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Bei meinen Recherchen zum Thema "Hohe Inflation" (zu meinem Beitrag "Hohe Inflation ist ein vielschichtiges Phänomen") bin ich auf Begriffe wie "Shrinkflation", "Cheapflation" und "Stagflation" gestoßen. Da diese neuen Begriffe immer häufiger auftauchen, habe ich mich näher damit beschäftigt. (Read this in English)
"Shrinkflation" ist ein relativ neues Kofferwort, das sich aus den englischen Begriffen "shrink" (schrumpfen) und "inflation" (Inflation) zusammensetzt. Es beschreibt ein Phänomen, bei dem die Größe oder Menge eines Produkts abnimmt, während der Preis gleich bleibt oder sogar steigt. Die Verbraucher erhalten also weniger von einem Produkt, ohne dass sich der Preis wesentlich ändert. Dieses Konzept ist besonders in Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit und Inflation von Bedeutung, da es eine subtile Methode darstellt, mit der Unternehmen versuchen, ihre Kosten zu decken und gleichzeitig den Anschein stabiler Preise zu wahren.
Im deutschsprachigen Raum wird der Begriff ab etwa 2022 verstärkt in den Medien verwendet (Quelle: Google Trends). Shrinkflation ist heute vielen Verbrauchern als "Mogelpackung" bekannt und wird zunehmend im Zusammenhang mit steigenden Lebenshaltungskosten und Inflation thematisiert.
"Inflation" ist nichts anderes als ein allgemeiner Anstieg der Preise für Waren und Dienstleistungen. Sie wird häufig durch verschiedene Faktoren ausgelöst, zum Beispiel durch steigende Produktionskosten, eine erhöhte Nachfrage oder die Geldpolitik der Zentralbanken. Steigt die Inflationsrate, bedeutet dies, dass Verbraucherinnen und Verbraucher für die gleiche Menge an Waren oder Dienstleistungen mehr Geld bezahlen müssen. Dies führt häufig zu einem Gefühl der finanziellen Belastung und Unsicherheit.
"Shrinkflation" hingegen ist eine Reaktion auf die Inflation, die oft weniger offensichtlich ist. Anstatt die Preise direkt zu erhöhen, wählen die Unternehmen einen subtileren Ansatz: Sie reduzieren die Menge oder die Größe der Produkte, die sie anbieten. Dies kann bei einer Vielzahl von Produkten der Fall sein, von Lebensmitteln über Haushaltswaren und Kosmetika bis hin zu Arzneimitteln.
Ein klassisches Beispiel für eine Mogelpackung ist eine Tafel Schokolade, die vorher 200 Gramm wog, jetzt aber nur noch 150 Gramm bei gleichem Preis. Mit der "Mogelpackung des Jahres" wird seit 2014 auch ein Negativpreis vergeben, der Produkte anprangert, die Verbraucher durch versteckte Preiserhöhungen oder irreführende Verpackungen täuschen.
Ein Grund, warum sich Unternehmen für Shrinkflation entscheiden, ist der Wettbewerb. Auf Märkten mit hohem Preisdruck und preissensiblen Verbrauchern kann eine direkte Preiserhöhung dazu führen, dass Kunden zu anderen Anbietern wechseln. Durch die Verringerung der Produktmenge können Unternehmen ihre Gewinnmargen aufrechterhalten, ohne unverhältnismäßig hohe Preise verlangen zu müssen. Für den Verbraucher geschieht dies oft unbemerkt. Sie nehmen wahr, dass der Preis gleich geblieben ist und glauben, dass sie das gleiche Produkt kaufen, obwohl sie tatsächlich weniger bekommen.
Ein weiterer Aspekt der Shrinkflation ist die psychologische Wahrnehmung. Viele Verbraucher haben eine gewisse Toleranz gegenüber Preiserhöhungen. Sie sind jedoch weniger bereit, eine geringere Menge oder Größe zu akzeptieren. Indem die Unternehmen die Preisänderung über die Größe oder die Menge verstecken, vermeiden sie mögliche negative Reaktionen ihrer Kunden. Diese Strategie ist besonders geschickt, da sie dem Verbraucher den Eindruck vermittelt, dass er weiterhin das gleiche Produkt zum gleichen Preis erhält, obwohl der tatsächliche Wert des Produkts sinkt.
