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Im Januar 2021 hat der Autor Marco Imm seinen zweiten Thriller unter dem Titel "Spuren vergangener Zeiten: Es gibt kein Entkommen" herausgegeben. Zur Erinnerung: Der Titel seines ersten Buches lautete "Verschwunden im Wald: Das Grauen versteckt sich hinter Bäumen", das Ende 2019 veröffentlicht wurde.
Um ihre Familienprobleme in den Griff zu bekommen, beschließt die zehnjährige Lisa, in den Sommerferien 1994 mit der Vergangenheit endgültig abzuschließen. Gemeinsam mit ihren Freundinnen möchte sie den plötzlichen Tod eines jungen Mädchens rekonstruieren, das aus einer psychiatrischen Anstalt floh und von einem Güterzug erfasst wurde. Dank ihres Tagebuchs erfährt sie, dass ihre Schuldgefühle für die Entstehung einer mysteriösen Zeitlinie verantwortlich sind, welche ins Rollen gebracht wurde.
Während die Medien über Ben Sauermanns erfolgreichen Debütroman berichten, versucht ein ehemaliger Mitschüler, sich im Herbst 2014 die Filmrechte unter den Nagel zu reißen. Ihm gelang bereits die Inbesitznahme einer manipulierten Achterbahn, die aufgrund einer unfassbaren Verkettung im direkten Zusammenhang mit Bens Drehbuch steht.
Noch ahnt niemand, dass er mit seiner perfiden Verfilmung eine bombastische Show plant, die auch Lisas Schicksal für immer verändern wird.
Unser Lesetipp: Marco Imm hat seinen Thriller zum einen als gebundene Ausgabe mit rund 500 Seiten aufgelegt, zum anderen wird "Spuren vergangener Zeiten: Es gibt kein Entkommen" auch als E-Book im Handel angeboten.
Ben sah keine Kellnerin mehr, sondern sie: Es war die Frau aus seinen Träumen. Jenes Mädchen, von dem Markus in Möhlau berichtet hatte – nur älter. Und sie war es auch, die mitten auf der Straße gestanden hatte, als er durch sie fuhr.
Blutverschmiert kam sie auf ihn zu. In ihrer linken Hand hielt sie ein scharfes Messer, von dem Blut auf den Boden tropfte: Lang, und verdammt nochmal sehr scharf. Ihre Bluse war im Brustbereich rot durchtränkt, während ihre klebrigen Haare voller Schlamm und Erde in einzelnen Strähnen hinunterhingen und ihr blasses Gesicht bedeckten. Zwei dunkle Höhlen sollten ihre Augen darstellen, die ins tödliche Nichts führten. Von seiner Sitzposition aus vermutete Ben sogar, dass sie überhaupt keine Augen mehr besaß. Bestimmt waren sie mit einer Glasscherbe brutal ausgestochen worden. Schwarzer Mascara lief in dünnen Linien aus den tiefen Löchern hinab und sammelte sich auf ihren Wangen zu hässlichen Flecken: Wie auf einer Landkarte, wo Straßen und Wege zueinander finden und diverse Ortschaften umgeben.
Die Schritte von ihr waren langsam, doch gut gewählt. Sie setzte einen Fuß vor den anderen, wie Ben es zuvor bei der Kellnerin auch gesehen hatte. Während sie mit ihrem Gleichgewicht kämpfte und etwas hinkte, hörte er ein schwaches Grunzen. Bestimmt nicht vor Freude. Und wenn, dann nur aufgrund ihres nächsten Opfers: Ein Festschmaus wartete...
Bens Blick war versteinert. Er konnte nicht anders, als die Gefahr auf ihn drauf zukommen zu lassen. Was sollte er auch schon unternehmen? In dieser Ecke gab es kein Entkommen, selbst wenn er zur benachbarten Toilette oder in die Küche gerannt wär'. Dafür war die Frau schon viel zu nah an ihm dran. Er glaubte, dass sie den Ausgang bereits versperrt hatte.
Sie wischte sich das Messer an ihrer Bluse ab. Dabei fielen zwei Knöpfe zu Boden, die einfach abgerissen wurden, als sie ihr teures Oberteil aus dem Rock zog und wie einen Lappen benutzte. Das weiße Teil war nun nichts anderes als ein lumpiger Stofffetzen, der nicht mehr lange an ihr haften würde. Die anderen Knöpfe kämen auch noch dran, um ihn mit dem ehemaligen Designerstück die Augen zu verbinden. Danach würde sie brutal durch den Fetzen stechen und hämisch das Messer drehen, um die Haut von seinem Gesicht abzuziehen.
Augen verbinden ... Laura?!, fiel ihm augenblicklich ein.
Erst würde Ben sich von ihr verführen lassen, dann würde sie ihm blind ein Ende setzen. Eine gemischte Exekution zwischen Leidenschaft und Tod, frei nach künstlerischer Kreation: Die Vorspeise mit sexueller Erregung gewürzt; der Hauptgang mit unendlichen Schmerzen garniert. Bon appétit!
Hypnose, Ben! Sie wird dich mit dem spiegelnden Messer hypnotisieren, sodass du völlig machtlos sein wirst! Versuch' nicht, davonzulaufen. Du weißt ja, dass das nichts bringt. Vor deiner eigenen Angst kannst du nicht fliehen. Sie ist ein Teil deines Selbst und steckt tief in dir fest.
