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Der Science-Fiction- und Fantasy-Autor Ryek Darkener setzt seine Reihe "Geschichten aus der Welt nach dem Letzten Krieg" mit dem umfangreichen Werk "Tabula Rasa" fort. Bereits der erste Band seiner dystopischen SciFi-Saga hatte uns mehr als fasziniert: Unsere Rezension zu "Die Schwarmkönigin: Die Jahre 38–45" lesen Sie vorab hier.
Nun, im März 2020, liegt der II. Band vor, den wir zunächst mit einer Leseprobe vorstellen möchten (die Rezension wurde etwas später hier veröffentlicht).
Rund 500 Jahre nach dem letzten Krieg, der verheerende Auswirkungen hatte, wird das Land von Intrigen und Hass regiert. Die Überlebenden haben sogar ihre Götter vom Thron gestoßen.
Die 23-jährige Kaija Neran kehrt nach Ulm zurück. Ihr Vater ist überraschend gestorben und hinterlässt der Tochter den wiederentdeckten Schlüssel des Wasserweges von Ulm zum Neckar, einem Kanal, der die Schwäbische Alb unterquert. Die Entscheidung, den Weg ihres Vaters fortzusetzen, wird Kaijas Leben aus den Angeln heben.
Das 488-seitige SciFi-Werk "Tabula Rasa: Die Jahre 499–500" wurde via BoD als Taschenbuch veröffentlicht (ISBN 978-3750480940). Als E-Book ist der Titel von Ryek Darkener (noch) nicht im Handel.
"Und was genau war sein Plan?", fragte Kaija.
Die Bischöfin war plötzlich verstimmt, zumindest hatte Kaija diesen Eindruck. "Egor hat den Helfern die Gründung neuer statischer Städte in Aussicht gestellt, entlang des Neckars. Mir gegenüber hat er zuerst nichts erwähnt. Er hat selbstständig mit dem Direktorat verhandelt, bis er mich vor vollendete Tatsachen stellen konnte. Er hat sich Mitte dieses Jahres bis Neu Frankfurt durchgeschlagen, um dort Gye zu treffen. Offensichtlich hat Egor über ihn die Gespräche geführt. Ohne sich mit mir zu besprechen. Ich wurde nur informiert und bekam den Auftrag, die Details der Übernahme der Technik sicherzustellen. Und den Prozess hier weiterhin zu begleiten."
Aisling zeigte sich überrascht. "Hatte Egor denn kein Vertrauen zu dir? Mir gegenüber hat er nie etwas Derartiges erwähnt."
Njemile biss die Zähne zusammen. "Ich weiß nicht, was Egor geritten hat, sich so zu verhalten! Bis zu seinem Aufbruch in diesem Jahr waren wir abgestimmt. Dann muss irgendetwas passiert sein, was seine Einstellung mir gegenüber dramatisch verändert hat. Egor hat mir bis zum Schluss nicht verraten, was diese Ursache war, und ich bin persönlich sehr enttäuscht darüber. Trotzdem haben wir eine faire Vereinbarung getroffen, was dein Erbe angeht." Sie schob Kaija die Blätter und den Kommunikator hinüber. "Ich würde einiges dafür geben, um genau zu erfahren, wie Egor das Direktorat bewegen konnte, das alles zu genehmigen. Und dann ...", sie stockte.
"Und dann?"
Njemile sah auf den Tisch. "Egor hat es mit Hilfe und Zustimmung des Direktorates geschafft, dich zur Pförtnerin des Tunnels zu machen. Du allein wirst entscheiden, welche Fahrzeuge den Tunnel nutzen dürfen. Bei der Menge der Handelsgüter, die darauf warten, zwischen Nord- und Südeuropa transportiert zu werden, ist das sowohl eine große Verantwortung als auch eine einmalige Gelegenheit, wirklich reich zu werden."
"Was passiert, wenn der Schlüssel gestohlen wird, verloren oder zerstört wird? Oder Kaija etwas zustößt, was die Göttin verhindern möge", wollte Aisling wissen.
