|
Mit Geschichten aus einer perfekten Mischung von Realität und Fantasy punktet die Autorin Bianca Röschl, zuletzt mit ihrem Jugendfantasyroman "Runentanz", den wir rund ein Jahr zuvor vorgestellt hatten (nachzulesen hier bei uns).
Biancas neuester Roman "Runenfluch" nun ist die Fortsetzung des zuvor genannten Titels und enthält beste Urbanfantasy mit Schauplätzen in Reutlingen, Bad Urach, Leonberg, auf Schloss Lichtenstein und in der germanischen Götterwelt.
Die abenteuerliche Schatzsuche geht weiter und führt Alana neben einer Reise in das Leonberg des Jahres 1615 erneut in die germanische Götterwelt. Sie kommt der wahren Identität des Seelensammlers auf die Spur sowie dem Geheimnis des Todesfluchs. Ein Geheimnis, das ihre große Liebe zu Adrian Vehrenberg überschattet.
Unser Lesetipp: (Werbung) Den Urbanfantasy-Roman "Runenfluch" könnt ihr wie folgt erwerben: hier als Taschenbuch mit 375 Seiten, sowie auch als E-Book.
Da sie nun wieder bei klarem Verstand, soweit bei Kräften und einigermaßen sauber war, erhob sich Alana vom Boden. Soweit sie erkennen konnte, befanden sie sich auf einem schroffen Felsplateau, welches steil in die sternenklare Nacht hineinragte. Ein längst ausgetrockneter Wasserfall voller Dreck und Schlamm klebte wie zäher Schleim am Felsen und versank in die bodenlose Dunkelheit der Nacht. Bizarre Erdhöhlen säumten das Plateau gleich einer schützenden Mauer ringsherum. In weiter Ferne glitzerten Eisbergspitzen mit den Sternen um die Wette, während einige Horizonte tiefer der Nachthimmel orange von tanzenden Feuerfunken gefärbt war.
Das sind bestimmt die beiden Riesenreiche Niflheim, das eisige Nebelheim und Muspelheim, das Feuerreich, die Heimat der Nebelriesen und der Feuerriesen. So hat es mir doch Urd bei unserer ersten Begegnung am Urdarbrunnen erzählt. Gut, dass ich bisher noch keinem einzigen Riesen begegnet bin. Da leg ich echt keinen Wert drauf. Mir reicht schon dieser unheimliche Wolfsmann mit seinen mürrischen Zwergen. Ich muss nur irgendwie schauen, dass ich meine Fibel wieder von ihm zurückbekomme. Auch wenn ich noch nicht den blassesten Schimmer habe, wie ich das anstellen soll.
Gedankenverloren ließ sie ihren Blick umherschweifen, als er erschrocken an einer Gestalt hängenblieb, die gefesselt an einem ausgetrockneten Baumgerippe hing.
"Adrian!", rief sie bestürzt aus und rannte zu dem Gefangenen hin. "Adrian!" Sie hob seinen Kopf an und bedeckte sein Gesicht mit unzähligen Küssen.
"Was tut es da? Ist es von Sinnen, das Menschenweibchen?" Zwei starke Arme umfingen sie und zerrten sie von Adrian weg.
Alana schrie wie am Spieß, strampelte und wehrte sich, so gut sie es vermochte. "Lasst mich los! Was habt ihr mit Adrian gemacht? Warum ist er hier und an diesen Baum gefesselt?"
"Sei es ruhig!", brüllte eine tiefgrollende Stimme, die Alana sofort einschüchterte. Die furchteinflößende Stimme gehörte einem rothaarigen Zwerg mit langem Bart, der Alana umschlungen hielt und der ihr in etwa bis zur Brust reichte. Um ihn herum schwirrte ein Lichtkegel aufgeregt hin und her, der immer wieder seine Form veränderte.
Auf ein kurzes Nicken Urds hin, ließ der Zwerg Alana los.
"Wer seid ihr?", wollte sie wissen, "und was macht Adrian hier?"
"Er ist Andvari, der Schatzhüter", stellte sich der Zwerg vor, der merkwürdigerweise von sich in der dritten Person sprach. "Das hier ist Alva, eine Lichtalbe", sagte er weiter und deutete auf den Lichtstrahl. "Wir haben das Menschenweibchen vor den Schwarzelben gerettet. Und vor ihm da!" Andvari zeigte zornig auf Adrian.
"Warum vor ihm? Er würde mir nie etwas Böses tun! Er liebt mich doch! Nicht wahr, Adrian?"
Adrian hob den Kopf. Sein Blick war trübe und seine Stimme klang matt und geschwächt: "Hör nicht auf sie, Alana. Ich bin dir gefolgt, um dich vor dem Wolfsmann zu beschützen. Du hast mich doch mit ihm kämpfen sehen."
Hab ich das? Ich weiß es nicht mehr so genau. Es ist wahr, ich habe ihn beim Wolfsmann gesehen. Aber kann ich mit Gewissheit sagen, dass Adrian gegen ihn auch gekämpft hat?
"Sei still, Du Dämon!", herrschte Urd Adrian an.
"Lass dich nicht von ihm täuschen, mein Kind", sagte sie sodann zu Alana gewandt, "er ist der Samen des Bösen, seine Ausgeburt, sein dämonischer Abkömmling, der alles in seiner Macht stehende tun wird, um deine Mission zu verhindern! Ich habe ihn sofort an seinen Augen erkannt! Der gleiche Blick wie bei unserem größten Feind! Du kannst ihm nicht trauen. Deshalb musst du ihn töten, bevor er dich tötet! Tu es für die Freiheit Asgards und aller Welten Yggdrasils!" Urd drückte Alana einen Dolch in die Hand.
