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Die kurzweilige "Denisa"-Buchserie der Autorin Julia Rösner umfasst jetzt drei Bände: Nach "Licht im Nebel" (164 Seiten) und "Die letzte Seite" (188 Seiten), die bereits 2019 erschienen, wurde im April 2020 als letzter Band "Klingende Saiten" (232 Seiten) veröffentlicht.
Wer zuvor noch einen Blick in die Buchvorstellung von "Die letzte Seite" werfen möchte, klickt kurz hier hinein: Eine Seite ihres Vaters, die Mia noch nicht kannte.
"Wer bin ich?" Während das Jahr seinen Lauf nimmt, wächst diese Frage unaufhaltsam in Denisa. In der Hitze des Sommers bricht die junge Frau auf, um endlich ihren Vater kennenzulernen. Dabei macht sie ungeahnte Erfahrungen und aufregende Bekanntschaften. Wer ist dieser Mann, den ihre Mutter einst geliebt hatte? Welches Geheimnis verbirgt er vor ihr? Und was hat es mit der sonderbaren Nachricht aus dem Geigenkoffer auf sich?
Während Denisa nach und nach Antworten auf ihre vielen Fragen erhält, stellt sie wieder einmal fest, dass das Leben viel mehr bereithält, als sie für möglich gehalten hätte. Sogar eine neue Liebe.
Unser Lesetipp: Die Taschenbuch-Ausgabe von "Klingende Saiten" wurde via BoD veröffentlicht. Die Familienromane sind für Jugendliche ab etwa 14 Jahren bis weit ins Erwachsenenalter geeignet.
Sie selbst hätte als Kind so gerne auf der Geige gespielt, aber ihre Oma hatte ihr nie erlaubt, das Instrument auch nur anzufassen, auch nicht nach Opas Tod. Erst so viele Jahre später, als sie nun das Haus der Oma ausgeräumt hatte, war ihr das gute Stück wieder in die Hände gefallen. Denisa blätterte zur nächsten Seite, auf der die verschiedenen Tonleitern erklärt waren.
Durch ein leises Räuspern hinter sich wurde sie beim Lesen unterbrochen. Zuerst wollte sie es ignorieren, denn schließlich kamen auch die anderen Gäste zu dieser Tageszeit gerne in den Garten. Aber dann wurde sie sich dessen bewusst, dass jemand hinter sie trat und dort verweilte. Erneutes Räuspern, dann seine Stimme: "Hallo Denisa."
Theo sah müde aus. Diesmal trug er eine dunkle Jeans und ein dunkelblaues Poloshirt, das er ordentlich in die Hose gesteckt hatte. Denisa fiel auf, wie schlank er war, dafür, dass er Anfang fünfzig war. Seine Füße steckten in hellen Sportschuhen. Er machte eine Geste in Richtung Pension und erklärte: "Frau Wormser hat mir gesagt, dass ich dich hier finde." Und etwas zögernd, aber nicht ohne einen neugierigen Blick über die Banklehne fragte er: "Was machst du da?"
Dann fiel sein Blick auf den Geigenkasten, und seine Hand glitt ohne Vorwarnung nach vorne, um ihn zu berühren. Der Ausdruck in seinem Gesicht spiegelte Überraschung wider, als er um die Bank herum ging und davorstand, den starren Blick auf den offenstehenden Koffer gerichtet.
"Dass du sie hast!", flüsterte er, die Hand zum Mund geführt, und es war offensichtlich, dass er das Instrument kannte. Irritiert sah auch Denisa zur Seite auf den Kasten, dann wieder zu ihrem Vater, der in seiner Stellung verharrte.
"Dass du ausgerechnet diese Geige dabei hast", führte er seine leisen Worte der Überraschung fort. Einen Moment lang blieb er noch so stehen, dann, als würde er sich wieder schlagartig Denisas Anwesenheit bewusst, blickte er sie an und stammelte: "Entschuldige ... darf ich mich zu dir setzen?"
Als Antwort rückte Denisa näher zu der Geige, sodass auf ihrer anderen Seite noch genug Platz war für Theo. Er nuschelte ein "Danke" und setzte sich langsam hin, dann sah er seine Tochter an.
"Bitte entschuldige, aber die Geige hat mich gerade so an deine Mutter erinnert."
Mehr sagte er nicht zu seinem seltsamen Verhalten. Eine große Hummel brummte unmittelbar vor ihnen vorbei, schaukelte in der Luft hin und her und ließ sich dann auf einer kleinen gelben Blüte nieder, die unter ihrem Gewicht ordentlich schwankte. Theos Blick folgte ihr und beobachtete dann, wie das kleine fleißige Tier immer wieder eintauchte, um von dem Nektar zu trinken.
Er saß nach vorne gebeugt, seine Arme auf den Knien aufgestützt. Er schluckte, leckte sich dann flüchtig über die Lippen und fing mit gedämpfter Stimme an zu sprechen: "Du, ich möchte mich für gestern entschuldigen. Ich habe das Gefühl, nur das Falsche gesagt zu haben. Ich wollte..."
Er brach ab und fuhr sich mit der Hand über den Mund. Ein kurzer Blick zu seiner Tochter, dann sprach er weiter: "Das kam ziemlich überraschend für mich, dein Besuch."
Du hättest dich ja auch mal früher melden können!, rief eine Stimme in Denisa, aber wie gestern auch schob sie sie beiseite. Ihr fiel auf einmal ein, was Anja gestern zu Theo gesagt hatte, nämlich dass sie ihm prophezeit hatte, seine Tochter würde irgendwann bei ihm auftauchen. Und das fand Denisa eigenartig.
"Wusste deine Frau die ganze Zeit von mir?", stellte sie ihre Frage ohne Überleitung. Ihr Vater sah sie erst überrascht an, die Augenbrauen hochgezogen, dann nickte er.
"Ich habe es ihr erzählt, kurz bevor wir geheiratet haben." Er seufzte tief und ließ den Kopf hängen. "Natürlich war sie nicht begeistert, auch nicht über die Briefe mit den Fotos, die regelmäßig von Gerda kamen." Er schüttelte seinen Kopf bei der Erinnerung.
"Sie wusste eine ganze Weile nichts davon, bis sie einmal aus Versehen einen der Briefe geöffnet hat."
Aus Versehen? Glaubte er das wirklich? Denisa wagte zu vermuten, dass Anja sich vielleicht über die wiederkehrende heimliche Post gewundert haben könnte. Theos Mund umspielte der Anflug eines Lächelns.
"Auf dem Bild musst du so vierzehn gewesen sein. Du hattest eine große Schokotorte in den Händen." ...
© Für die Leseprobe aus dem Familienroman "Klingende Saiten", dem letzten Band aus der Denisa-Buchreihe, danken wir der Autorin Julia Rösner sehr herzlich, 04/2020.
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