phobikern aus diesem Grund unmöglich wird, auch im Garten und in der Wohnung. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich nun um einen winkligen Altbau oder ein hochmodernes Loft handelt. Wo es ihnen möglich ist, sind sie präsent, die Spinnen. Woher diese Angst rührt, ist nicht wirklich entschlüsselt – es handelt sich wahrscheinlich um Relikte aus der Frühzeit unserer Spezies, in der alles Huschende und Krabbelnde vielleicht für Ängste sorgte.
Wirklich für den Menschen gefährliche Spinnen gibt es in Europa nicht. Unsere heimischen Arten verfügen bis auf ganz wenige Ausnahmen nicht über die Beißwerkzeuge, um unsere Haut zu durchdringen. Ist dies doch der Fall, endet ein Biss für den Menschen nicht tödlich, sondern im höchsten Fall unangenehm. Davon abgesehen ist das Gift der Spinnen nicht zum Töten, sondern zum Betäuben oder Lähmen gedacht. Außerdem sind sie nicht besonders aggressiv, die achtfüßigen Weber, sondern ergreifen eher die Flucht, wenn sie nicht die Schreckstarre vorziehen.
Auf den ersten Blick sind sie keine Schönheiten – sie gefallen uns nicht, im Gegensatz zu den Marien- oder vielleicht auch Maikäfern. Ihre zangenbewehrten Kiefer sorgen auch nicht für Sympathie bei uns Menschen. Dabei sind sie eher nützlich – in anderen Kulturen, wie zum Beispiel in Asien, geht man weit entspannter mit Spinnen um. Im Haus werden sie dort eher geduldet als bei uns, denn sie jagen und fangen andere, weit unangenehmere Insekten. Diese Sichtweise setzt sich auch bei uns zunehmend durch, denn wer Spinnen Obdach gewährt, hat mit Sicherheit weniger Fliegen im Haus.
Mensch und Spinne kommen sich im Allgemeinen nicht ins Gehege, sondern profitieren voneinander auf diese Weise. Viele Leute mögen die Tierchen zwar nicht als Untermieter, greifen aber nicht gleich zum Schlaginstrument, sondern fangen sie lebend, um sie behutsam auszuquartieren. Ein guter Kompromiss ist das allemal. Wer schon einmal die filigrane Schönheit eines Spinnennetzes im Morgentau betrachtet hat, kann die winzigen Weber nur bewundern. Diese kurzlebigen Kunstwerke haben Maler und Fotografen inspiriert und Menschen mit aufmerksamen Augen bezaubert. Ist so ein Netz aber verlassen und unbrauchbar geworden, sorgt es für vielleicht größeren Ekel, als es die kleinen Hersteller je könnten.
Menschen bekommen Schreikrämpfe, wenn sie von alten Spinnweben gestreift werden – denn diese symbolisieren das Unbekannte in dunklen Winkeln und werden in Filmen gar zu gern als Dekoration für zünftige Gruften und Spukschlösser genutzt. Tüchtige Hausfrauen sehen sich sowieso als erklärte Feinde der Spinnweben und mögen schon aus diesem Grund die Spinnen nicht besonders.
Bei manchen Völkern genießen die Tiere auch göttlichen Status. In der Mythologie tauchen sie oft in Verbindung mit dem Schicksal auf, denn ebenso wie die Parzen oder Moiren weben sie Fäden und "spinnen Netze" (man spricht in unserem Sprachgebrauch ja auch von "Intrigen spinnen"). Das berühmte Sprichwort vom "Spinnen am Morgen, Mittag und Abend" bezieht sich übrigens nicht auf die Tiere, sondern auf das Spinnen von Garn. Das aber sollen nach einigen alten Legenden die Menschen den Spinnen abgeschaut haben – so gesehen stimmt es dann wieder.
© Textbeitrag "Spinnen sind göttliche Webermeister" sowie Foto der Kreuzspinne: Winfried Brumma (Pressenet), 2012.
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