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Auf einem steinernen Thron sitzt der Herrscher, angetan mit einem Gewand und Überwurf in Rot und Purpur. Sein gekröntes Haupt ist stolz erhoben, sein Blick streng und prüfend. Er ist sich seiner Bedeutung in allem bewusst.
In den Händen hält er die Symbole seiner Macht, Szepter und Reichsapfel. Unter seiner Robe trägt er dennoch eine Rüstung, seinen Thron hat er erkämpft und ist bereit für dessen Erhalt wiederum zu kämpfen. Den Thron schmücken vier Widderköpfe, Zeichen für die vier Himmelsrichtungen, die Elemente und die Säulen der Erde. Zudem eröffnet er den Zodiak und sein Zeichen ist das Erste: der Widder.
Wo sich die Macht der Herrscherin ungebändigt und geradezu wild zeigte, ist sie hier diszipliniert und folgt Regeln. Die Kräfte sind jetzt durch Gesetze gezähmt und kanalisiert. Sie folgen dem Willen und der Macht des Herrschers, und diese Macht bringt Verantwortung mit sich.
Die Karte IV steht immer für Autorität – der man ausgesetzt ist oder die man selber darstellt. Hier geht es um Macht über Menschen und Dinge, auch um die äußeren Zeichen dafür. Der Wille und die Kontrolle ist eins der Themen dieser Karte. Es geht darum, Kräfte zu bändigen und in überschaubare Bahnen zu lenken.
Der Herrscher weist darauf hin, dass es ohne Gesetzmäßigkeiten nicht gehen kann, dass rohe Kräfte beherrscht werden müssen, um Ziele zu erreichen oder das Erreichte zum besten Nutzen zu halten. Vor die Belohnung haben die Götter den Kampf bzw. die Arbeit gesetzt, was auch die Arbeit an sich selber bedeuten kann.
So ist der Herrscher in vielen Dingen das genaue Gegenteil des Narren, denn er weiß genau, was er will. Nichts wird dem Zufall überlassen, und er tut, was getan werden muss, damit er sein Ziel erreicht. Wo die Herrscherin das Körperliche repräsentierte, ist der Herrscher ganz Kopf und Logos.
Dem Suchenden rät die Karte zu Disziplin, sich der eigenen Kraft bewusst zu werden und sie zu bündeln. Es ist momentan nicht gut, allzu viel dem Zufall zu überlassen. Es ist die Zeit für Pläne und logische Überlegungen. Es kann ein Hinweis darauf sein, dass uns Macht aus den Händen genommen wurde und dass man sie zurückgewinnen muss. Das bezieht sich zuweilen auch auf schwächende Dinge wie Süchte oder schlechte Angewohnheiten. Beides nimmt uns einen Teil der Macht über unser Leben. Wer sich solchen Dingen unterwirft, kann seine Ziele kaum verwirklichen, er vergeudet zu viel Kraft.
Er kann auch dazu auffordern, vielleicht die gewohnte Rolle des Märtyrers abzuwerfen und aufrecht zu gehen. Vielleicht verharren wir in einer solchen liebgewordenen Rolle, einfach weil wir sie als trügerisch sicher empfinden. Wenn es an der Zeit ist, für die eigenen Belange zu kämpfen, weist er darauf hin.
Der Herrscher kann auch eine Autoritätsperson symbolisieren, die in unserem Leben eine wichtige Stelle einnimmt. Je nach dem Kontext der anderen Karten und natürlich der Fragestellung gilt es, diese Autorität zu hinterfragen oder aber anzuerkennen.
Wenn die Karte als Warner erscheint, dann weist sie auf die schlechten Aspekte der Macht hin. Sie kann einen starrköpfigen oder unangebracht stolzen Menschen zeigen, der sich an den Herrschersymbolen festhält und sie zu bloßen Dekorationsstücken degradiert – oder auf Menschen, die auf einen Rang oder eine Stellung pochen, zu deren Basis sie längst den Bezug verloren haben.
Wenn der Herrscher die natürliche Kraft der Herrscherin leugnet, wenn er sich zu weit von seinen Wurzeln entfernt, ist seine Herrschaft nichts weiter als Despotie. Wirkliche Macht besitzen bedeutet vor allem, Verantwortung zu haben. Wer diese nicht übernehmen will, wer herrschen will um des Herrschens Willen und die Gesetze, die er schrieb, nicht selbst befolgt, braucht im übertragenen Sinn eine starke Leibgarde.
Wie viele Herrscher gab es im Lauf der Geschichte, deren Leben von der Angst um ihre Macht überschattet war, weil diese zum Selbstzweck geworden war – zum eigentlichen Lebensinhalt. Aber wahre Autorität muss freiwillig anerkannt werden, wenn sie etwas bewirken soll. Man kann sie nicht erzwingen. In früheren Zeiten folgten die Krieger freiwillig einem gewählten Führer, der sich allerdings als würdig erweisen musste, wenn er diese Stellung behalten wollte. Zu viele Fehlentscheidungen oder unangebrachtes Machtgehabe änderten die Lage meist sehr schnell. Was in der Geschichte von den der Erbfolge unterworfenen Dynastien angerichtet worden ist, wissen wir alle.
Ein rechthaberischer Mensch, der eigensinnig keinen Zoll von seiner Meinung oder seinem Vorhaben abweicht – obwohl er weiß, dass es falsch ist – weil er es als Machtverlust ansieht, das ist das Bild des Herrschers in negativem Sinne. Eine solche Haltung bringt selten etwas wirklich Gutes, weder für die eigene Person noch für die anderen.
Also ist es an uns, unsere Ansprüche zu hinterfragen. Einem wahren Herrscher liegt das Wohl derer, für die er verantwortlich ist, mehr am Herzen als sein eigenes, das bringt seine Stellung mit sich. Macht ist nie einfach, nur wenn man sie missbraucht. Diese Erkenntnisse sind auf die kleinsten Dinge des Lebens anwendbar, und wenn der Verstand eingeschaltet wird, können die meisten dummen Streitigkeiten vermieden werden.
* * * Tarot-Karte IV: Ende der Leseprobe aus "Tarot – Die Karte Vier: Der Herrscher" (Tarot-Serie zu unserem Buch) * * *
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© "Tarot – Die Karte Vier: Der Herrscher": Textbeitrag von Winfried Brumma (Pressenet), Eleonore Radtberger, 2010. Bildnachweis: Tarot Orakelkarten, CC0 (Public Domain Lizenz).
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