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Zehn der Schwerter
Was immer du befürchtet hast, ist nun Gegenwart – ob nun ein Kampf stattgefunden hat oder nicht, ist nicht mehr von Belang ... die Schwerter haben ihr Ziel gefunden. Hier liegt ein besiegter Mensch auf dem Boden, geradezu festgenietet von zehn Klingen, die ihn an die Erde heften. Ein Schmerz, ein Kampf oder ein Leiden haben ihren Höhepunkt erreicht ... es kann nicht noch ärger werden, als es ist.
Die Zehn der Schwerter des Rider-Waite-Tarot zeigt den tiefsten Punkt an, der erreicht werden kann. Wo vorher der Verstand kämpfte und die Gedanken sich jagten, ist hier Stille – es ist alles ruhig und stumm: Ein Bild des Aufgebens? So könnte man es sehen, doch geht es eher um ein "nicht mehr gegenstemmen", ein "nicht mehr wehren", da es völlig sinnlos wäre.
Hier ist die Stunde, dort die Nacht am Dunkelsten. Der Hintergrund der Karte zeigt im oberen Bereich nur Schwärze, undurchdringliche Dunkelheit. Doch ein Streifen aufkommender Helligkeit beleuchtet die zerschlagene Gestalt, die hilflos auf der Erde liegt. Ein neuer Morgen zieht auf und lässt den See oder das Meer erkennen – Wasser, das Symbol des Lebens und der Wandlung.
Der Spruch, der da besagt: "Jetzt kann es nur noch besser werden", könnte die Überschrift dieses Arkanums sein. Denn, wo es nicht mehr tiefer hinabgehen kann, muss es aufwärts gehen. Auf Nacht folgt Tag, auf Dunkelheit folgt Licht. Um es zu sehen, ist es nötig, sich zu lösen – loszulassen.
Es geht nicht ohne Schmerz ab, aber hier ist es tatsächlich notwendig, die Hoffnung fahren zu lassen. Einfach auf den Morgen warten, auf die Veränderung, die bald eintreten wird, nur das ist jetzt wichtig. Der geschundene Mensch, der da am Ufer liegt, wird bald aufwachen und das Licht wahrnehmen. Über die hilflose Gestalt ist ein rotes Tuch gebreitet – die Feuerfarbe symbolisiert die immer noch vorhandene Energie. Hier ist nicht das Ende, hier wird ein neuer Anfang vorbereitet, der vom Schmerz geboren wird.
Man könnte dem betreffenden Menschen sagen: "Lass jetzt gut sein, lass los und entspanne dich ... jetzt ist nicht mehr die Zeit zum Kämpfen, und auch nicht die Zeit der Angst." Denn diese wird ihren Schrecken verloren haben, wenn das Wiedererwachen kommt, denn man hat ihr in das Gesicht geblickt. Im Licht des neuen Tages wird sie verblassen.
Zehn der Stäbe
Das Bild dieser Karte spricht in gewisser Weise ohne Umschweife für sich selbst. Man sieht einen Mann, der ein riesiges Bündel von Stäben trägt. Er hält die viel zu große Last mühsam vor sich und ist deshalb kaum in der Lage, den Weg zu erkennen. Sein Gesicht ist geradezu bedeckt von den Stangen, die er schleppt.
Hier hat sich jemand viel zu viel aufgeladen und weiß nun nicht mehr, wohin er geht. Niemand hat ihn dazu gezwungen – diese Last hat sich der Mensch selber aufgebürdet. Und jeder kennt das: Zusätzlich zur Arbeit verpflichtet man sich noch zu vielem. Der Hund des Nachbarn wird ausgeführt und natürlich wird man zum Elternsprecher in der Schule gewählt. Im Verein übernimmt man ganz selbstverständlich die meisten Aufgaben, und in der Firma sowieso. Der Erste, der da ist, und der Letzte, der geht. Alles in eigener Person.
Es kommt letztendlich dahin, dass mit sturer Verbissenheit gegen die Flut der Verpflichtungen angegangen wird, immer noch mehr und immer noch besser – bis man nicht mehr weiß, wozu und vor allem ... wohin das geht.
Zu viel aufladen kann man sich natürlich auch in emotionaler Weise. Wer nach jeder Verantwortung greift, wird mit der Zeit tatsächlich ausbrennen. Dieses "immer und überall" Bürden abnehmen und selber tragen hat natürlich auch etwas mit Gutmütigkeit zu tun, aber vorrangig mit einer ganz besonders vertrackten Art von Egoismus – oder auch mit Eigenliebe. Natürlich profitieren die Mitmenschen von diesem Eifer, aber auch man selber. Das Selbstbild wird – seien wir ehrlich – schon ein wenig glorifiziert dadurch.
"Ich denke immer zuerst an die anderen!" könnte da auf dem Fähnlein stehen. Oder auch: "Ohne mich geht gar nichts."
Es gibt tatsächlich Menschen, die sich mit einer üblen Grippe zur Arbeit schleppen, weil sie glauben, dass die Firma zusammenbricht, wenn sie einen Tag nicht da sind. Das ist grundsätzlich unrealistisch und hat vor allem etwas mit dem eigenen Selbst zu tun. Wer glaubt, nicht wichtig genug zu sein, lädt sich solange alles auf, bis ohne ihn vermeintlich nichts mehr geht. Das ist der falsche Weg, denn ein Arbeitstier wird selten geschätzt.
Es gibt da die Anekdote von der Familienmutter, die es leid war, dass man ihre Arbeit nicht zur Kenntnis nahm. Eines Tages streikte sie, und als ihr Ehemann nach der Arbeit nach Hause kam, sagte er fassungslos: "Wie sieht es denn hier aus?" Worauf die Frau nur meinte: "Du fragst mich doch immer, was ich den ganzen Tag mache – nun, heute habe ich es nicht gemacht."
Verstehen Sie? Es geht vor allem darum, dass Sie sich nicht über Ihre Belastungsfähigkeit definieren lassen, und auch nicht selber definieren. Jeder Mensch ist wertvoll, keiner ist als Person ersetzbar. Das muss nicht durch immer stärkere Selbstkasteiungen bewiesen werden. Wenn es so weit gekommen ist, dass man vor lauter Arbeit, Aufgaben und Verpflichtungen kaum noch sieht, wohin man geht, oder nur noch zum Selbstzweck rackert, ist es hoch an der Zeit, sich auszuruhen.
Anstrengung muss einen Sinn haben, ein Ziel – Kraft sollte nicht verschwendet, sondern klug eingesetzt werden. Wer sich wirklich um alles kümmern will, verzettelt sich und verschleißt seine Kräfte – und verliert sich selber vielleicht dabei.
Die Karte warnt davor, seine Energie ziellos und vor allem sinnlos zu verschwenden. Natürlich flüchten manche Menschen durch diese Selbstaufbürdung vor weit tiefer liegenden Problemen, sie fürchten sich vor der Ruhe, weil sie sich nicht selbst begegnen möchten. Wer zu beschäftigt ist, kann sich nicht mit sich selber auseinandersetzen. Wo immer die Gründe liegen ... werfen Sie die Last für eine Zeit ab, damit Sie wieder wissen, wohin Sie gehen.
* * * Tarot-Karte X Schwerter und Stäbe: Ende der Leseprobe aus unserem Buch * * *
Zehn der Schwerter – Lesen Sie unsere Publikation zu den Tarot-Karten:
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© "Die Karte Zehn: Schwerter und Stäbe": Textbeitrag von Winfried Brumma (Pressenet), Eleonore Radtberger, 2010.
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