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"Ich höre dich" ist der Titel von Gert Richters neuem Roman. Und um das Zuhören geht es auch, denn der Protagonist ist von Beruf Zuhörer.
Frank Maria Sellin, so der Name, betreibt ein Zuhörbüro. Seine Klienten kommen zu ihm, um zu reden. Und Frank Maria hört zu, denn das ist sein Job. Er stellt selten Fragen, bewertet nicht, richtet nicht und macht sich auf Wunsch auch Notizen. Das tut er nicht wirklich, aber es scheint manchen seiner Kunden zu beruhigen. Und sie reden, reden, reden. Von Ängsten, Hoffnungen und Wünschen, und es scheint, als genüge ihnen das vollkommen. Und Frank Maria hört ihnen zu und bezieht keine Stellung.
Doch seine Distanz, die er immer wahrt, wird zumindest bei einer Frau geringer. Anne ist anders, verstörend, charismatisch und erweckt sein Interesse. Ihre Geschichte fesselt den Zuhörer tatsächlich. So wie die Frau, die sie erzählt.
Gert Richter aber erzählt nicht nur die Geschichte von Anne, sondern auch die von Emma. Sie laufen parallel, diese beiden Leben – bis sie irgendwann zusammenfließen. Aber da gehört Frank Marias Geschichte schon ebenso dazu. Er ist längst nicht mehr einfach der neutrale Zuhörer, der er eigentlich ist und in diesem Beruf auch sein sollte.
Emma hat eine ganz eigene Story. Sie weiß, dass sie "wer" ist – aber in ihr Inneres ist das nicht wirklich vorgedrungen. Sie hat ein Gewissen, und das macht ihr zu schaffen. Emma sucht nach sich selbst, und verzweifelt fast daran. Anne dagegen weiß, wer sie ist. Und auch bei ihr geht es um Schuld. Frank Maria scheitert an eben diesen Punkten. Er, der nie viel redet, ist mit sich allein zu Hause und seine Seele vollbringt wahre Wunder, was das Schönreden betrifft. Anders geht es nicht, denn wie er erkennt: niemand hört einem Zuhörer zu!
Das ist tatsächlich so, wie viele Menschen wissen, die immer ein offenes Ohr für andere haben. Aber niemand, der bei ihnen "ablädt", akzeptiert das Gleiche für ihre geduldigen Zuhörer. Warum also sollte man kein Geschäft daraus machen? Der Antiheld in Richters Buch ergreift diese Chance, die auch eine logische Fortführung ist.
Gert Richter hat sich mit "Ich höre dich" deutlich gesteigert. Seine spannende, geschickt verwobene Geschichte enthält sehr schöne Sprachbilder, die in stetem Fluss fesseln. Man erkennt so einiges aus dem eigenen Denken und Fühlen wieder, denn dieses 'Ich hör dir zu' ist eine Art Zauberformel, die heute nur noch selten Anwendung findet.
Für "Ich höre dich, du hörst mich nicht" geben wir eine sternenklare ⭐⭐⭐⭐⭐ Leseempfehlung. Dieser tiefgründige Roman wird nicht nur für Freunde der gehobenen Literatur von Interesse sein, er wird den Lesern auch nachhaltig in Erinnerung bleiben.
Unser Lesetipp: (Werbung) Als Taschenbuch umfasst der Roman von Gert Richter 322 Seiten. Der no es nada Verlag hat dieses Buch im Juli 2023 auch als E-Book herausgegeben.
Weitere, sehr lesenswerte Romane von Gert Richter, die wir in unserem Literatur-Portal vorgestellt hatten: "Harakiri kommt": eine bittersüße Satire. | "Anne lieben": über Angst und die immerwährende Flucht vor Nähe. | "Mittwoch um drei": über das Leben und das vielfältige Thema Beziehungen. | "HAPPY NEW YEAR": ein außergewöhnlicher Kriminalroman.
Besuchen Sie auch die Webseite des no es nada Verlages: Neben Gert Richters Büchern werden auch seine abstrakt-expressionistischen Photographien vorgestellt, die man als nummerierte und handsignierte Kunstdrucke käuflich erwerben kann.
© "Eine fast vergessene Zauberformel: Ich hör dir zu": Die Rezension zu "Ich höre dich, du hörst mich nicht", ein Roman von Gert Richter, wurde verfasst von Izabel Comati und Winfried Brumma (Pressenet), 04/2024.
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