Allerdings birgt Shrinkflation auch Risiken. Während sie kurzfristig zur Sicherung der Rentabilität eines Unternehmens beitragen kann, kann sie langfristig das Vertrauen der Verbraucher untergraben. Wenn die Kunden die Veränderungen bemerken, könnten sie enttäuscht oder sogar verärgert reagieren. Dies kann dazu führen, dass Kunden abwandern oder Marken meiden, die sie als irreführend empfinden. In einer Welt, in der Transparenz und Ehrlichkeit von den Verbrauchern zunehmend geschätzt werden, kann Shrinkflation zu einem Reputationsrisiko für Unternehmen werden.
Neben dem Vertrauensproblem hat Shrinkflation auch weitergehende soziale und wirtschaftliche Auswirkungen. In Zeiten anhaltend hoher Inflation kann Shrinkflation dazu führen, dass die Realeinkommen der Verbraucher stagnieren oder sogar sinken, da sie mehr für weniger bezahlen müssen. Dies führt zu einer Verschlechterung des Lebensstandards und kann vor allem Haushalte mit niedrigem Einkommen hart treffen, die häufig am stärksten von Preissteigerungen betroffen sind. Wenn die Verbraucher immer weniger für ihr Geld bekommen, steigt der Druck auf den Einzelhandel und die gesamte Wirtschaft.
Es gibt auch eine Diskussion darüber, ob Shrinkflation eine faire Praxis ist oder ob sie als trickreich und unethisch angesehen werden sollte. Kritiker argumentieren, dass Verbraucher das Recht haben sollten, offen darüber informiert zu werden, wie viel sie tatsächlich für ein Produkt bezahlen, und dass Unternehmen die Verantwortung haben, solche Veränderungen transparent zu kommunizieren. Einige Unternehmen haben bereits damit begonnen, Preisänderungen deutlicher zu kennzeichnen oder darüber zu informieren, um das Vertrauen der Verbraucher zu erhalten.
Insgesamt zeigt das Phänomen der Shrinkflation, wie komplex die Zusammenhänge zwischen Preisen, Produkten und Verbraucherverhalten sind. Es handelt sich um eine Strategie, mit der Unternehmen den Herausforderungen einer inflationären Wirtschaft begegnen, die aber auch weitreichende Folgen für die Verbraucher und die Gesellschaft insgesamt hat. Um sich selbst und ihren Kunden gegenüber ehrlich zu sein, könnten Unternehmen einen transparenten Umgang mit Shrinkflation in Erwägung ziehen und Informationen bereitwillig weitergeben, anstatt die Verbraucher (absichtlich) im Unklaren zu lassen.
Obwohl die Begriffe "Shrinkflation" und "Cheapflation" ähnlich klingen und beide mit Preissteigerungen zu tun haben, beschreiben sie unterschiedliche Phänomene.
Das neue Kofferwort "Cheapflation" setzt sich aus "cheap" (billig) und "inflation" (Inflation) zusammen. Es taucht erst seit Ende 2024 in den deutschen Medien auf. Es bezeichnet eine Form der Inflation, bei der die Qualität eines Produkts sinkt, während der Preis stabil bleibt oder sogar steigt. Dieses Phänomen findet sich häufig in der Lebensmittelproduktion: So kann ein Hersteller statt hochwertiger Zutaten billigere Alternativen verwenden, um die Herstellungskosten zu senken. Während die Verpackung und der Preis gleich bleiben können, leidet die Qualität des Produkts, was letztlich bedeutet, dass die Verbraucher mehr für ein schlechteres Produkt bezahlen.
"Shrinkflation" betrifft hauptsächlich die Menge (weniger Inhalt zum gleichen Preis), während "Cheapflation" die Qualität betrifft (gleicher Preis für ein minderwertiges Produkt).
Das Kofferwort "Stagflation", das seit etwa 2006 in den deutschen Medien kursiert, kombiniert die Begriffe "Stagnation" und "Inflation". Gemeint ist damit eine wirtschaftliche Phase, in der die Wirtschaft stagniert, während die Preise steigen. Für Verbraucher und Politiker kann dies zu einer sehr unangenehmen Situation führen, da traditionelle Maßnahmen zur Inflationsbekämpfung wie Zinserhöhungen die Wirtschaft zusätzlich belasten können.
Ein bekannter Begriff ist schließlich "Deflation", der zwar kein Kofferwort ist, aber dennoch häufig im Zusammenhang mit Inflation diskutiert wird. Bei einer Deflation sinken die Preise, was auf eine schwache Nachfrage hindeuten kann.
© "Shrinkflation: Tricksen mit versteckten Preiserhöhungen": Ein Essay von Izabel Comati, 12/2024. Bildnachweis: Kaufladen mit Ware, CC0 (Public Domain Lizenz).
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