|
"Mein Hund versteht alles was ich sage" ... Fast jeder Hundefreund und -halter hat diesen Satz schon einmal gesagt und dabei mit stolzem Blick seinen vierbeinigen Begleiter angesehen. Der Hund sieht zum Menschen auf und wedelt zu diesen begeisterten Worten. Hat er nun verstanden, was sein Herrchen oder Frauchen gesagt hat? Wahrscheinlich hat er – und auch wieder nicht.
Gehen Sie davon aus, dass ein Hund in der Lage ist, einige gesprochene Worte tatsächlich zu verstehen. Es gibt sogar einige Vertreter der Spezies, die einen recht großen "Wortschatz" haben, aber das ist eher die Ausnahme. In dieser Disziplin zeichnen sich vor allem Hunde aus, die behinderten Menschen das Leben erleichtern, indem sie Dinge bringen oder kleine Dienste verrichten.
Meist braucht der Hund aber das gesprochene Wort nicht zu verstehen, denn er ist ein exzellenter Beobachter und lässt im Normalfall seine Menschen nicht aus den Augen. So entgeht ihm nicht das kleinste Körpersignal. Jeder Hund ist in der Lage, einen einfachen Bezug herzustellen. Das Geräusch der Schranktüre, hinter der das Futter aufbewahrt wird, hat er unglaublich schnell gespeichert und wedelt erwartungsvoll. Und wenn jemand die Hand nach der Leine ausstreckt, ist Lumpi natürlich sofort klar, dass ein Gassi gehen ansteht und freut sich.
Hunde machen sich weit mehr Mühe, unsere Sprache zu erlernen als umgekehrt. Und sie lernen ziemlich schnell, denn ihr Wohlbefinden hängt davon ab. Zum ersten sagt ihnen unser Geruch sehr viel über unser Befinden, ebenso unsere Gestik. Es ist zuweilen fast unheimlich, wie sehr Hunde unsere Signale aufnehmen. Manchmal reicht es, nur nach der Leine zu schielen und der treueste Freund des Menschen steht schwanzwedelnd und begeistert vor der Haustür. Solche winzigen Zeichen nimmt der Hund anscheinend wahr und reagiert darauf.
Man kann auch versuchen, völlig entspannt im Sessel zu sitzen und keine verräterische Bewegung zu machen, während man an das Gassi gehen denkt – dann wird man eine ziemliche Überraschung erleben und hält Fifi irgendwann für telepathisch begabt. Das ist er natürlich nicht, aber des Rätsels Lösung liegt wohl bei seinen Vorfahren. Wölfe haben ein ausgeprägtes soziales Gefüge, ohne das ihr Zusammenleben nicht funktionieren würde. Die Verständigung im Rudel liegt weit weniger bei den Lauten, als bei den Gesten.
Die sehr stark ausgeprägte Maske des Wolfsgesichtes verstärkt die Mimik, die neben der Körpersprache der wichtigste Faktor der Verständigung ist. Jeder Wolf lernt von Welpenbeinen an, auf die Signale der anderen zu achten und sich der Rangordnung gemäß zu verhalten. Die "Gebärdensprache" der Wölfe ist recht komplex und geht über die groben Unterscheidungen von Droh- und Demutsverhalten weit hinaus. Die Feinheiten sind für Menschen vermutlich nicht wahrnehmbar. Und es ist anzunehmen, dass jeder Wolf seinen eigenen Stil hat, was vielleicht den verschiedenen Stimmen der Menschen entspricht.
Hunde sind in Bezug auf das Rudelverhalten nicht sehr weit von ihren Vorfahren entfernt und haben die Fähigkeit der Verständigung noch nicht verloren. Nehmen wir zum Beispiel Hunde, die Schafe hüten. Kein Schäfer wird sich stundenlang heiser brüllen, sondern mit Handzeichen arbeiten – und die werden nach entsprechendem Training auch verstanden. So wird die Richtung angegeben und einiges mehr, was die Aktionen bei der Arbeit mit der Herde betrifft. Das setzt allerdings voraus, dass die Hunde im visuellen Rapport mit dem Schäfer verbleiben.
Haushunde reagieren meist ebenso gut auf Handzeichen. Man zeigt wortlos auf die Hundedecke, winkt den Hund herbei, oder macht eine aufmunternde Kopfbewegung. Das wird ebenso gut verstanden wie der "drohende Finger" oder auch die Mimik. Manche Hunde ahmen tatsächlich das Lächeln ihrer Bezugsmenschen nach, indem sie leicht die Zähne fletschen, was allerdings von Besuchern missverstanden werden kann. Zum weiteren Verständnis gehört auch der gute Ton, denn der macht auch beim Hund die Musik.