"Dann wird das Direktorat das Erbe antreten und die Kontrolle über den Tunnel übernehmen. Es existieren wahrscheinlich einige Geräte, die sich anpassen ließen, falls dieser Kommunikator nachweislich zerstört werden sollte, sagt man. Da so etwas bisher nicht passiert ist, überlasse ich es deiner Fantasie, nach Gründen zu suchen, aus denen das Direktorat diesen Weg nicht gegangen ist. Es gibt da noch eine weitere Einschränkung. Dein Tod muss eindeutig festgestellt sein, inklusive des toten Körpers und einer DNA-Analyse. Für den Fall, dass du aus irgendeinem Grunde 'verschwinden' solltest, ruht das Erbe fünf Jahre, bis das Direktorat Zugriff erhält."
"Das heißt also, es wäre schlecht für die Stadt?", fragte Kaija.
Njemile beantwortete die Frage nicht direkt. "Meiner persönlichen Erfahrung nach kann ich allen Bürgern nur dahin gehend raten, dafür zu sorgen, dass du möglichst lange leben wirst."
"Du hast aber keine hohe Meinung von deinen Vorgesetzten im Direktorat."
"Falsch. Ich habe eine sehr hohe Meinung von der Institution des Direktorates. Aber das Direktorat wurde nicht geschaffen, um Vergünstigungen zu verschenken oder Almosen zu verteilen. Die Aufgabe des Direktorates ist es, die Regeln der Stifter durchzusetzen, ohne Rücksicht auf Verluste. Sei dir dessen immer gewahr, wenn du mit ihm oder einem seiner Vertreter zu tun hast."
"Gye?"
"Zum Beispiel. Mitleid oder Gnade kommen im Vokabular des Direktorates nicht vor. Und die Preise für Entgegenkommen sind sehr, sehr hoch."
Kaija sah die Bischöfin missmutig an. "Bei allem Respekt, ich habe den Eindruck, dass du mir Informationen vorenthältst."
Njemile nickte bestimmt. "Du hast recht. Erinnere dich an den ersten Teil unserer Unterhaltung. Ich nehme zur Kenntnis, dass du deinen eigenen Kopf hast, und anfängst, ihn zu gebrauchen."
"Du gibst mir den Schlüssel zu einem wichtigen Teil der wirtschaftlichen Entwicklung der Stadt, aber gleichzeitig behandelst du mich wie ein Kind!"
Njemile verzog das Gesicht. "Ich sehe dich auf dem richtigen Weg. Mehr nicht. Dass ich dir den Schlüssel jetzt gebe, liegt daran, dass ich dazu verpflichtet wurde. Wenn es nach mir gegangen wäre, hättest du ihn nach Bewährung im nächsten Jahr erhalten, frühestens nach Fertigstellung der kanalbaulichen Aktivitäten. Im März oder April."
"Vielen herzlichen Dank. Ich bin gerührt von deinem Vertrauen in meine Fähigkeiten."
Njemile stand auf. "Aisling, Kaija. Danke für eure Gastfreundschaft. Wir werden uns zu gegebener Zeit wiedersehen."
Kaija und Aisling standen ebenfalls auf und verbeugten sich knapp. "Der Wille der Stifter geschehe."
"Aisling?"
"Ja?"
"Gib gut auf deine Schwester acht. Und auf deine Kinder, gesegnet seien sie."
Aisling errötete verlegen. "Danke."
Kaija funkelte die beiden an. Njemile wandte sich an sie. "Ich erwarte zwei Dinge von dir. Erstens, dass du meine Vorbehalte dir gegenüber gegenstandslos werden lässt, durch dein Handeln und deine Entwicklung."
Kaija hielt Njemiles Blick nicht lange stand. Sie nickte. "Zweitens: Wir sehen uns am 15. Dezember beim Ball der einsamen Herzen. Keine Ausrede. Ich verspreche, dass ich dich persönlich abholen werde, solltest du unpünktlich sein." Sie schmunzelte.
'Dann kann ich mich auch gleich beerdigen lassen. In der Stadt spricht dann niemand mehr mit mir. Diese Hexe!' "Dein Wille geschehe, Bischöfin."
Für einen Moment stahl sich ein Lächeln auf Njemiles Gesicht. "Verlier nicht deinen Dickkopf. Den wirst du noch brauchen." ...
© Für die Leseprobe zur Buchvorstellung "Tabula Rasa" danken wir dem Autor Ryek Darkener sehr herzlich, 03/2020. Der Entwurf des Buchcovers stammt wie bei "Die Schwarmkönigin" ebenfalls von Catherine Strefford. Besuchen Sie auch das Autorenprofil von Ryek Darkener bei Amazon.
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