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Der historische Roman "Der Krieger des Königs" ist der Auftakt der Northumbria-Trilogie, die im Nordengland des 11. Jahrhunderts in der Zeit der normannischen Eroberung spielt. Protagonist des ersten Bandes ist der junge Oswulf, der unbedingt ein Krieger des Königs werden will. Als die Normannen in England einfallen und das Land erobern, muss er sich entscheiden, wem er vertraut, um sein Ziel zu erreichen: Freund oder Feind?
Das Buch der Autorin Birgit Constant hat den nordenglischen Schwerpunkt und die zentrale Kriegerfigur mit den Büchern Bernard Cornwells und James Aitchesons gemeinsam, ist aber weniger blutig als die Uhtred-Romane und sprachlich vielfältiger als die Geschichten um Tancred a Dinant. Letzteres ist ein Kennzeichen der gesamten Trilogie, in der die Figuren oft und gerne in ihren mittelalterlichen Muttersprachen zu Wort kommen.
Das Taschenbuch "Der Krieger des Königs (Band 1)" umfasst 486 Seiten. Der 1. Band der Northumbria-Trilogie wurde via Books on Demand im November 2020 herausgegeben. Der historische Roman von Birgit Constant ist auch als gebundene Ausgabe (408 Seiten) sowie als E-Book im Buchhandel erhältlich.
Nach getaner Arbeit saß ich mit Ulfgar an die Holzwand unseres Stalls gelehnt und betrachtete die untergehende Sonne.
"Dieses Warten, bis wir losziehen, ist unerträglich", sagte ich.
"Du kannst es nicht erwarten, oder?", fragte Ulfgar und trank einen Schluck aus dem Becher, den er in der Hand hielt.
"Es wird meine erste echte Schlacht. Das ist schon aufregend."
"Gewöhn dich dran, wenn du ein Krieger werden willst."
"Hast du Angst?" Ich sah Ulfgar an.
Er zuckte mit den Schultern. "Ich weiß nicht. Im Moment habe ich ein seltsames Gefühl im Bauch. Morgen weiß ich, ob es Angst oder ein schlechtes Essen war."
Ich blickte wieder auf die Sonne, deren Gelbton langsam ins Rötliche überging. "Ich möchte am liebsten alles so schnell wie möglich hinter mich bringen und wieder nach Ledlinghe zurückkehren." Zurück in den Alltag, der bis jetzt in meinem Leben geherrscht hat und in den diese Schlacht so jäh eingedrungen ist.
"Was meinst du, gegen wie viele Nordmänner wir kämpfen müssen?"
"Die Späher berichten von mehreren Hundert Schiffen. Nicht alle waren Kriegsschiffe, aber es müssen Tausende von Kriegern sein." Bei dem Gedanken, einem solch riesigen Heer an Axt schwingenden Feinden gegenüberzustehen, erschauderte ich.
"Dann wollen wir hoffen, dass sie sich nicht um uns kümmern, sondern sich auf die Krieger des Eorls stürzen."
Die Krieger des Eorls. Seine Huscarles. Und mein Vater.
Ich atmete tief durch. Die Huscarles waren hervorragend ausgebildet und besaßen die beste Ausrüstung und die besten Waffen, die ein Schmied herstellen konnte.
Wäre Stígandrs Onkel nicht gewesen, wäre mein Vater jetzt einer von ihnen.
Am frühen Morgen des 20. September des Jahres unseres Herrn 1066 führten Eorl Morkere und sein Bruder unser Heer nach Fuleforde bei Eoforwic, um zwischen dem Fluss Use und dem Deich, hinter dem sich ein breites Sumpfgebiet erstreckte, auf die feindlichen Wælwulfas zu warten. Die beiden Eorls hatten ihre Huscarles und viele treue Gefolgsleute mitgebracht, aber auch Söldner, die sich eine reiche Beute vom heutigen Tag erhofften. Verstärkt wurde das Heer durch Männer wie meinen Vater, der zusammen mit anderen Ðegnes seine eigenen Leute zur Schlacht brachte, um den Norden für den König zu beschützen, während dieser im Süden die Stellung hielt.
Während wir warteten, half ich meinem Vater beim Anlegen seiner Rüstung: Kettenhemd, Helm mit Nasenschutz, Schwert, Speer und den großen Rundschild. Als er auf dem Pferd saß, betrachtete ich ihn im Licht der aufgehenden Sonne. Er sah prächtig aus, ein Krieger, der sich schon in mehreren Schlachten als würdiger Streiter für sein Land erwiesen hatte.
