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Die Schnecke, von Natur aus lahm,
zu folgendem Entschlusse kam.
Beim Waldlauf, welcher ist in ein paar Tagen,
den Waldrekord im Schnelllauf schlagen.
Sie keucht wie im Fieber schleimend dahin
Und träumt insgeheim, von Ziel und Gewinn.
Mit wehenden Fühlern und Schweiß auf der Stirn,
sagt sie sich ständig: "Bloß nicht verlier'n."
Das Training ist hart, sie ist unerbittlich.
So verging dann der Herbst neunundsiebzig.
Doch dann, sie weiß nicht wie lang sie gelaufen.
Sie wollte nur ein wenig verschnaufen.
Sie kroch in's Häuschen und schlief gleich ein.
Es sollte für sehr, sehr lange sein.
Den Winterschlaf hat sie begonnen,
die Zeit für's Training ist zerronnen.
Und tief im Schlaf träumt sie vom Fest,
der Herbst derweil das Land verlässt.
So vergeh'n Stunden, Tage und Wochen.
Wer immer es kann, der hat sich verkrochen.
Der Winter hält Einzug, kennt keine Gnade.
Schneebedeckt ist alles, bis zur kleinsten Made.
Verschlafen liegt das ganze Land,
Flüsse und Bäche wie ein silbernes Band.
Nach kalten Stürmen mit Eis und Schnee,
nach nebligen Morgen über dem See,
nach langem Winter mit frostiger Nacht,
die Natur zu neuem Leben erwacht.
Die Sonne scheint wärmer als jemals zuvor,
unter dem Schnee, schauen erste Blumen hervor.
Die ersten Tiere kriechen scheu aus dem Moos,
als wollten sie sagen, "ja geht's denn schon los?"
Vorbei ist der lange Winter gar bald
Und langsam erwacht der ganze Wald.
Die kleine Schnecke in ihrem Quartier,
gähnt und streckt sich, nach Schneckenmanier.
Du lieber Himmel, mein Training, ich muss doch zum Fest,
bevor ein And'rer mich auf der Strecke lässt.
Sie rennt wie getrieben, vom Ergeiz gepackt,
in Richtung Ziel schnauft sie im Takt.
Weiß nicht, dass heut' der Frühjahrs-Wettlauf beginnt.
Die Tiere des Waldes am Start versammelt sind.
Der Wettkampf hat bereits begonnen.
Was soll ich sagen, Frühjahr Achtzig hat die Schnecke gewonnen!
Als Erste schleimte uns're Schnecke durch's Ziel.
Ihre Siegerworte: "Puhh, das Training ist mir zu viel!"
Es ist Herbst mein Kind,
das erste Mal in deinem Leben.
Draußen tobt und heult der Wind,
die Blätter tot zu Boden schweben.
Während sich draußen die Bäume biegen,
die Landschaft sich in Nebel hüllt,
liegst du warm in deiner Wiegen.
Ahnst noch nichts von dieser Welt.
Es ist Herbst mein Kind,
man kann jetzt schon den Atem seh'n.
Die Sonne scheint und ist doch blind.
Des Malers Farben, wunderschön.
So wie der Herbst, wird auch dein Leben,
voll Wolken und voll Farben sein.
Und Früchte tragen, wie die Reben.
Es ist Herbst mein Kind, schlaf ein.
© Texte: Barbara Brusselmans. Abbildung der Schnecke: Pressenet.
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