Es war die letzte Stunde, welche begonnen hatte, für ihn zu schlagen. Und es war die Stimme von Laura, die ihn erneut vor etwas warnte. Mental schienen sie verbunden zu sein. Das spürte er deutlich. Auch wenn sie ihm in diesem Moment nicht helfen konnte. Ratschläge waren für ihn genauso gut: Hilfe zur Selbsthilfe, nannte sie so etwas ständig.
Als die Frau etwa fünf Meter vor ihm stand, bündelten sich alle Visionen und mündeten in einem Schwarzen Loch. Nur noch drei Sekunden – und der schmale Ereignishorizont wäre grenzenlos überschritten. Dann gäbe es kein Zurück mehr.
Erneut wischte die Gestalt das Messer an dem weißen Fetzen ab, und grinste ihn an. Die Spiegelung der Klinge blendete ihn so sehr, dass er seine Augen rasch zukniff. Er konnte nicht schreien. Er konnte nicht atmen. Er wusste überhaupt nicht mehr, wo er war: Raum und Zeit verdrillten sich und bildeten zusammen einen Sog, der Ben in den Abgrund riss.
Plötzlich war die blutverschmierte Frau nicht mehr im Restaurant. Sie stand mit ihm auf der Fahrbahn: Er in seinem Wagen, sie vor dem Kühlergrill. Dann bemerkte er, dass es überhaupt nicht sein Skoda war. Dieses Fahrzeug hier war viel größer. Auf dem Lenkrad befand sich ein VW-Logo ... und in der mittleren Armatur sogar ein altes Kassettendeck?!
Noch immer humpelte sie auf ihn zu und zeigte das Messer nach oben. Schnell schloss er die offene Fahrertür, doch er schaffte es nicht, das heruntergelassene Fenster hinaufzukurbeln. Die Frau griff hindurch, um ihn aus dem Wagen zu zerren. Sie würde sich nicht die Mühe machen, die Tür zu öffnen. Markus hatte Recht gehabt: Vorstellungen waren real.
Vor lauter Todesangst schloss er aufs Neue die Augen. Als er sie nach vier Sekunden wieder öffnete, war sie verschwunden. Anstatt sie weiter anzublicken, rannte aus dem Wald der schwarze Mann auf ihn zu – um ihn herum ein kreisrundes und milchiges Fenster. Er kannte die Gestalt aus seiner Kindheit. Als er merkte, dass es kein Traum war, fuchtelte er mit seinen Händen in der Luft wie ein benebeltes Insekt, das gerade von einem Schädlingsbekämpfungsmittel qualvoll vergast wurde. Sein zentrales Nervensystem fuhr Kettenkarussell mit ihm.
Ben saß immer noch am Steuer. Dieses Mal war es nicht der rote T4 von Peter, sondern sein eigenes Fahrzeug. Er versuchte, den Motor zu starten, doch er sprang nicht an. Zuerst war der Wald mit seinem Herbstlaub wie in einem Bilderbuch zu erkennen. Dann jedoch verdunkelte sich alles und wurde so grau wie die Nacht. Wieder kniff er sich beide Augen zu; und nachdem er sie erneut öffnete, war aus dem schwarzen Mann schließlich Nicole Hennings geworden: Ihre Gliedmaßen waren krumm und schief an den Körper angenäht, welche ihr die perversen Arschlöcher aus dem Wald abgetrennt hatten. Ben sah etliche Flickstellen, die wie bei einem Plüschtier provisorisch und lieblos mit der Nadel repariert zu sein schienen. Der schwarze Bindfaden trat an vielen Stellen rötlich hervor – und aus den Einstichpunkten tropfte dunkles Blut auf den Boden. Kurz sah er auf seine Pedale. Und dann gab Bens Wahrnehmung Gas und fuhr durch einen endlosen Tunnel, sodass die Ränder seines Sichtfeldes stark einfielen.
Jetzt befand er sich im Keller. In dem dreckigen, dunklen Loch – umgeben von Steinmauern –, wo das Tauwasser des geschmolzenen Schnees an den Wänden hinablief. Der Raum war nicht ganz exakt: Eher eine Kreuzung zwischen dem Keller des Schülerfreizeitzentrums und dem Verlies der Waldblockhütte. Dieses Mal sollte es das Grab für ihn werden. Nicht für Jessi. Nicht für Basti – oder Tim. Nein, nur für ihn allein. Der Zeitpunkt war gekommen, sein letztes Gebet aufzusagen.
Nicole Hennings stand direkt vor ihm. Sie streckte ihre verschmierte Hand voller Schlamm und Blut nach ihm aus. Er las ihren Namen am Armband, das aus einzelnen Buchstaben zusammengeknüpft und um ihr Handgelenk geschnürt war. Und er sah die eingravierte Schrift in dem metallischen Emblem, welches am Messergriff der anderen Hand prangte: PETER HERRMANN.
Ben hielt sich die Augen zu und beschmierte seine Brille. Er wusste, dass es wohl keinen Sinn machen würde, ein paar Worte aufzusagen, wie er es damals vor dem schwarzen Mann in seinem Zimmer getan hatte. Im Gegensatz zu seinem Kindheitstraum war das hier echt: Die Beweise lagen eindeutig auf dem Tisch verteilt. Er schrie: "NEEEEIIIINNNN!!" ...
© Kannst Du Deinen Erinnerungen trauen? Wir danken dem Autor Marco Imm herzlich für den Textauszug zur Thriller-Buchvorstellung "Spuren vergangener Zeiten: Es gibt kein Entkommen" sowie die Abbildung des Buchcovers, 03/2021.
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