Eine Mischung aus Stolz und Angst überkam mich. In wenigen Jahren würde auch ich auf meinem Schlachtross sitzen und für Eorl Morkere und den König in den Krieg ziehen. Wenn Gott es denn so wollte, dass ich ein Krieger würde und dass dann noch immer Krieg herrschte. So lange hatten Norþmen und Angelsachsen friedlich miteinander gelebt, und plötzlich standen sie sich erneut als Gegner gegenüber im Kampf um die Herrschaft über ein Land, das sie beide doch Heimat nannten.
Mein Blick schweifte zur anderen Seite der Ebene, wo sich die norwegischen Truppen um ihren König sammelten. Doch erst als die Sonne fast den höchsten Stand am Himmel erreichte, hatte sich das Wasser des Use so weit zurückgezogen, dass die Schlacht beginnen konnte. Eorl Morkere führte den ersten Angriff an.
Das Gebrüll und Getöse der aufeinander zustürmenden Krieger war ohrenbetäubend. Schon bald fielen die ersten Männer, wurden von Äxten zerhackt und von Schwertern durchbohrt. Die beiden Heere verschwammen zu einer sich hin und her bewegenden einheitlichen Masse, und jedes Mal, wenn sie sich an einer Stelle anhob, war das ein Zeichen für weitere Tote, über die die nachrückenden Krieger ungerührt darüberstiegen.
Immer wenn die Schlachtreihen wechselten, reichten wir den Männern, die zurückgelaufen kamen, etwas zu trinken und, falls notwendig, neue Waffen, bevor sie sich erneut ins Schlachtgetümmel stürzten. Zusammen mit anderen Gleichaltrigen, mehreren heilkundigen Frauen und einem Priester nahmen wir uns auch der Verwundeten an. Manche konnten wir retten. Bei den meisten hatten wir weniger Glück. Sie starben noch, während wir sie in Sicherheit zogen oder erlagen kurz danach abseits vom Geschehen ihren Verletzungen. Während ich einen der Sterbenden betrachtete, sah ich erneut das Bild meines Vaters in seiner frisch geputzten, glänzenden Rüstung vor mir. Sicher war sie längst über und über mit Blut beschmiert, zeugte durch aufgeschlagene Kettenglieder und Dellen im Metall von den Hieben der gegnerischen Schwerter und Äxte und ließ meinem Vater den Schweiß von der Stirn rinnen. Nichts würde mehr an den prächtigen Eindruck erinnern, den er vor der Schlacht gemacht hatte. Und doch war es das, was für meinen Vater zählte. Wer nicht kämpft, ist nichts wert.
Ein durchdringender Ton ließ mich aufhorchen. Es klang, als bliese jemand zum Angriff. Einer der älteren Krieger, der gerade einen Schluck aus einer Trinkflasche nahm, hielt inne. Ein dumpfes Grollen, gefolgt von Rufen und Schreien, näherte sich auf der Flanke, an der der Bruder des Eorl mit seinen Männern aus Myrce aufgestellt war. Immer mehr Männer schleppten sich schwerverletzt aus dem Kampfgetümmel zu uns zurück, aber wie schlimm es wirklich um unser Heer stand, sahen wir erst, als die ersten Wikinger inmitten unseres Heeres auftauchten. Ihre mächtigen beidhändigen Äxte schwingend, trieben sie sich wie ein Keil zwischen die angelsächsischen Reihen, um diese aufzubrechen und die einzelnen Heeresteile in die Zange zu nehmen. Die Heere der beiden Eorls waren getrennt, und während der eine Teil die Nordmänner in der engen Furt lange aufhalten konnte, drängten die Norweger Eorl Morkere und sein Heer immer weiter zurück und Richtung Norden, wie ein Rudel Wölfe, das eine Herde eng aneinander gedrängte Schafe vor sich her treibt.
"Wiþertrod! Wiþertrod!", rief ein Krieger, der auf uns zulief.
Ich begann zu zittern, mehr als ich es während der Schlacht getan hatte. Rückzug? War das eine List von uns oder waren uns die Wikinger tatsächlich überlegen?
Ich machte ein paar unsichere Schritte, während ich beobachtete, wie die Kämpfenden in Wellen hin und her wogten. Aber wie die Flut unaufhaltsam an den Strand strömt, so spülten auch diese Wellen ihre Fracht zielsicher nur in eine Richtung – und das war die, in der wir standen. ...
© Der historische Roman "Der Krieger des Königs": Der Autorin Birgit Constant danken wir herzlich für die Textauswahl zur Buchvorstellung zum 1. Band der Northumbria-Trilogie und für die Abbildung des Buchcovers, 11/2020.
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