"Wie bitte?" Alana verstand die Welt nicht mehr.
Adrian und böse?
"Ihr müsst euch täuschen. Adrian liebt mich. Er hält zu mir."
Urd schüttelte den Kopf. "Er ist nicht, wie du denkst. Und das weißt du genau. Hast es von Anfang an gespürt. Die Dunkelheit in ihm. Die Dunkelheit seines Vaters. Du musst ihn töten, bevor er dich tötet."
"Töte es!", rief nun auch Andvari.
"Töte ihn!", fiel Verdandi mit ein und bald schon riefen es alle Umstehenden zusammen im Chor.
Unsicher schritt Alana auf den gefesselten Adrian zu, den Dolch in ihrer zitternden Hand.
Adrian kann nicht böse sein! Er hat mir bisher doch immer geholfen. Hat mich in jeglicher Notlage beschützt. War immer für mich da! Wie könnten diese sanften Augen nur Böses verbergen! Wie könnten seine sanften Hände nur Böses tun!
Sie sah in ihrer Erinnerung die vielen schönen Momente mit ihm, wie er sie am Cannstatter Wasen so tapfer vor dem Betrunkenen beschützt hatte, die langen Nachmittage bei ihrer Urgroßmutter, als er Dankruns Tagebuch vorgelesen hatte, das Glücksgefühl bei ihrem ersten Ausritt, diese einzigartige und wunderbare Nacht auf Schloss Lichtenstein, diese unendliche Liebe und Geborgenheit, die sie nur bei ihm fühlte. Die Art, wie er sie ansah, so voller Stolz. Die Art, wie er sie in den Arm nahm, als wolle er sie nie mehr loslassen. Die Art, wie er sie küsste, voll besitzergreifendem Verlangen und unbändiger Leidenschaft. Die Art, wie er um sie besorgt war, als wolle er sie vor allem Bösen dieser Welt beschützen. Das konnte doch nur wahre, tiefe und ernstempfundene Liebe sein!
Und dennoch ...
Dennoch hatte Urd geradeeben ihre schlimmste Ahnung bestätigt. Dass es eben doch etwas Dunkles in Adrians Leben geben musste. Etwas, das er bislang immer verheimlicht hatte. Als hätte er irgendetwas Böses in seiner Vergangenheit verbrochen, für das er nie zur Rechenschaft gezogen wurde ...
Alana sah wieder Adrians merkwürdiges Verhalten am Dachsbühl, die Kälte in seinen Augen, als er den Betrunkenen verjagte, seine Aggression, wenn sie auf ganz persönliche Dinge zu sprechen kamen, sein Ausraster, als er ihr den Apfel aus der Hand schlug und seine Beziehung zu dieser seltsamen Apfelfrau.
Hat Adrian vielleicht irgendwelche Beziehungen zu dieser Götterwelt hier? Gehört er am Ende gar selbst zu einem dieser fremdartigen Wesen hier?
"Wer bist du? Was ist dran an dem Geschwätz hier? Sag es mir doch endlich! Ich spüre doch schon seit langem, dass du irgendetwas vor mir verheimlichst. Sag endlich, was es ist!", forderte sie Adrian eindringlich auf.
"Es gibt nichts, was ich dir verheimliche. Du weißt alles von mir. Und alles andere wirst du eines Tages selbst herausfinden. Glaube mir, Liebes. Vertraue mir. Ich liebe dich. Das ist die ganze Wahrheit. Das weißt du im tiefsten Innern deines Herzens auch ganz genau."
Sie sah seine rehbraunen Augen, den sanften Blick, der sie liebevoll umfasste und der stets ihren Verstand lahmlegte. Während all die göttlichen Wesen um sie herum einstimmig Adrians Tod von ihr forderten, wusste sie in diesem Augenblick ganz genau, was sie zu tun hatte: Mit dem Dolch in erhobener Hand beugte sie sich über Adrian und stach fest zu. ...
© Für die Textauswahl aus "Runenfluch" sowie die Abbildung des Buchcovers danken wir der Autorin Bianca Röschl sehr herzlich, 08/2022 (Ergänzung 03/2024).
Archive:
Jahrgänge:
2023 |
2022 |
2021 |
2020 |
2019 |
2018 |
2017 |
2016 |
2015 |
2014 |
2013 |
2012 |
2011 |
2010 |
2009
Themen:
Autoren gesucht |
Buch-Rezensionen |
Ratgeber |
Sagen & Legenden |
Fantasy Mythologie |
IT & Technik |
Krimi Thriller |
Fachartikel & Essays |
Jugend- & Kinderbücher |
Bedeutung der Tarotkarten |
Bedeutung der Krafttiere
Noch mehr Bücher lesen (Werbung):
Fantasy & Science Fiction
| Krimis & Thriller
| Ratgeber
| Reise & Abenteuer
Sie schreiben anspruchsvolle Romane und Erzählungen? Wir suchen neue Autorinnen und Autoren. Melden Sie sich!
Wenn Sie die Informationen auf diesen Seiten interessant fanden, freuen wir uns über einen Förderbeitrag. Empfehlen Sie uns auch gerne in Ihren Netzwerken. Herzlichen Dank!
Sitemap Impressum Datenschutz RSS Feed