Wenn man sich vorstellt, wie sehr das Gehör des Hundes dem unseren überlegen ist, wundert es nicht, welch feine Nuancen der Hund wahrnehmen kann. Wird er zum Beispiel ausgeschimpft, so weiß er genau, ob der Mensch ihm jetzt ernsthaft böse ist oder die Gardinenpredigt eher halbherzig erfolgt, und wird darauf reagieren. Man darf sich auch nicht wundern, dass der Hund nicht mit Betteln aufhört, obwohl man so um die hundert Mal "NEIN" gesagt hat – denn hinter diesem kleinen Wort spürt er genau das mangelnde Durchhaltevermögen.
Irgendwie scheint die kleine Kostprobe vom Rostbraten, die er schließlich doch bekommt, durch das Wort "Nein" durchzuschimmern. Das erklärt auch, wieso Hasso sofort den geklauten Pantoffel fallenlässt wenn Frauchen "Pfui" sagt, und bei der gleichen Äußerung von Herrchen auf Durchzug stellt oder auch umgekehrt. Er hört ganz einfach, wer es richtig ernst meint. Und wenn die nette Dame auf der Straße von dem netten Hundchen hingerissen ist und das auch sagt, kommt sofort der Schwanz so richtig in Bewegung. Der Hund weiß nicht, was ein "so ein goldiges Hundi" ist – aber er weiß genau, wie eine freundliche Stimme klingt und versteht, dass man ihm wohlgesinnt ist.
Im umgekehrten Fall nehmen Hunde aber auch Bedrohungen wahr, und so mancher Hundehalter fragte sich schon, was in seinen sonst so lammfrommen Familienhund gefahren ist, als der jemanden scheinbar ohne jeglichen Grund anknurrte. Befindet sich ein Mensch in einer aggressiven Stimmung, kann das ein Hund spüren, und zwar lange bevor es für andere Menschen ersichtlich ist. Dabei spielt es keine Rolle, ob die jeweilige Person jemanden angreifen wird oder auch nur in Erwägung zieht, dies zu tun. Bello reagiert einfach auf die Gegebenheiten.
Es wird oft beobachtet, dass Hunde auf betrunkene Menschen aggressiv reagieren. Das kann man vielleicht darauf zurückführen, dass diese sich anders bewegen, als es üblich ist. Der Hund beobachtet Abweichungen genau und reagiert argwöhnisch – jedenfalls solange, bis er die Situation analysiert hat. So gesehen sind Hunde Sprachgenies – sie reagieren auf Zeichen, auf Gesichter, auf Pfeifen und auf Stimmungen. Sie beobachten uns sehr viel intensiver als umgekehrt, und wahrscheinlich wissen sie auf ihre Weise mehr über uns als umgekehrt.
Wir sollten dieses erstaunliche Entgegenkommen wirklich schätzen, denn verdient haben wir es vermutlich nicht.
Lesen Sie auch:
– Die Katze – Gottheit und Dämon
– Was Sie längst über Hunde wussten, aber wieder vergessen hatten
– Bis zum nächsten Gassi – Die Straße ist für alle da
– Auf den Hund gekommen – Vom Jagdbegleiter zur Nonsens-Züchtung
– Neue Freundschaften – Tipps für frischgebackene Hundebesitzer
© "Mein Hund versteht alles was ich sage": Textbeitrag von Winfried Brumma (Pressenet), 2010.
Archive:
Jahrgänge:
2022 |
2021 |
2020 |
2019 |
2018 |
2017 |
2016 |
2015 |
2014 |
2013 |
2012 |
2011 |
2010 |
2009
Themen:
Rezensionen |
Krimi Thriller |
meine kraft tarot |
Ratgeber |
Sagen Legenden |
Fantasy Mythologie
Noch mehr Bücher lesen (Werbung):
Fantasy & Science Fiction
| Krimis & Thriller
| Ratgeber
| Reise & Abenteuer
Sie schreiben anspruchsvolle Romane und Erzählungen? Wir suchen neue Autorinnen und Autoren. Melden Sie sich!
Wenn Sie die Informationen auf diesen Seiten interessant fanden, freuen wir uns über einen Förderbeitrag. Empfehlen Sie uns auch gerne in Ihren Netzwerken. Herzlichen Dank!
Sitemap Impressum Datenschutz RSS Feed